Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine erbschaftsteuerliche Abweichung von den im Erbschein festgestellten gesetzlichen Erbteilen ohne Testament und einem Erben, der aufgrund gesellschaftsvertraglicher Eintritts- oder qualifizierten Nachfolgeklausel ein wertmäßig größerer Anteil am Gesamtnachlass zufällt

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Hat ein Erblasser keine letztwillige Verfügung hinterlassen, können allein aus den in der Erbauseinandersetzung der Miterben begründeten Abweichungen der tatsächlichen Erwerbe von den im Erbschein festgestellten Erbquoten keine gewichtigen Gründe für eine vom Erbschein abweichende Ermittlung der Erbanteile abgeleitet werden.
  2. Ist eine in einem KG-Gesellschaftsvertrag getroffene gesellschaftsrechtliche Nachfolgeklausel weder als Eintritts- noch als qualifizierte Nachfolgeklausel zu werten, so ist eine unter den Miterben frei vereinbarte Erbauseinandersetzung erbschaftsteuerrechtlich unbeachtlich und rechtfertigt keine Abweichung von den im Erbschein festgestellten Erbquoten.
 

Normenkette

ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob einem Erwerb durch Erbanfall die im Erbschein ausgewiesenen Erbquoten zu Grunde zu legen sind.

Der am 21. Juni 1990 verstorbene Erblasser J. K. - im Folgenden: Erblasser -, der kein Testament hinterlassen hatte, wurde nach dem vom Amtsgericht S erteilten gemeinschaftlichen Erbschein vom 4. September 1990 von seiner Ehefrau A. K. - im Folgenden: Ehefrau - zu 1/2 sowie von seinen Söhnen - dem Kl. und dessen Bruder U. K. - zu je 1/4 beerbt. Der Erblasser und der Kl. waren Gesellschafter der auf Grund Gesellschaftsvertrag vom 22. Mai 1989 errichteten Fa. J. K. GmbH - im Folgenden: GmbH -. An deren Stammkapital von 50.000 DM waren der Erblasser mit 30.000 DM und der Kl. mit 20.000 DM beteiligt. Gemäß § 10 des Gesellschaftsvertrags wurde die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters nicht aufgelöst. Der Gesellschaftsanteil des verstorbenen Gesellschafters sollte den Gesellschaftern zufallen; als Entgelt stand dem Erben ein nach Maßgabe des § 9 des Gesellschaftsvertrags zu errechnender Geldanspruch zu. Die GmbH war Komplementärin der ebenfalls auf Grund Gesellschaftsvertrag vom 22. Mai 1989 gegründeten J. K. GmbH & Co. KG - im Folgenden: KG -. An der KG waren der Erblasser und der Kl. als Kommanditisten beteiligt, und zwar der Erblasser mit einem Kapitalanteil von 135.000 DM und der Kl. mit einem Kapitalanteil von 90.000 DM. Bezüglich des Tods eines Gesellschafters bestimmte § 11 des Gesellschaftsvertrags der KG u.a.:

"Durch den Tod eines Gesellschafters wird die Gesellschaft nicht aufgelöst.

Im Falle des Todes des Kommanditisten J. K. sen., hat der Kommanditist J. K. jr. das Recht, den Kommanditanteil von J. K. sen. einschließlich des bestehenden Verrechnungskontos zu übernehmen mit der Verpflichtung, die weiteren Erben von sämtlichen Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Kommanditanteil freizustellen, wobei auch etwaige persönliche Steuern des Verstorbenen (Guthaben und Nachzahlungen) Sache des Übernehmers sind. Des weiteren hat der Übernehmer an die Ehefrau des Verstorbenen, Frau A. K., Altenteilsleistungen in Höhe von monatlich DM 5.000 zu leisten ...".

Im Zuge der Erbauseinandersetzung übernahm u.a. der Kl. den Kommanditanteil des Erblassers gegen die Verpflichtung, der Ehefrau Altenteilsleistungen von monatlich 5.000 DM zu zahlen. Ferner setzten sich die Erben über die Verteilung des Grundvermögens des Erblassers auseinander.

Das beklagte Finanzamt - FA - hatte gegen den Kl. zunächst durch den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) ergangenen Erbschaftsteuerbescheid vom 18. Oktober 1991 Erbschaftsteuer von 46.704 DM festgesetzt. Es hatte hierbei einen steuerpflichtigen Erwerb von 583.800 DM angenommen, den es unter Zugrundelegung der im Erbschein ausgewiesenen Erbquote des Kl. von 1/4 ermittelt hatte. Durch gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Erbschaftsteuerbescheid vom 21. Dezember 1995 setzte das FA gegen den Kl. die Erbschaftsteuer auf 172.117 DM herauf und hob gleichzeitig den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Das FA legte der Besteuerung nunmehr eine vom Erbschein abweichende Erbquote des Kl. von 67/100 zu Grunde und errechnete den Anteil des Kl. am steuerlichen Reinwert des Nachlasses mit 1.564.757 DM. Diese Erbquote des Kl. hatte das FA unter Zugrundelegung der Verkehrswerte der auf die Erben übergegangenen Vermögensteile ermittelt, wobei auf die Mutter eine Erbquote 27/100 und auf den Bruder des Kl. von 6/100 entfiel. Bei seiner Steuerberechnung ging das FA davon aus, dass die in § 11 des KG-Gesellschaftsvertrags vereinbarte Eintrittsklausel als dinglich wirkende Teilungsanordnung zu qualifizieren sei. Mit dem hiergegen erhobenen Einspruch begehrte der Kl. den Ansatz der im Erbschein vom 4. September 1990 ermittelten Erbquote und wandte sich ferner gegen die vom FA seiner abweichenden Berechnung zu Grunde gelegten Verkehrswertansätze.

Durch Einspruchsbescheid vom 22. November 1996 setzte das FA die ge...

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