Entscheidungsstichwort (Thema)

Abfallbeseitigungsgebühr bei getrennter Entsorgung von Bioabfall und Restabfall. Abfallbeseitigungsgebühr. Abfallvermeidungsgebot. Benutzungsgebühren. Bioabfall. Biotonnengebühr. Entsorgung, getrennte. Grundgebühr. Quersubventionierung. Restabfall

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Festlegung einer einheitlichen Grund- und Litergebühr für die Entsorgung von Rest- und Bioabfall begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Vorschrift des § 12 Abs. 4 NAbfG über die Zulässigkeit der sog. Quersubventionierung erfasst neben den Fällen der getrennten Aufwandsermittlung für verschiedene Teilleistungsbereiche jede Form der Kostenverlagerung auf Benutzergruppen, die diese Teilleistung nicht in Anspruch nehmen.

2. Die in § 12 Abs. 2 Satz 2 NAbfG normierten Ziele der Abfallvermeidung und Abfallverwertung stehen gleichrangig nebeneinander. Zur Verwirklichung dieser Ziele bei der Gebührengestaltung ist eine Einschränkung des gebührenrechtlichen Grundsatzes der Leistungsproportionalität sachgerecht und mit höherrangigem Recht, insb. mit Art. 3 Abs. 1 GG, vereinbar.

3. Betreibt eine Gemeinde neben der Restabfallentsorgung eine getrennte Entsorgung von Bioabfällen, so liegt ein zur Rechtswidrigkeit der Abfallbeseitigungsgebühr führendes Missverhältnis zwischen Grundgebühr und Zusatzgebühr (vgl. Urteile des Senats v. 26.11.1997 – 9 L 234/96 –, NSt-N 1998, 138 = ZKF 1998, 204 u. v. 24.6.1998 – 9 L 2722/96 –, NdsVBl. 1998, 289 = Kommunalpraxis 1998, 280 = KStZ 1999, 172 = NdsRspfl. 1999, 26) nicht schon deshalb vor, weil die einheitliche Grundgebühr für die Restabfall- und die Bioabfall-Entsorgung 50 v.H. der gesamten Gebührenbelastung des Gebührenpflichtigen übersteigt.

 

Normenkette

NAbfG 12 II 2; NAbfG 12 IV; NAbfG 12 V 3

 

Verfahrensgang

VG Oldenburg (Aktenzeichen 2 A 4832/96)

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Abfallgebühren für das Jahr 1996 durch die Beklagte.

Die Beklagte betreibt nach §§ 1, 3 Satz 1 ihrer „Satzung über die Abfallwirtschaft in der Stadt O.” vom 27. November 1995 (AWS) die Abfallwirtschaft (Abfallberatung und Abfallentsorgung) als eine öffentliche Einrichtung. Sie führt eine getrennte Entsorgung von Altpapier, Altglas, kompostierbaren Abfällen, Baurestmassen, Holzabfällen, Verpackungsabfällen, Altmetall, Sperrmüll, Problemabfällen aus Haushaltungen, sowie sonstigem Hausmüll und hausmüllähnlichem Gewerbeabfall (Restabfall) durch. Durch § 5 Abs. 1 AWS werden die Eigentümer bewohnter oder bebauter Grundstücke sowie diesen in Satz 2 gleichgestellte andere Abfallbesitzer verpflichtet, ihre Grundstücke an die öffentliche Abfallentsorgung anzuschließen. Eine Befreiung vom Anschlusszwang hinsichtlich des Einsammelns und Beförderns von Restabfällen sowie von kompostierbaren Abfällen kann im Einzelfall auf schriftlichen Antrag widerruflich erteilt werden, wenn das Einsammeln und Befördern durch die Stadt auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls für den Anschlusspflichtigen eine unzumutbare Härte bedeuten würde (§ 5 Abs. 2 AWS). Eine Befreiung vom Anschlusszwang für kompostierbare Abfälle kann ferner widerruflich erteilt werden, wenn der Grundstückseigentümer erklärt, dass alle im Haushalt, Garten oder in sonstiger Weise anfallenden kompostierbaren Abfälle einer Eigenkompostierung auf dem Grundstück zugeführt werden; die Stadt behält sich eine Überprüfung auf dem Grundstück vor (§ 5 Abs. 3 AWS). Die Anschlusspflichtigen sind nach § 5 Abs. 4 AWS verpflichtet, die auf dem Grundstück oder sonst bei ihnen anfallenden Abfälle der öffentlichen Abfallentsorgung getrennt zu überlassen (Benutzungszwang). Der Benutzungszwang für kompostierbare Abfälle gilt nur soweit, als nicht im Rahmen der Verordnung über die Entsorgung von Abfällen außerhalb von Abfallentsorgungsanlagen (KompostVO) eigenkompostiert wird.

Nach § 2 Abs. 1 der Abfallgebührensatzung vom 18. Dezember 1995 (AGS) ist für jedes an die Abfallentsorgung angeschlossene Grundstück eine Grundgebühr zu entrichten. Daneben wird eine behälterbezogene Litergebühr erhoben, die sich nach dem Volumen und der Anzahl der Entleerungen der bereitgestellten Restabfall- und Bioabfallbehälter bemisst. Für die ersten 60 l Bioabfall ist je angeschlossenes Grundstück keine Litergebühr zu leisten. Im Übrigen wird für Bioabfall und Restabfall eine einheitliche Litergebühr erhoben. Für mehrere benachbarte anschlusspflichtige Grundstücke oder für Wohnungseigentum auf einem Grundstück können auf schriftlichen Antrag der betroffenen Anschlusspflichtigen ein oder mehrere gemeinsame Abfallbehälter mit entsprechend größerer ausreichender Kapazität zugelassen werden (§ 17 Abs. 7 AWS). Wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, so gelten die zur gemeinschaftlichen Abfallentsorgung zusammengeschlossenen Grundstücke für die Erhebung der Grundgebühr als ein angeschlossenes Grundstück. Für die Restabfallentsorgung werden Behälter mit Volumen von 35 l, 50 l, 60 l, 80 l, 120 l, 240 l und 1.100 l sowie Säcke mit 20 l Füllraum angeboten. Die Entsorgung des ...

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