Leitsatz

  • Nicht anfechtbarer "Nichtbeschluss" bei Abstimmung im Bewusstsein, dass die Zustimmung aller Eigentümer erforderlich ist, diese aber nicht erreicht wird

    Nachträglicher Einbau von Rollladenkästen mit Verkleinerung der Fenster um 8 cm als nachteilige bauliche Veränderung

 

Normenkette

§ 14 Nr. 1 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 23 WEG)

 

Kommentar

1. Wird unter Voraussetzung erforderlicher Einstimmigkeit über einen Antrag abgestimmt, diese jedoch dann nicht erreicht, handelt es sich um einen Nichtbeschluss, der nicht anfechtbar ist (vgl. auch OLG Düsseldorf, WE 86, 135 sowie Weitnauer, 8. Auflage § 23 Rn. 17). Eine Anfechtung ist hier ggf. in einen Zustimmungs-Verpflichtungsantrag umzudeuten; vorliegend wurde entsprechender Hilfsantrag gestellt, der allerdings zu Recht vom LG für unbegründet erachtet wurde.

2. Eine Verkleinerung einzelner Fenster durch das Anbringen von Rollläden wirkt sich hier nachteilig auf die Optik der gesamten Anlage aus. Auch aufgrund von Lichtbildern konnte ohne Weiteres festgestellt werden, dass eine Fensterverkleinerung um 8 cm die Symmetrie des gesamten Fensterbildes stören würde. Eine solche ästhetische Beeinträchtigung des gesamten Erscheinungsbildes der Anlage durch die Anbringung von Rollläden muss eine Gemeinschaft nicht hinnehmen; eine um 8 cm niedrigere Fensterhöhe ist eine deutlich sichtbare Veränderung, die nicht im Bagatellbereich liegt (vgl. bereits Senat, NJW-RR 95, 1418).

3. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im dritten Rechtszug bei Wert bis DM 4.000,-.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.10.1999, 3 Wx 259/99)

zu Gruppe 5:  Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Es entspricht herrschender Rechtsmeinung, dass objektiv nachteilige bauliche Veränderungen im Bereich des Gemeinschaftseigentums der Zustimmung aller Eigentümer bedürfen, wenn - wie vorliegend - die Rechte aller Eigentümer in nicht unerheblicher Weise von einer solchen Änderung nachteilig tangiert werden. Es darf und muss hier allerdings nochmals an die Grundsatzentscheidung des BGH von 1979 erinnert werden, dass solchen Änderungen nur nachteilig betroffene Eigentümer zustimmen müssen und ein (nur) Mehrheitsbeschluss weder ausreichend noch erforderlich ist. Allerdings können nach bisher h.R.M. auch einfache Mehrheitsbeschlüsse über die Genehmigung einer baulichen Veränderung gefasst werden, selbst wenn diese alle restlichen Eigentümer in nicht duldungspflichtiger Weise beeinträchtigen sollten. Ein solcher Mehrheitsbeschluss wäre allenfalls nach bisher herrschender Rechtsmeinung (von einem nachteilig betroffenen Miteigentümer erfolgreich) anfechtbar, nicht allerdings nichtig. Gehen also Eigentümer im Rahmen einer solchen Genehmigungs-Antragstellung davon aus, dass Einstimmigkeit (wohl im Sinne einer Allstimmigkeit) für eine mögliche Beschlussgenehmigung erforderlich ist, müsste zunächst überprüft werden, ob überhaupt in der betreffenden Versammlung allstimmige Zustimmung möglich wäre; scheidet dies nach entsprechender Beschlussfähigkeitsfeststellung aus, müsste schon logischerweise eine Abstimmung entfallen. Geht demgegenüber eine beschlussfähige Eigentümerversammlung (keine Vollversammlung) von (nur) einstimmiger Zustimmung der in der Versammlung anwesenden bzw. rechtswirksam vertretenen Eigentümer aus, kann tatsächlich im Rahmen der rechtlichen Wertung durch den Versammlungsleiter festgestellt werden, dass ein Antrag unter dieser Voraussetzung mangels erreichter Einstimmigkeit abgelehnt wurde, es sich insoweit um einen (nicht anfechtbaren) so gen. Nichtbeschluss handelt. Andernfalls müsste bei einer Abstimmung ohne diese Vorgaben bei ausgezählten mehr Ja- als Nein-Stimmen von einem (anfechtbaren) einfachen Mehrheitsbeschluss gesprochen werden. § 22 Abs. 1 WEG ist i.Ü. abdingbar, was nach bisher h.R.M. so viel bedeutet, dass insoweit auch genehmigende/gestattende Mehrheitsbeschlüsse mangels Anfechtung Gültigkeit und Bestandskraft erlangen können (als so genannten Zitterbeschlüsse).

Dass im vorliegenden Fall nicht von einer "Bagatell-Änderung" gesprochen werden konnte, dürfte im Rahmen der tatrichterlichen Ermessenswertung (auch allein anhand von Lichtbildern) im konkreten Fall i.Ü. nicht zu beanstanden sein.

Ich darf nochmals darauf hinweisen, dass bei Beschlussfassungen zwischen einfachen und (ggf. nach getroffenen Vereinbarungen) qualifizierten Mehrheitsbeschlüssen unterschieden werden sollte, ebenso zwischen einstimmigen und allstimmigen Beschlüssen; auch bei einstimmigen Beschlüssen in einer beschlussfähigen Eigentümerversammlung (die allerdings keine Vollversammlung mit Vertretung aller 100% Eigentümer ist) handelt es sich um Mehrheitsbeschlüsse im Gegensatz zu Beschlussanträgen, denen in einer Vollversammlung alle Eigentümer zustimmen (allstimmiger Beschluss oder ggf. hier sogar je nach Inhalt und Gegenstand der Entscheidung u.U. als schuldrechtliche Vereinbarung zu werten). Wird demgegenüber ein Antrag mehrheitlich abgelehnt (mehr Nein- als Ja- Stimmen), handelt es sich um einen ni...

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