Leitsatz

Ist dem Grundbuchamt ein Beschluss nachzuweisen, so kann – wenn nicht ein gesetzlich speziell geregelter Fall vorliegt – der Nachweis durch Vorlage einer Niederschrift erfolgen, der den Anforderungen des § 26 Abs. 3 WEG entspricht.

 

Normenkette

WEG §§ 26 Abs. 3, 24 Abs. 6

 

Das Problem

  1. Wohnungseigentümer W verkauft und übereignet der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K im Jahre 2016 mehrere Teileigentumsrechte (mehrere Kellerräume und 1 Stellplatz). Im Urkundstermin tritt für K der einzelvertretungsberechtigte Gesellschafter der im März 2015 zum Verwalter (wieder)bestellten V-OHG auf. Der Urkunde ist die beglaubigte Abschrift der Niederschrift über die Versammlung vom April 2016 beigefügt, aus der sich ergibt, dass unter Tagesordnungspunkt (TOP) 8a) der Ankauf der Kellerräume durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zum vereinbarten Preis einstimmig beschlossen ist. Als Zweck ist angegeben, die gegenwärtige Nutzung der Kellerräume als Fahrradabstell-, Elektro-, Wirtschafts-, Wasch- und Trockenräume zu sichern und den Stellplatz für Handwerker zu reservieren. Unter TOP 8b) findet sich als einstimmiger Beschluss:

    Die Eigentümergemeinschaft der "WEG ..." – nachstehend "der Vollmachtgeber genannt" – erteilt hiermit K nachstehend "der Bevollmächtigte" genannt – Vollmacht, sie im Rahmen des Erwerbs des vorgenannten Grundbesitzes umfassend zu vertreten, ... insbesondere dazu, ... die Auflassung zu vereinbaren ... .

    Die unter die Niederschrift gesetzten Unterschriften des Vertreters des Verwalters, des "Beirats", bei dem es sich um den Beiratsvorsitzenden handelt, und eines Wohnungseigentümers sind notariell beglaubigt.

  2. Aufgrund der in der Kaufvertragsurkunde erteilten Vollmacht bewilligt Notar N den Vollzug der Auflassung; gleichzeitig beantragt er gemäß § 15 GBO die Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch. Das Grundbuchamt beanstandet als Eintragungshindernis, dass die Vollmacht der V-OHG nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen sei. Es gibt der V-OHG auf, eine von allen Wohnungseigentümern unterzeichnete und unterschriftsbeglaubigte Vollmachtsurkunde gemäß § 27 Abs. 6 WEG vorzulegen. Mangels Gesetzeslücke könne der Vertretungsnachweis nicht in Form des § 26 Abs. 3 WEG (analog) geführt werden. Hiergegen richtet sich die Beschwerde, mit der die Rechtsansicht vertreten wird, die Bevollmächtigung könne nach §§ 26 Abs. 3, 24 Abs. 6 WEG mit den eingereichten Unterlagen nachgewiesen werden. Die Beschwerde hat Erfolg.
 

Die Entscheidung

  1. Der Vollzug des Eintragungsantrags dürfe schon deshalb nicht von der Vorlage einer zugunsten der V-OHG ausgestellten Vollmachtsurkunde nach § 27 Abs. 6 WEG abhängig gemacht werden, weil nicht die V-OHG, sondern deren Gesellschafter als natürliche Person für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gehandelt und dem Notar eine Auflassungsvollmacht erteilt habe. Nur dessen rechtswirksame Bevollmächtigung sei daher zum Nachweis der Vollmachtskette im Grundbuchverfahren formgerecht zu belegen. Weil allerdings der Vollmachtsnachweis erbracht sei, das angenommene Eintragungshindernis somit nicht bestehe, sei die Zwischenverfügung ersatzlos aufzuheben.
  2. Im Eintragungsverfahren müsse gemäß § 20 GBO die Wirksamkeit der Auflassung nachgewiesen und somit der Umstand belegt werden, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bei Abgabe der Willenserklärung wirksam vertreten worden sei (§§ 164, 167 BGB).
  3. Die Kette wirksamer Bevollmächtigungen sei im Fall durch die im notariellen Erwerbsvertrag beurkundete Bevollmächtigung der Notarin und die Vorlage der unterschriftsbeglaubigten Niederschrift über den in der Versammlung mehrheitlich gefassten Beschluss zur Bevollmächtigung der beim Erwerb für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aufgetretenen Person bewiesen (§ 29 Abs. 1 GBO).
  4. Ob in Anlehnung an § 26 Abs. 3 WEG in Verbindung mit § 24 Abs. Abs. 6 WEG auch der Nachweis der durch Mehrheitsbeschluss erfolgten Verwalterermächtigung durch Protokollvorlage geführt werden kann, sei zwar höchstrichterlich nicht entschieden, entspreche aber allgemeiner Meinung, der sich auch der Senat anschließe. Über seinen ausdrücklichen Wortlaut hinaus könne § 26 Abs. 3 WEG auch in anderen, gesetzlich nicht speziell geregelten Fällen herangezogen werden, wenn dem Grundbuchamt ein Beschluss nachzuweisen sei. Die Erleichterung des § 26 Abs. 3 WEG gelte entsprechend auch für den Nachweis der Ermächtigung eines Wohnungseigentümers durch Beschluss nach § 27 Abs. 3 Satz 3 WEG und in allen Fällen, in denen dem Grundbuchamt ein Beschluss nachzuweisen sei, mithin auch für den Nachweis der rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung einer außenstehenden Person.
  5. Inhalt und Reichweite der Bevollmächtigung ergäben sich aus dem nach § 24 Abs. 6 Satz 1 WEG protokollierten Beschluss aus dem April 2016. Dass die laut Erwerbsurkunde für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer rechtsgeschäftlich tätig gewordene Person hierzu bevollmächtigt war, sei durch die unterschriftsbeglaubigte Niederschrift der Versammlung in grundbuchmäßiger...

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