Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung eines deutschen Schenkungsteuerbescheides zum Zwecke der Anrechnung der später im Kanton Tessin (Schweiz) gezahlten Schenkungsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zur Anrechnung ausländischer ErbSt auf die deutsche ErbSt.
  2. Die ausländische Steuer ist nur anrechenbar, wenn die deutsche ErbSt für das Auslandsvermögen innerhalb von fünf Jahren seit dem Zeitpunkt der Entstehung der ausländischen ErbSt entstanden ist.
  3. Durch das DBA-Schweiz zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Nachlass- und ErbSt vom 30.11.1978 werden SchSt-Fälle nicht erfasst.
  4. Zu der Frage, ob es sich bei der Festsetzung und Zahlung ausländischer SchSt um ein rückwirkendes Ereignis i. S. vom § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO handelt.
 

Normenkette

ErbStG § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 21; DBA Schweiz; AO §§ 173, 175

 

Streitjahr(e)

1995

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.09.2010; Aktenzeichen II R 54/09)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Schenkungsteuerbescheid aufgrund eines später von den Finanzbehörden des Kantons Tessin (Schweiz) erteilten Bescheides unter Anrechnung der in der Schweiz gezahlten Schenkungsteuer zu ändern ist.

Der Kläger reichte am (…) 1995 beim Beklagten (Finanzamt – FA –) eine Schenkungsteuererklärung ein. Hierauf gab er an, seine Mutter, Frau A, habe ihm in 01/1994 den Betrag von W DM und in 02/1994 einen weiteren Betrag von X DM durch Überweisung zugewandt. Frau A hatte zum Zeitpunkt der Zuwendungen ihren Wohnsitz im Kanton Tessin (Schweiz). Unter Berücksichtigung einer Vorschenkung aus dem Jahre 1986 (…) setzte das FA im Hinblick auf die erste Zuwendung mit Bescheid vom (…) 1995 (…) Schenkungsteuer in Höhe von Y DM fest. Mit weiterem Bescheid vom (…) 1995 (…) setzte das FA für die zweite Zuwendung unter Berücksichtigung von Vorschenkungen in Höhe von insgesamt (…) Schenkungsteuer in Höhe von Z DM fest.

Nachdem die Schenkerin (…) verstorben war, setzte die Finanzbehörde des Kantons Tessin mit Bescheid vom (…) 2002 Schenkungsteuer in Höhe von insgesamt (…) Schweizer Franken (SFr.) zuzüglich einer Buße wegen hinterzogenen Steuern in Höhe von (…) SFr. und Zinsen in Höhe von (…) SFr. fest. (…)

Am (…) 2004 beantragte der Kläger, die in der Schweiz gezahlte Schenkungsteuer auf die deutsche Schenkungsteuer anzurechnen, hilfsweise die deutsche Schenkungsteuer in Höhe der in der Schweiz gezahlten Steuer zu erlassen. Beim Bescheid vom (…) 2002 handele es sich um einen Grundlagenbescheid i. S des § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung (AO).  Mit Bescheid vom (…) 2006 lehnte das FA die begehrte Änderung ab. Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sei wegen eingetretener Festsetzungsverjährung nicht möglich. Da der Bescheid der tessinischen Finanzbehörde keinen Grundlagenbescheid i. S. des § 171 Abs. 10 AO darstelle, komme auch keine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO in Betracht. Schließlich handele es sich bei diesem Bescheid um kein rückwirkendes Ereignis i. S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO; das FA nahm insoweit auf das rechtskräftige Urteil des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf vom 21. August 1998 4 K 5740/94 (EFG 1998, 1605) Bezug.

Gegen den Ablehnungsbescheid legte der Kläger (…) Einspruch ein, den das FA mit Einspruchsbescheiden vom (…) als unbegründet zurückwies. Auf die Gründe dieser Entscheidungen wird Bezug genommen.

Der Kläger hat (…) Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend, dass die Voraussetzungen einer Anrechnung nach § 21 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) im Streitfall vorlägen. Einer Änderung der Schenkungsteuerbescheide stünden keine verfahrensrechtlichen Hindernisse entgegen. Der Bescheid vom (…) 2002 stelle einen Grundlagenbescheid i. S. des § 171 Abs. 10 AO dar und begründe ein rückwirkendes Ereignis i. S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides (…) in Gestalt der Einspruchsentscheidungen (…) das FA zu verpflichten, die durch den Bescheid vom (…) 1995 (…) festgesetzte Schenkungsteuer um (…) DM auf (…) DM und die durch den Bescheid vom (…) 1995 (…) festgesetzte Schenkungsteuer um (…) DM auf (…) DM zu ermäßigen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend macht das FA geltend, als Ereignis i. S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO komme allein die Entstehung der tessinischen Schenkungsteuer, nicht aber die Erteilung des Bescheides vom (…) 2002 in Betracht. Auch nach dem im Kanton Tessin geltenden Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht sei die Steuer jedoch bereits im Jahre 1994, nicht aber nach Erlass der Bescheide vom (…) 1995 entstanden.

Dem Gericht lag zur Entscheidung ein Band Schenkungsteuerakten vor.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Herabsetzung der durch die Bescheide vom (…) 1995 festgesetzten Schenkungsteuer (§ 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Das FA hat eine Anrechnung der tessinischen Schenkungsteuer zu Unrecht abgelehnt.

1. Bei Erwerbern, die in einem ausländischen Staat mit ihrem Auslandsvermögen...

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