Leitsatz

§ 1578 Abs. 1 BGB verweist für das Maß des nachehelichen Unterhalts auf die ehelichen Lebensverhältnisse. Der zweite Ehegatte war ggü. dem ersten nachrangig und blieb bei der Bedarfsberechnung unberücksichtigt mit der Konsequenz, dass dem Unterhaltspflichtigen im Fall der Wiederverheiratung vielfach weniger blieb als dem unterhaltsberechtigten Ehegatten.

Mit seinem Urteil vom 30.7.2008 hat der BGH entschieden, der Bedarf konkurrierender Ehegatten bestimme sich nach der Drittelmethode (BGH, Urt. v. 30.07.2008 zur Geschäftsnummer XII ZR 177/96 in FamRZ 2008, 1911 ff.). Es stellt sich die Frage, ob diese Methode der Bedarfsermittlung auch für Altfälle oder erst ab Verkündung der BGH-Entscheidung hierzu gilt.

 

Sachverhalt

Die Parteien waren seit dem 3.5.1994 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Der Kläger - ein pensionierter Berufsschullehrer - war durch Urteil des FamG vom 9.8.2005 verpflichtet worden, an die Beklagte monatlichen Unterhalt i.H.v. zuletzt 1.522,47 EUR zu zahlen.

Der Kläger begehrte mit seiner am 4.2.2006 zugestellten Abänderungsklage den Wegfall der Unterhaltsverpflichtung, weil die Beklagte seit Februar 2006 Altersrente beziehe. Das erstinstanzliche Gericht hat den von dem Kläger geschuldeten nachehelichen Unterhalt nach Zeiträumen gestaffelt auf Beträge zwischen 263,26 EUR und 218,60 EUR monatlich herabgesetzt und die weitergehende Klage abgewiesen.

Die Beklagte erstrebte mit ihrer gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegten Berufung teilweise Abweisung der Abänderungsklage. Sie rügte im Wesentlichen, dass das Einkommen des Klägers nicht zutreffend ermittelt sei.

Das Rechtsmittel der Beklagten erwies sich als teilweise begründet.

 

Entscheidung

Das OLG kam zu dem Ergebnis, der Beklagten stehe für die Zeit bis einschließlich Juli 2008 höherer monatlicher Unterhalt zu als von dem erstinstanzlichen Gericht ausgeurteilt. Für die Zeit ab August 2008 sei das Rechtsmittel unbegründet, weil seither der Unterhaltsanspruch der Ehefrau des Beklagten mit zu berücksichtigen sei.

Das OLG verwies auf das Urteil des BGH vom 30.7.2008, wonach sich die Rechtsprechung zu dem unbestimmten Rechtsbegriff der "ehelichen Lebensverhältnisse" in § 1578 BGB dahingehend geändert habe, dass auch der Unterhaltsbedarf des neuen Ehegatten bei der Ermittlung des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten berücksichtigt werde.

Es entspreche einem allgemeinen Grundsatz, dass die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung erst ab Verkündung des maßgebenden Urteils anzuwenden sei. Hier gehe es um eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die auf einer abweichenden Sicht des § 1578 BGB sowie des bisherigen Verständnisses der "eheprägenden Verhältnisse" beruhe und zu einer neuen Rechtslage führe. Insbesondere das Vertrauen der Parteien in die bestehende Rechtslage gebiete es, die geänderte Rechtsprechung erst ab der Verkündung des maßgebenden Urteils anzuwenden.

 

Hinweis

Der Leitsatz der Entscheidung des OLG Celle ist irreführend. Eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist nicht mit einer Gesetzesänderung gleichzusetzen. Daher müssen die Gerichte alle Verfahren, in denen der Unterhalt erstmals festgesetzt wird, für den ganzen Unterhaltszeitraum nach dieser neuen Erkenntnis entscheiden, falls sie dieser Auffassung folgen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Celle, Urteil vom 13.03.2009, 12 UF 156/08

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