vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer : Ermäßigter Steuersatz; Sado/Maso-Studio in vermieteter Ferienwohnung
Leitsatz (redaktionell)
- Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG gilt insb. für die „Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält”.
- Zum Begriff der Wohn- und Schlafräume.
- Ein Sado/Maso-Studio in einer vermieteten Ferienwohnung schließt die Begünstigung der übrigen Wohn- und Schlafräume nicht aus.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 11
Streitjahr(e)
2010, 2011
Tatbestand
Streitig ist, ob der ermäßigte Steuersatz von 7 v. H. für kurzfristige Beherbergungsumsätze auf die vom Kläger vermietete Ferienwohnung Anwendung findet.
Die in A-Stadt gelegene Ferienwohnung ist ca. 100 qm groß und befindet sich in der oberen Etage eines Zweifamilienhauses in der Nähe des Flusses B. und des C-Sees. Sie besteht aus einem Wohnzimmer, einem Schlafzimmer, Küche und Bad (insgesamt ca. 70 qm). Zusätzlich gibt es zwei weitere Räume (insgesamt ca. 30 qm), von denen der eine im Stil eines Bondage-, Sado-Maso (BDSM) Studios eingerichtet ist und der andere aufgrund seiner Ausstattung (z. B. Gynäkologenstuhl) als „Behandlungszimmer” dienen kann. Wegen der Größe und Ausstattung der Räume wird auf die vom Kläger mit Schriftsatz vom 13.12.2013 übersandten Fotos (Bl. 15/16 der Gerichtsakte), den mit Schriftsatz vom 16.04.2014 übersandten Grundriss der Wohnung und den Internetauftritt des Klägers Bezug genommen.
Die Wohnung ist sowohl stundenweise (ab 4 Stunden) als auch tageweise vermietet worden. 4 Stunden kosten von Montag bis Donnerstag 60 €, jede Übernachtung wird in dieser Zeit mit 100 € berechnet, von Freitag bis Sonntag erhöhen sich die Preise auf 80 € (4 Stunden) bzw. 130 € (je Übernachtung). Die Mehrzahl der Gäste hat die Wohnung für nicht mehr als 2 Übernachtungen angemietet, die durchschnittliche Verweildauer in der Wohnung betrug den Angaben des Klägers zufolge 1,5 Tage.
Die Tätigkeit des Klägers beschränkt sich auf die Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten. Darüber hinausgehende Leistungen (z. B. Vermittlung von Sex-Partnern, Animation bzw. Anleitung zu bestimmten Sexpraktiken, Getränkeverkauf o. ä.) erbringt der Kläger nicht.
Der Kläger hat die Vermietungsumsätze in seinen Erklärungen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG unterworfen.
Demgegenüber ist der Beklagte im Anschluss an eine Betriebsprüfung zu der Auffassung gelangt, dass die Nutzung der Räumlichkeiten für bestimmte sexuelle Praktiken im Vordergrund stehe und die Beherbergung damit nicht charakterbestimmend sei. Er unterwarf daher die gesamten Vermietungsumsätze der Regelbesteuerung und ermittelte so für 2010 eine Bemessungsgrundlage in Höhe von 46.276 € und für 2011 in Höhe von 52.512 € (vgl. BP-Bericht vom 24.07.2013, Tz. 18).
Die entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheide 2010 und 2011 datieren vom 02.08.2013. Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage.
Der Kläger trägt vor, dass der überwiegende Teil der Ferienwohnung (70 qm) den Gästen für reine Beherbergungs- und Übernachtungszwecke zur Verfügung gestanden habe. Es sei auch nicht so, dass die klassische Nutzung der Ferienwohnung durch die Nutzung der beiden „speziellen Räumlichkeiten” in den Hintergrund trete.
Wissenschaftliche Studien hätten belegt, dass der „Durchschnitts-Geschlechtsverkehr” ca. 15 Minuten dauere. Selbst wenn seine Gäste zweimal am Tag (also durchschnittlich ca. 30 Minuten) Sex hätten, bliebe ihnen immer noch genügend Zeit, um die „normalen Räumlichkeiten” der Wohnung zu nutzen.
Auch sei kein entscheidungserheblicher Unterschied zur Beherbergung in Hotels festzustellen. Auch Hotels würde oftmals nur stundenweise gebucht. Im Unterschied zu seinen Räumlichkeiten dominiere im Hotelzimmer das Bett als der Ort, wo häufig sexuelle Vergnügungen stattfänden. Sexualität stelle eben ein Grundbedürfnis des Menschen dar und sei damit ein unabdingbarer Bestandteil der Beherbergung von Paaren. Sein Angebot unterscheide sich lediglich insofern, als er eine spezielle Gruppe von Menschen anspreche, die eine etwas andere Sexualität als der bundesdeutsche Durchschnitt habe und lebe.
Der Kläger beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide 2010 und 2011 vom 02.08.2013 und die Einspruchsentscheidung vom 15.11.2013 dergestalt zu ändern, dass die stundenweise Vermietung der Wohnung mit einem Steuersatz von 19 % und die tageweise Vermietung der Wohnung mit einem Steuersatz von 7 % versteuert wird, wobei die Umsätze der tageweisen Vermietung zu 70 % mit dem ermäßigten Steuersatz und zu 30 % mit dem regulären Steuersatz erfolgen sollen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bleibt dabei, dass die gesamten Vermietungsumsätze der Regelbesteuerung zu unterwerfen seien.
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG unterlägen dem ermäßigten Steuersatz von 7 v.H. die „Vermietung von Wohn- und Schlafräumen”, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergu...