Leitsatz

Die Mutter eines damals drei Jahre alten gemeinsamen minderjährigen Kindes der Beteiligten hatte das Kind aus Polen nach Deutschland verbracht. Auf Antrag des Kindesvaters hat das deutsche FamG die Mutter unter Anwendung der Vorschriften des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen vom 25.10.1980 (HKiEntÜ) verpflichtet, das Kind zum Vater nach Polen zurückzuführen. Es hat die Herausgabe des Kindes angeordnet und weitere Bestimmungen zur Vollstreckung seines Beschlusses getroffen.

Gegen diese Entscheidung wandte sich die Kindesmutter mit der sofortigen Beschwerde.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Vom OLG wurde die sofortige Beschwerde der Kindesmutter zurückgewiesen. Die Eltern seien trotz einer Entscheidung über die Ausübung der elterlichen Sorge nach polnischem Recht gemeinsam sorgeberechtigt gewesen. Werde nach Art. 58 § 1 des polnischen Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches vom 25.2.1964 im Fall einer Ehescheidung die Ausübung der elterlichen Sorge einem Elternteil übertragen, so erfolge dies ohne zwingende Entziehung der elterlichen Sorge des anderen Elternteils. Diese werde vielmehr lediglich auf einige Bereiche beschränkt. Die Übertragung einer Sorgeausübung nach polnischem Recht entspreche nicht der Übertragung der Alleinsorge nach deutschem Recht. Dem Vater sei ein Mitbestimmungsrecht gerade für den Bereich der Aufenthaltsbestimmung verblieben.

Die Mutter habe auch nicht nachgewiesen, dass der Vater einem Verbringen nach Deutschland zugestimmt oder dies nachträglich genehmigt habe.

Eine solche Zustimmung könne unter Umständen auch konkludent erteilt werden. Bei der Beurteilung dessen komme es darauf an, wie die Mutter das Verhalten des Kindes bei objektiver Betrachtung habe auffassen müssen. Für die Auslegung dieses Verhaltens sei also der "objektive Empfängerhorizont" entscheidend.

Der Mutter obliege die volle Beweisführungslast für die behauptete Zustimmung. Den dahingehenden Nachweis habe sie nicht erbracht.

 

Hinweis

In Fällen, in denen eine Zustimmung des anderen, mitsorgeberechtigten Elternteils zu einem Umzug von Deutschland ins Ausland nicht nachgewiesen werden kann, muss zur Vermeidung eines Verfahrens nach dem HKiEntÜ ein Antrag nach § 1628 BGB oder eventuell ein Antrag auf Übertragung der vollen elterlichen Sorge nach § 1671 BGB eingereicht werden.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Beschluss vom 01.07.2009, 17 UF 105/09

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