I. Allgemeines

 

Rz. 13

Individuell vereinbart i.S.v. § 305b BGB ist alles, aber auch nur das, was nicht vorformuliert i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB ist.[21]

 

Rz. 14

Die individuelle Vereinbarung kann gleichzeitig mit dem Vertrag, der die AGB einbezieht, oder erst später geschlossen werden.[22] Es kommt auch immer wieder vor, dass die Vertragsparteien bei Durchführung des Vertrags einverständlich von den ursprünglich getroffenen vertraglichen Vereinbarungen abweichen.

 

Rz. 15

Unter § 305b BGB fallen schriftliche sowie mündliche Individualabreden. Die einfache Schriftformklausel steht der nachträglichen mündlichen,[23] aber auch der gleichzeitig getroffenen[24] mündlichen Individualabrede nicht entgegen (hierzu und zur doppelten Schriftformklausel siehe unten Rdn 40 ff.). Unabhängig von der Schriftformklausel kann sich aber bei Prüfung der mündlichen Abrede die Frage stellen, ob die Vollständigkeitsvermutung widerlegt ist, die der schriftliche Vertrag in sich trägt und die auch in den AGB bestätigt sein kann (zu Vollständigkeitsklauseln, etwa: "Mündliche Nebenabreden sind nicht getroffen." siehe unten Rdn 45).

 

Rz. 16

Die abweichende Individualvereinbarung kann ausdrücklich oder konkludent getroffen werden[25] und ebenso ausdrücklich oder konkludent zum Nachrang der Formularklausel führen.

[21] WLP/Lindacher, § 305b Rn 6.
[22] BGH NJW-RR 1995, 179, 180.
[23] BGHZ 164, 133, 136.
[24] BGH NJW-RR 1995, 179, 180.
[25] BGH NJW 1983, 2638; BGH NJW 1986, 1807; BGH WM 1988, 1222; BGHZ 164, 133, 137.

II. Zusätze und Streichungen auf dem Formular

 

Rz. 17

In Zusätzen und Streichungen kann eine individuelle Vereinbarung liegen. Dies ist bei handschriftlichen Zusätzen die Regel,[26] aber nicht ohne Ausnahmen. Da der Begriff der AGB keine Schriftform voraussetzt,[27] kann es sich auch um vorformulierte Klauseln, also AGB handeln, wenn sie ausgearbeitet sind und üblicherweise "aus dem Gedächtnis" oder bei einer Mehrzahl von Kunden in den Vertrag eingefügt werden,[28] etwa nach Art eines vorgegebenen Textbausteins.[29] Weniger nahe liegt die Annahme einer individuellen Vereinbarung bei maschinenschriftlichen Zusätzen. Bei aufgestempelten Zusätzen ist sie äußerst fraglich, denn unter dem Gesichtspunkt einer beabsichtigten mehrfachen Verwendung wird es sich dabei wiederum um AGB handeln. Keine individuelle Abrede liegt vor, soweit die Parteien eine Änderung der AGB vereinbaren, die sich im Rahmen einer unselbstständigen Ergänzung hält, also keine Änderung des wesentlichen Klauselinhalts bewirkt.[30]

 

Rz. 18

In jedem Fall ist zu verlangen, dass der Zusatz augenfällig angebracht wird.[31] Bei Streichungen muss verlangt werden, dass dadurch die Übersichtlichkeit des Formulars nicht leidet.[32] Zusätze und Streichungen in der Annahmeerklärung zu einem Vertragsangebot lösen die Rechtsfolge des § 150 Abs. 1 BGB aus.

[26] BT-Drucks 7/3919, 20; BGHZ 49, 84, 87; BGH DB 1971, 2208.
[28] BGHZ 141, 108, 110 f.
[29] BGH NJW 2005, 2543, 2544.
[30] BGH NJW 2013, 1668.
[31] Staudinger/Schlosser, § 305b Rn 35; WLP/Lindacher, § 305b Rn 8.
[32] Staudinger/Schlosser, § 305b Rn 35; WLP/Lindacher, § 305b Rn 8.

III. Kaufmännisches Bestätigungsschreiben

 

Rz. 19

Der Inhalt der individuellen Vereinbarung mit einem Unternehmer kann sich auch aus einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben ergeben, nach Auffassung des Bundesgerichtshofs[33] jedenfalls dann, wenn es den mündlich geschlossenen Vertrag "individuell" zusammenfasst. Wie stets beim kaufmännischen Bestätigungsschreiben ist jedoch der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass es dazu weitere ergänzende (nicht aber: ihm widersprechende) Vereinbarungen gibt.[34]

Natürlich gilt umgekehrt § 305b BGB auch gegenüber AGB, die erst durch ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben Vertragsinhalt geworden sind.[35]

[33] BGH NJW-RR 1995, 179.
[34] BGHZ 67, 378.
[35] WLP/Lindacher, § 305b Rn 52.

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