Verfahrensgang

VG Hannover (Beschluss vom 07.07.2000; Aktenzeichen 4 A 1339/00)

 

Tenor

Der Antrag, die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover – 4. Kammer – vom 7. Juli 2000 zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

 

Gründe

Der Kläger ist Mieter einer Wohnung in dem im Rubrum genannten Gebäude. Die Wohnung befindet sich im 10. Obergeschoss. Darüber ist das Flachdach des Gebäudes. Auf diesem hat die Beigeladene mit Zustimmung des Eigentümers der Wohnung eine Mobilfunksendeanlage aufstellen lassen. Der Kläger begehrt von der Beklagten, hiergegen bauaufsichtsbehördlich einzuschreiten, weil die Anlage mit elektromagnetischen Strahlen bei ihm zu Gesundheitsstörungen führe. Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit dem angegriffenen Beschluss, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, abgelehnt. Dagegen richtet sich der rechtzeitig gestellte Zulassungsantrag des Klägers. Dieser hat keinen Erfolg.

Es ist bereits zweifelhaft, ob der Kläger ausreichenden Umfangs – wie dies § 146 Abs. 5 Satz 3 VwGO fordert – einen Zulassungsgrund genannt und ausgeführt hat, aus welchen Gründen er erfüllt sein soll. Seine Ausführungen lassen allerdings die Deutung zu, er mache ernstliche Zweifel (§ 146 Abs. 4 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend. Solche liegen nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Beschl. vom 31.7.1998 – 1 L 2696/98 –, NVwZ 1999, 431) erst dann vor, wenn für das vom Zulassungsantragsteller favorisierte Entscheidungsergebnis – auf dieses und nicht auf einzelne Begründungselemente kommt es dabei an – „die besseren Gründe sprechen”, d.h. wenn ein Obsiegen in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen. Das ist hier nicht der Fall.

Nach § 166 VwGO i. V. m. §§ 114 f. ZPO erhält ein Beteiligter u. a. dann auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint. An die hinreichenden Erfolgsaussichten dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 13. 3. 1990 – 2 BvR 94/88 –, BVerfGE 81, 347 = DVBl. 1990, 926) zwar keine übertriebenen Forderungen gestellt werden. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll insbesondere nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Die Erfüllung der hinreichenden Erfolgsaussichten darf damit nicht von Voraussetzungen abhängig gemacht werden, die einer unbemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung unverhältnismäßig erschwert. Das verbietet es insbesondere, schwierige, noch nicht geklärte Rechtsfragen im Prozesskostenhilfeverfahren durchzuentscheiden.

Auch in Anerkennung dieser Gesichtspunkte sind hinreichende Erfolgsaussichten, welche allein die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu rechtfertigen vermöchten, nicht zu erkennen. Ermächtigungsgrundlage kann nur § 89 Abs. 1 NBauO sein. Die dafür erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen sind nicht schon im Hinblick darauf gegeben, dass die Anlage – wie der Kläger meint – bauaufsichtsbehördlich hätte genehmigt werden müssen und die Anlage dem Gebietscharakter widerspreche, weil sie nicht als Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO einzustufen sei. Die Verletzung der Genehmigungspflicht allein begründet einen Nachbaranspruch auf Einschreiten nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass die Anlage materielle Rechtspositionen gerade des Klägers verletzt (vgl. Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, 6. Aufl., § 72 Rdnr. 84 m. w. N.). Die Einhaltung des Gebietscharakters entsprechend der Grundsätze, welche das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 16. September 1993 (– 4 C 28.91 –, BVerwGE 94, 151 = BRS 55 Nr. 110) entwickelt hat, kann der Kläger schon deshalb nicht reklamieren, weil er nicht – wie dazu erforderlich – Eigentümer der Wohnung ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z. B. Urt. v. 29. 10. 1982 – 4 C 51.79 –, BRS 39 Nr. 176 = NJW 1983, 1626) muss der Nachbar, um Abwehrrechte dieser Art geltend machen zu können, am Grundstück zumindest in eigentumsähnlicher Weise beteiligt sein. Das ist der Mieter selbst dann nicht, wenn er – wie der Kläger es vorgibt – die Wohnung zu kaufen beabsichtigt. Bloßes Kaufinteresse begründet eine eigentumsähnliche Stellung am Grundstück nicht. Dazu muss zumindest der Kaufvertrag abgeschlossen worden sein. Bereits daran fehlt es mit der Folge, dass sich der Senat nicht zur Frage verhalten muss, ob die Antennenanlage wirklich der Eigenart des Baugebiets widerspricht.

Abwehrrechte kann der Kläger als Mieter jedoch geltend machen, soweit die Beeinträchtigung immaterieller Werte wie namentlich von Leben und Gesundheit droht. Abzustellen ist dabei indes nicht auf die besondere persönliche Disposition. Bei Nachbarschutz ist auf Durchschnittspersonen abzustellen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 5. 3. 1984 – 4 B 20.84 –, NVwZ 1...

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