3.1 Anspruch auf Zuschlagszahlung

 

Rz. 6

§ 10 Abs. 1 EFZG gewährt einen Anspruch auf Zahlung eines Zuschlags zu dem für die Heimarbeit gewährten Arbeitsentgelt. Der Zuschlag soll durch den Anspruchsberechtigten als Rücklage für einen etwaigen Ausfall der Entgeltzahlungen im Krankheitsfall verwendet werden. Demzufolge besteht der Anspruch auf Zuschlagsgewährung unabhängig davon, ob der Anspruchsberechtigte arbeitsunfähig ist oder war.[1] Die Verwendung der Rücklage entsprechend der Zweckbestimmung ist Sache des Anspruchsberechtigten, es wird nicht überprüft, ob er sie dem gesetzgeberischen Sinn entsprechend verwendet.[2]

 

Rz. 7

Der Zuschlag ist Teil des dem Anspruchsberechtigten gewährten Arbeitsentgelts, also entsprechend auch pfänd- und abtretbar. Er wird mit dem laufenden Anspruch auf Zahlung des Arbeitsentgelts fällig und ist mit dieser Leistung laufend auszuzahlen.[3] Sozialversicherungsrechtlich ist der Zuschlag nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen und beitragsfrei (§§ 14 Abs. 1 Satz 1, 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Sozialversicherungsentgeltverordnung SvEV). Ein Verzicht des Anspruchsberechtigten auf den Zuschlag ist nicht möglich.[4]

[1] Henssler/Willemsen/Kalb/Vogelsang, Arbeitsrecht Kommentar, 2020, § 10 EFZG, Rz. 2; Feichtinger/Malkmus, Entgeltfortzahlungsrecht, 2. Aufl. 2010, § 10 EFZG, Rz. 25.
[2] Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung-Krankengeld-Mutterschaftsgeld, Stand August 2017, § 10 EFZG, Rz. 2.
[3] Feichtinger/Malkmus, Entgeltfortzahlungsrecht, 2. Aufl. 2010, § 10 EFZG, Rz. 26, 27; MünchKomm BGB/Müller-Glöge, 2020, § 10 EFZG, Rz. 5; ErfK/Reinhard, 2021, § 10 EFZG, Rz. 4.
[4] Vgl. Neumann-Redlin, § 12, Rz. 26.

3.2 Höhe des Anspruchs und Anspruchsberechtigte

 

Rz. 8

Gem. § 10 Abs. 1 Satz 2 EFZG beträgt der Zuschlag für (Nr. 1) Heimarbeiter, für Hausgewerbetreibende ohne fremde Hilfskräfte und die nach § 1 Abs. 2a HAG Gleichgestellten 3,4 %, für (Nr. 2) Hausgewerbetreibende mit nicht mehr als 2 fremden Hilfskräften und die nach § 1 Abs. 2b, c HAG Gleichgestellten 6,4 %. Nicht anspruchsberechtigt sind Gleichgestellte nach § 1 Abs. 2a-c HAG, sofern sich die Gleichstellung[1] nicht auf die Entgeltregelungen des 6., 7. und 8. Abschnitts des HAG bezieht. Hierbei dürfte es sich um eine Ausnahme handeln. Anders als bei § 11 Abs. 1 Satz 2 EFZG (Feiertagsbezahlung) und § 12 Abs. 1 Satz 1 BUrlG (Urlaubserteilung[2]) muss für die Anwendbarkeit von § 10 EFZG eine ausdrücklich hierauf bezogene Gleichstellung im Gleichstellungsbescheid nicht erfolgen.[3] Ebenso wenig sind "Zwischenmeister"[4], "Außenarbeitnehmer"[5], fremde Hilfskräfte i. S. d. § 2 Abs. 6 HAG und mithelfende Familienangehörige i. S. d. § 2 Abs. 5 HAG anspruchsberechtigt.[6]

 

Rz. 9

Bemessungsgrundlage für den Zuschlag ist das Bruttoarbeitsentgelt vor Abzug der Steuern, des Beitrags zur Bundesagentur für Arbeit und der Sozialversicherungsbeiträge ohne einen ggf. tariflich oder einzelvertraglich vereinbarten Heimarbeits- oder Unkostenzuschlag (etwa für Fahrtkosten, Kommunikation, Strom, Beschaffung von Roh- und Hilfsstoffen usw.) und ohne die für den Lohnausfall an gesetzlichen Feiertagen (§ 11 Abs. 2 EFZG), den Urlaub (§ 12 BUrlG) und den Arbeitsausfall infolge Krankheit zu leistenden Zahlungen (§ 10 EFZG).

 

Rz. 10

Die unterschiedliche Höhe des Zuschlags für Heimarbeiter, Hausgewerbetreibende ohne fremde Hilfskräfte und Gleichgestellte[7] einerseits und Hausgewerbetreibende, welche nicht mehr als 2 fremde Hilfskräfte beschäftigen (sowie die jeweils Gleichgestellten) andererseits[8] ergibt sich daraus, dass letztere in ihrer Funktion als Arbeitgeber Gegner von Entgeltfortzahlungsansprüchen der von ihnen beschäftigten Arbeitnehmer nach § 3 EFZG sind, mithin hinsichtlich der wirtschaftlichen Sicherung für den Krankheitsfall einer größeren Belastung ausgesetzt sind, welche so ausgeglichen wird.[9]

[1] Vgl. hierzu Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung-Krankengeld-Mutterschaftsgeld, Stand August 2017, § 10 EFZG, Rz. 15.
[3] Vgl. Henssler/Willemsen/Kalb/Vogelsang, Arbeitsrecht Kommentar, 2020, § 10 EZFG, Rz. 8.
[5] Vgl. BAG, Urteil v. 24.8. 2016, 7 AZR 625/15, NZA 2017, 244: Dies sind Arbeitnehmer, die zwar aus betrieblichen oder persönlichen Gründen in der eigenen Wohnung oder Werkstatt arbeiten, aber die Leistungen fremdbestimmt in persönlicher Abhängigkeit erbringen.
[6] Ausführlich Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung-Krankengeld-Mutterschaftsgeld, Stand August 2017, § 10 EFZG, Rz. 15 ff.
[9] ErfK/Reinhard, 2021, § 10 EFZG, Rz. 5; Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung-Krankengeld-Mutterschaftsgeld, Stand August 2017, § 10 EFZG, Rz. 31; Feichtinger/Malkmus, Entgeltfortzahlungsrecht, 2. Aufl. 2010, § 10 EFZG, Rz. 31 m. w. N.

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