Leitsatz

An einen Unrichtigkeitsnachweis sind strenge Anforderungen zu stellen. Bei angeblich "vertauschten" Wohnungen genügt für den Nachweis nicht, dass die Größe des jeweiligen Miteigentumsanteils nicht mit dem Verkehrswert des Wohnungseigentums bzw. der Wohn- bzw. Nutzfläche des mit ihm verbundenen Sondereigentums übereinstimmt

 

Normenkette

§ 19 GBO; §§ 3, 7, 8 WEG

 

Das Problem

  1. Mehrere Wohnungseigentümer, ein Gläubiger und der ehemalige Bauträger beantragen gemeinsam, die Wohnungsgrundbücher zu berichtigen. Sie meinen, im Aufteilungsplan stünden falsche Wohnungsnummern. Zurzeit sei der Bauträger noch Eigentümer. Dieser weise den Käufern jetzt die "richtigen", von ihnen erworbenen Wohnungseigentumsrechte zu. Das Grundbuchamt meint, dass eine solche "Verwechslung" nicht erwiesen sei. Teilungserklärung, Aufteilungsplan und Grundbucheintragungen stimmten jedenfalls überein. Die jeweiligen Kaufpreise ließen hingegen keinen sicheren Schluss auf die Unrichtigkeit zu. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde.
  2. Die Unrichtigkeit ist nach Ansicht der Antragsteller aus den Kaufverträgen ersichtlich: Es bestehe eine "erhebliche Inkongruenz" zwischen den Kaufpreisen und dem Miteigentumsanteil der jeweiligen Wohnung. Sollte die Unrichtigkeit nicht ausreichend nachgewiesen sein, lägen jedenfalls Berichtigungsbewilligungen aller Eigentümer bzw. einer Pfändungsgläubigerin vor.
 

Entscheidung

Die Beschwerde hat keinen Erfolg! An einen Unrichtigkeitsnachweis seien strenge Anforderungen zu stellen. Es seien alle Möglichkeiten auszuräumen, die der Richtigkeit der begehrten neuen Eintragung entgegenstehen könnten. Nach dieser Maßgabe sei es nicht nachgewiesen, dass der Aufteilungsplan falsche Nummern aufführe. Teilungserklärung und Aufteilungsplan seien jedenfalls widerspruchsfrei. Wohnungen und Nummern für die einzelnen Sondereigentumsrechte seien übereinstimmend zugeordnet. Dass eine größere und zu einem höheren Preis verkaufte Wohnung auch diejenige mit dem größeren Miteigentumsanteil sei, müsse hingegen nicht so sein. In der Bemessung der Miteigentumsanteile sei der aufteilende Eigentümer grundsätzlich frei (Hinweis unter anderem auf Elzer, in Riecke/Schmid, WEG, 3. Aufl. 2010, § 8 Rn. 9). Die Wohnungsgrundbücher seien auch nicht aufgrund der Bewilligungen zu berichtigen. Der Anspruch auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs (BGB § 894) sei zwar im Wege der Hilfspfändung (ZPO § 857 Abs. 3) grundsätzlich pfändbar; er müsse sich jedoch gerade auf die Eintragung des Schuldners richten. Bei der hier beantragten Berichtigung gehe es hingegen um die zunächst herbeizuführende Eintragung des ehemaligen Bauträgers.

 

Kommentar

Anmerkung
  1. Der Fall ist hier stark vereinfacht und auch verkürzt dargestellt. Er hat seinen Schwerpunkt im Grundbuchrecht. Die dortige zentrale Aussage ist der hier formulierte, allerdings nicht amtliche Leitsatz.
  2. Wohnungseigentumsrechtlich von Bedeutung sind die Ausführungen zur Größe der Miteigentumsanteile. Das Oberlandesgericht München erinnert insoweit zu Recht daran, dass das Wohnungseigentumsgesetz keine Bestimmung über die Bemessung der Größe von Miteigentumsanteilen enthält. Insbesondere muss der Verkehrswert der einzelnen Sondereigentumseinheiten oder ihre Wohn- bzw. Nutzfläche nicht mit der Größe der Miteigentumsanteile korrelieren. Die mit der Eintragung befassten Grundbuchämter wären auch nicht in der Lage, dies sachgerecht zu überprüfen und festzustellen.

Was ist für den Verwalter wichtig?

  1. Jeder Wohnungseigentümer hat am Grundstück einen Miteigentumsanteil ("MEA"). Die Größe der jeweiligen Miteigentumsanteile wird in der Regel in 10.000stel, 1.000stel oder 100stel des Ganzen ausgedrückt. Die Miteigentumsanteile können dieselbe Größe haben. Vorstellbar – und die Regel – ist allerdings, dass die Anteile eine verschiedene Größe haben.
  2. Wie das Verhältnis der Miteigentumsanteile festgelegt wird und welche Gesichtspunkte dabei berücksichtigt werden, hat das Gesetz der freien Bestimmung durch die Wohnungseigentümer überlassen. Zwar ist eine Übereinstimmung des Beteiligungsverhältnisses am gemeinschaftlichen Eigentum mit dem Verhältnis des Wertes der Sondereigentumsrechte wünschenswert. Es ist aber den Wohnungseigentümern überlassen, diese Übereinstimmung herbeizuführen.
  3. Das Verhältnis der Miteigentumsanteile zueinander – ihre jeweilige Größe – ist gesetzlicher Umlageschlüssel für die Kosten (Betriebs- und Verwaltungs- sowie Erhaltungskosten), die Lasten sowie die Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums. Ihre jeweilige Größe gibt ferner an, in welcher Höhe ein Wohnungseigentümer einem Dritten für Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft haftet und wann eine Versammlung beschlussfähig ist. Auch für Abstimmungen spielt die Höhe eines Miteigentumsanteils schließlich eine Rolle.
  4. Das Verhältnis der Miteigentumsanteile zueinander bestimmt in der Regel der frühere Alleineigentümer mit seiner Teilungserklärung. Ist die Bestimmung unbillig – was durchaus vorkommt – können die Wohnungseigentüme...

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