vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Widerruf einer verbindlichen Auskunft über das Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Widerruf der verbindlichen Auskunft mit Wirkung für die Zukunft steht im Ermessen des Finanzamtes..
  2. In der Regel ist der Widerruf ermessensgerecht, wenn sich der Inhalt der Auskunft als materiell-rechtlich unzutreffend und damit als rechtswidrig erweist.
  3. Dagegen bedarf der Widerruf einer rechtmäßigen Zusage einer besonderen Legitimation und kommt regelmäßig nur in Betracht, wenn der Steuerpflichtige sein Vertrauen noch nicht betätigt hat und außerdem kein besonderes steuerliches Interesse an der verbindlichen Auskunft darlegen kann.
 

Normenkette

AO § 89 Abs. 2, § 207 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist der Widerruf einer verbindlichen Auskunft über das Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft.

Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus. Zum 1. Juli 2001 wurde die Klinik X GmbH (X) gegründet. Am Stammkapital der X ist die Klägerin mit 50,98 v.H. und die Y GmbH und Co. KG mit 49,02 v.H.v beteiligt. Die X hat zwei Geschäftsführer, die jeweils von einem der beiden Gesellschafter vorgeschlagen werden. Der von der Klägerin vorgeschlagene Geschäftsführer entscheidet laut Dienstordnung der X vom 1. August 2001 allein, sofern die Geschäftsführer unterschiedlicher Auffassung in Bezug auf die Geschäftsführung sein sollten. Zweck der X ist nach § 2 des Gesellschaftsvertrages in der Fassung vom 11. April 2003 die Erbringung von einfachen patientenfernen Tätigkeiten für die Klägerin, insbesondere die Unterstützung bei der Erreichung der bedarfsgerechten Krankenhausversorgung der Bevölkerung im Rahmen des niedersächsischen Krankenhausplanes. Mit der Erbringung dieser Leistung erzielte die X in den Jahren 2006 bis 2010 Umsätze in der Größenordnung von 1,6 bis 2,9 Mio. €. Der Umsatz der Klägerin betrug im Jahre 2010 153.648.422 €. Ab dem 1.Januar 2011 vermietete die Klägerin Geschäftsräume mit einer Nutzfläche von 331,28 m² an die X.

Mit Bescheid vom 19. Januar 1999 erteilte der Beklagte, das Finanzamt (FA), der Klägerin auf ihren Antrag hin die verbindliche Auskunft, dass zwischen ihr und der X eine umsatzsteuerliche Organschaft bestehe. Mit Bescheid vom 21. Mai 2012 widerrief das FA die verbindliche Auskunft mit Wirkung zum 1. Juli 2012, weil sich die steuerliche Beurteilung durch das BFH-Urteil vom 20.8.2009 V R 30/06 geändert habe und das Merkmal der wirtschaftlichen Eingliederung nicht erfüllt sei. Den Einspruch hiergegen wies es mit Bescheid vom 27. September 2012 als unbegründet zurück. Eine verbindliche Auskunft könne mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn sie unrichtig sei. Das sei hier der Fall, da keine wirtschaftliche Eingliederung vorliege. Bei den von der X erbrachten Reinigungsleistungen handele es sich um Dienstleistungen, die für den ordnungsgemäßen Betrieb eines jeden Unternehmers erforderlich seien. Sie wiesen von der Art her keine hinreichend enge und unmittelbare Nähe zur Tätigkeit der Klägerin auf. Dies gelte unabhängig davon, ob es sich um einfache oder spezielle Reinigungsleistungen handele. Im Kalenderjahr hätte der Wert der von der X erbrachten Reinigungsleistungen im Verhältnis zum Umsatz der Klägerin ca. 1,9 % betragen. Die Leistungen seien daher auch vom Umfang her nur von untergeordneter Bedeutung für die Klägerin. Auch die Vermietung der Geschäftsräume führe nicht zu einer wirtschaftlichen Eingliederung. Die Betriebsaufspaltung betreffe nur einen geringen Teil der unternehmerischen Tätigkeit des Klinikums, so dass aus dieser keine wirtschaftliche Eingliederung der X abgeleitet werden könne.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage macht die Klägerin geltend, die Leistungen der X seien an den speziellen Hygienestandards eines Krankenhauses ausgerichtet. Bei der Krankenhaushygiene handele es sich um einen Zweig der Präventivmedizin, der als Bestandteil einer umfassenden Patientenversorgung unverzichtbar sei. Die X sei daher im gleichen Wirtschaftszweig wie die Klägerin tätig. Eine quantitative Betrachtung sei in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem eine Untergesellschaft Leistungen an den Gesellschafter erbringe, auch nach dem BFH-Urteil vom 20.8.2009 V R 30/06, auf das sich das FA berufe, nicht geboten. Die von der Klägerin gemieteten Räumlichkeiten stellten für die X ihren Geschäftssitz dar. Damit sei diese Betriebsimmobilie von wesentlicher Bedeutung für die Entfaltung der Geschäftstätigkeit der X.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über den Widerruf der verbindlichen Auskunft vom 21. Mai 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. September 2012 aufzuheben.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es beruft sich hierfür auf die Begründung seiner Einspruchsentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der Bescheid über den Widerruf der verbindlichen Auskunft vom 21. Mai...

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