Leitsatz

  1. Nachweis einer Stimmrechtsvollmacht im Fall vereinbarter Vollmachtsvorlage in Schriftform
  2. Vorlage einer Vollmacht im pdf-Format genügt nicht
 

Normenkette

§§ 126, 167, 174 BGB

 

Kommentar

  1. Im vorliegenden Fall war in der Gemeinschaftsordnung vereinbart, dass Stimmrechtsvollmachten schriftlich nachzuweisen seien. Eine Eigentümerin hatte hier zu Beginn der Versammlung dem Versammlungsleiter eine unterzeichnete Vollmacht im sog. pdf-Format vorgelegt und ergänzend vermerkt, dass es sich insoweit um eine vom Vollmachtgeber im Original unterzeichnete schriftliche Vollmacht handle, die von ihm infolge der Entfernung des Wohnorts zum Versammlungsort eingescannt und der Vertreterin per E-Mail übermittelt worden sei. Diese Vollmacht habe die Vertreterin ausgedruckt und dem Versammlungsleiter ausgehändigt. Dieser ging von einer ungültigen Vollmachtserteilung aus und berücksichtigte die Stimme der Vollmachtgeberin nicht.
  2. Das Amtsgericht führte in den Gründen einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO im Anschluss an die Hauptsacheerledigung des Anfechtungsstreits aus, dass der Versammlungsleiter/Verwalter nicht berechtigt gewesen sei, diese Vollmacht zurückzuweisen. Es sei vielmehr auch im Gerichtsverkehr anerkannt, dass durch elektronische Übermittlungsgeräte Schriftsätze etc. eingereicht werden, die naturgemäß nicht im Original unterzeichnet sein können, bei denen die Unterschrift eingescannt und dann verschickt werde. Auch eine solche Vollmacht stehe einer "Originalvollmacht" gleich und genüge auch den vereinbarten Erfordernissen an die Schriftform. Sinn einer solchen Vereinbarung in einer Gemeinschaftsordnung ist die Sicherstellung, dass nicht nur das mündliche Behaupten einer Vollmachtsvorlage genüge, sondern Schriftlichkeit geboten sei. Eine eingescannte Unterschrift genüge hier in ausreichender Weise diesem Schriftlichkeitsgebot. Die Entscheidung des OLG München im Beschluss vom 11.12.2007 (NZM 2008 S. 92) betreffe demgegenüber eine andere Fallvariante.
  3. Auf Kostenbeschwerde hin widersprach in diesem Punkt das Landgericht der vorgenannten Auffassung des Amtsgerichts im Rahmen der allein noch abschließend gebotenen summarischen Überprüfung (ohne Zulassung einer Rechtsbeschwerde gemäß § 544 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 ZPO).

    Die besagte Vollmachtstimme durfte der Versammlungsleiter zu Recht zurückweisen. Die Stimmabgabe stellt ein einseitiges Rechtsgeschäft im Sinne des § 174 dar. Daher ist ein Bevollmächtigter von der Stimmabgabe in fremdem Namen auszuschließen, wenn er auf entsprechendes Verlangen keine Vollmachtsurkunde vorlegt (Spielbauer/Then, WEG, § 25, Rz. 5; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 24, Rz. 42). Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie im vorliegenden Fall nach Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung – die Bevollmächtigung schriftlich nachzuweisen ist (vgl. OLG München, NZM 2008 S. 92, 93). Eine Faxkopie oder eine E-Mail reicht insoweit nicht aus (ebenfalls Kümmel, wie vor; so auch Palandt/Ellenberger, 69. Aufl., § 174, Rz. 5). Denn gemäß § 126 Abs. 1 BGB bedeutet dies grundsätzlich, dass eine eigenhändige Namensunterschrift erforderlich ist. Deshalb reicht auch die hier vorgelegte Vollmacht im "pdf-Format" nicht aus, weil sie letztlich mit einer Faxkopie vergleichbar ist (Palandt/Ellenberger, 69. Aufl., § 126, Rz. 12).

 

Link zur Entscheidung

LG München I, Beschluss vom 15.04.2010, 1 T 5151/10LG München I, Beschluss v. 15.4.2010, 1 T 5151/10

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