Leitsatz

Der BGH hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine nachträglich erhobene Klage wegen einer Einzelforderung möglich und Erfolg versprechend ist, wenn die Parteien zuvor einen wechselseitigen Zugewinnausgleichverzicht mit einer Ausgleichsklausel über alle familienrechtlichen Ansprüche vereinbart haben.

 

Sachverhalt

Die 1964 geschlossene Ehe der Parteien war durch Verbundurteil vom 24.10.2000 geschieden worden. Zugleich hatte das FamG den Ehemann zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs von 160.000,00 DM nebst Zinsen verurteilt und zu Lasten der Ehefrau den Versorgungsausgleich durchgeführt. Hiergegen hatten beide Parteien Rechtsmittel eingelegt und sodann am 30.3.2001 vor dem KG einen wechselseitigen Zugewinnausgleichsverzicht protokolliert. Zusätzlich war eine Ausgleichsklausel über alle familienrechtlichen Ansprüche vereinbart worden.

Mit ihrer im Jahre 2002 angestrengten Klage verlangte die Ehefrau Rückzahlung zweier Darlehen über insgesamt 70.000,00 DM, die sie ihrem Ehemann angeblich vor dem Stichtag gewährt haben wollte. Bis zu diesem Zeitpunkt war ein solcher Anspruch von ihr nie erwähnt worden. Das KG ging zwar davon aus, dass der Vergleich keinen umfassenden Ausschluss der zukünftigen Geltendmachung wechselseitiger Forderungen der Parteien enthalte, wies die Klage jedoch ab, weil hierdurch nachträglich eine unzulässige Verfälschung des Zugewinnausgleichs ermöglicht würde. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH die Entscheidung auf und verwies die Sache zurück.

 

Entscheidung

In seiner Entscheidung wiederholte der BGH zunächst seine ständige Rechtsprechung, wonach der Zugewinn keine Sonderrechtsbeziehung darstelle. Allerdings seien schuldrechtliche Ansprüche der Ehegatten bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs im jeweiligen Endvermögen des Gläubigers als Aktivposten und in dem des Schuldners als Passivposten zu berücksichtigen. Grundsätzlich könnten diese Ansprüche gesondert geltend gemacht werden. Sofern sie in die Bilanz als Aktiva und Passiva aufgenommen worden seien, könne der Zugewinnausgleich nicht verfälscht werden.

Anders sei dies jedoch eventuell bei dort nicht berücksichtigten Forderungen. Zwar müsse nicht unbedingt - wie vom KG noch angenommen - hierdurch in jedem Falle eine Doppelbelastung des Schuldners eintreten. In den Fällen, in denen die Forderung sich in der Bilanz auswirke, müsse jedoch auf jeden Fall eine Doppelbelastung vermieden werden, die durch Nichtberücksichtigung im Endvermögen der Parteien und andererseits durch Geltendmachung entstehe. Eine nachträglich erhobene Klage dürfe dann aus dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB der Erfolg insoweit zu versagen sein, als eine Stattgabe einen bereits durch Vergleich abgeschlossenen Zugewinnausgleich nachträglich verfälschen würde. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung greife in allen Fällen, in denen eine Doppelbelastung die Folge sei. Wegen der Selbständigkeit der Ansprüche trage allerdings der Schuldner die Beweislast dafür, dass ein solcher Verstoß gegen § 242 BGB vorliege. Insbesondere trete keine Umkehr der Beweislast ein. Durch eine umfassende Ausgleichsklausel hätte der Schuldner eventuellen Beweisproblemen von vornherein entgegenwirken können. Sofern er tatsächlich Schwierigkeiten habe, den hypothetischen Verlauf des Zugewinnausgleichsprozesses nachzuweisen, könne ihm beweiserleichternd zugestanden werden, sich auf den Vortrag der Gegenseite im Zugewinnverfahren - ohne die nicht aufgeführte Forderung - zu berufen. Substantiiert müsse sodann der Gegner dieses Vorbringen bestreiten, um sich nicht dem Vorwurf der rechtsmissbräuchlichen Prozessführung auszusetzen.

 

Hinweis

Der BGH befasst sich in seiner Entscheidung mit Ansprüchen, die eigentlich im Vergleichswege hätten mit erledigt werden können und sollen.

In der Praxis ist dringend zu empfehlen, selbst ungewisse oder unsichere Forderungen in die Zugewinnausgleichsbilanz einzustellen. Dies gilt auch für eventuelle Forderungen gegen den Ehepartner. Zwar bürdet der BGH dem Ausgleichspflichtigen die Darlegungs- und Beweislast für die unzulässige Rechtsausübung auf. Allerdings wird dies durch die konsequente Fortführung der Rechtsprechung zur sekundären Darlegungs- und Beweislast wieder aufgeweicht.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 12.11.2008, XII ZR 134/04

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge