Verfahrensgang

VG Oldenburg (Urteil vom 26.04.2001; Aktenzeichen 13 A 4017/98)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 18.02.2002; Aktenzeichen 2 BvR 1937/01)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg – 13. Kammer – vom 26. April 2001 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Der Gegenstandswert für das Berufungszulassungsverfahren beträgt 6.000,– DM.

 

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1 a) Der Kläger sieht es als grundsätzlich klärungsbedürftig (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) an, ob

„ein Kurde, der wegen einer tätlichen Auseinandersetzung mit Dorfschützern in der Türkei mit Haftbefehl gesucht wird und deshalb mit einer mehrjährigen Freiheitsstrafe bedroht ist, sich eine politisch-motivierte Verfolgung zu vergegenwärtigen hat.”

Diese Frage ist jedoch einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. Inwieweit Auseinandersetzungen mit Dorfschützern zu einer politisch motivierten Verfolgung führen, hängt vielmehr jeweils von den Umständen des Einzelfalles (z.B. Anlass der Auseinandersetzung, Verhältnis der an der Auseinandersetzung beteiligten Familien zueinander, absehbare Einschätzungen der tätlichen Auseinandersetzung durch die türkischen Gerichte) ab.

Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht nach einer umfangreichen Beweiserhebung die Auffassung vertreten, die dem Kläger bei Rückkehr in die Türkei drohende Strafverfolgung sei nicht als eine politische Verfolgung zu werten. Es hat dieses damit begründet, dass nach den vorgelegten Unterlagen eine Anklage des Klägers vor den türkischen Strafgerichten, nicht jedoch vor den Staatssicherheitsgerichten erfolgt sei und auch die an dem Vorfall beteiligten Dorfschützer ihrerseits von den türkischen Straforganen verfolgt würden. Zudem werde in den vorgelegten Unterlagen von einer „gegenseitigen” Schlägerei berichtet. Da schließlich an der Auseinandersetzung drei Familienmitglieder der Familie A. sowie fünf der Familie A. beteiligt gewesen seien, spreche dieses für eine Familienfehde. Diese Einzelfallbewertung, der der Senat im übrigen folgt, kann nicht im Wege einer Grundsatzrüge überprüft werden.

b) Auch die weiter sinngemäß als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage, ob bei einer tätlichen Auseinandersetzung mit Dorfschützern und anschließender Denunziation der PKK-Unterstützung mit politisch motivierter Verfolgung bei Rückkehr in die Türkei zu rechnen sei, entzieht sich einer generellen Betrachtungsweise. Auch diese Frage kann nur aufgrund der Umstände des Einzelfalles bewertet werden.

2) Ein Verstoß gegen den Grundsatz auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.

a) Der Kläger sieht seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs zum einen dadurch verletzt, dass das Verwaltungsgericht dem mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 22. März 2001 gestellten Antrag, den bereits schriftlich angehörten Sachverständigen Helmut O. zur mündlichen Verhandlung zu laden, nicht nachgekommen ist. Diese Rüge greift nicht durch. Allerdings dient der von dem Antrag auf Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens zu trennende Antrag auf mündliche Erläuterung eines verfahrensbezogen eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachtens dem rechtlichen Gehör dadurch, dass den Beteiligten die Möglichkeit eingeräumt wird, dem Sachverständigen Fragen zu stellen, ihm Bedenken vorzutragen oder ihn um eine nähere Erläuterung von Zweifelspunkten zu bitten (§ 98 VwGO i.V.m. §§ 402, 397 ZPO). Die Ladung des Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens setzt dabei nicht voraus, dass das Gericht selbst Zweifel hat oder einen Erläuterungsbedarf sieht. Andererseits muss aber der Beteiligte, der die mündliche Erläuterung des Gutachtens beantragt, die aus seiner Sicht erläuterungsbedürftigen Punkte vorab hinreichend konkret bezeichnen (§ 98 VwGO i.V.m. § 411 Abs. 3, 4 ZPO). Es muss mithin hinreichend klar erkennbar werden, inwieweit das beanstandete Sachverständigengutachten für erläuterungsbedürftig erachtet wird (vgl. hierzu Berlit, GK-AsylVfG, § 78 Rdnr. 396 f.).

Nach diesen Kriterien stellt es keinen Verstoß gegen den Grundsatz auf Gewährung rechtlichen Gehörs dar, dass das Verwaltungsgericht den Gutachter O. nicht zur mündlichen Verhandlung geladen hat. Zum einen hat es ausweislich des Protokolls im Rahmen der mündlichen Verhandlung seine Gründe für die Nichtladung mit dem Kläger erörtert, ohne dass von Seiten des Klägers gleichwohl auf einer Ladung des Sachverständigen bestanden wurde. Dieses Verhalten kann nur so verstanden werden, dass der Kläger an seinem im Schriftsatz vom 22. März enthaltenen Antrag aufgrund der Erörterung mit dem Gericht nicht weiter festhalten wollte. Zum anderen lässt der im Schriftsatz vom 22. März 2001 enthaltene...

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