Leitsatz

Der BGH hat sich in dieser Entscheidung erstmalig mit ehebedingten Nachteilen und dem Maßstab für die Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf beim Altersunterhalt befasst.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten um nachehelichen Altersunterhalt. Sie hatten im März 1995 geheiratet. Für den seinerzeit 58-jährigen Antragsteller war es die zweite, für die 54-jährige Antragsgegnerin die dritte Ehe. Die Parteien vereinbarten den Güterstand der Gütertrennung.

Der Antragsteller war seit August 1996 Rentner. Die Antragstellerin war während der Ehe nicht berufstätig und bezog seit September 2000 Altersrente.

Die Trennung der Parteien erfolgte im Juni 2006. Auf den im Oktober 2007 zugestellten Scheidungsantrag waren sie im vorliegenden Verfahren durch Verbundurteil geschieden worden. Gleichzeitig wurde der Versorgungsausgleich durchgeführt, durch den zu Lasten der vom Antragsteller bezogenen Versorgungen Rentenanwartschaften der Antragsgegnerin von insgesamt 43,20 EUR begründet wurden.

Das erstinstanzliche Gericht hat den Antragsteller zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von 542,80 EUR verurteilt und den Unterhalt von Beginn an gemäß § 1578b Abs. 1 BGB herabgesetzt. Auf die Berufung des Antragstellers und die Anschlussberufung der Antragsgegnerin hat das Berufungsgericht den Unterhalt bis zum 30.9.2010 auf 718,00 EUR festgesetzt und ab Oktober 2010 auf 443,00 EUR herabgesetzt.

Hiergegen wandten sich beide Parteien mit der Revision. Der Antragsteller begehrte weiterhin Abweisung der über monatlich 100,00 EUR hinausgehenden Klage, die Antragsgegnerin verfolgte ihren Unterhaltsanspruch i.H.v. monatlich 818,00 EUR weiter.

Die Rechtsmittel der Parteien führten zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

 

Entscheidung

In seiner Entscheidung hat der BGH zunächst ausgeführt, das OLG sei bei der Billigkeitsprüfung für die Begrenzung des Unterhalts zu Recht vom Vorliegen ehebedingter Nachteile aufseiten der Ehefrau aufgrund der Rollenverteilung während der Ehe ausgegangen, weil sie während der Ehe auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet und demzufolge auch keine Beiträge für ihre Altersversorgung geleistet habe. Zwar würden diese Nachteile in der Regel durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt würden (BGH, Urt. v. 16.4.2008 - XII ZR 107/06, FamRZ 2008, 1325 Tz. 42; v. 25.6.2008 - XII ZR 109/07, FamRZ 2008, 1508 Tz. 25).

Im vorliegenden Fall habe der Ehemann jedoch nur für einen geringen Teil der Ehezeit Anwartschaften erworben, so dass die Einbuße der Ehefrau bei ihrer Altersversorgung aufgrund der ehelichen Rollenverteilung durch den Versorgungsausgleich nur zu einem geringen Teil ausgeglichen worden sei und ihr darüber hinaus erhebliche ehebedingte Nachteile verblieben seien.

Zu Recht habe das OLG auch die weiteren Billigkeitsgesichtspunkte wie Ehedauer, vorausgegangene Biographie der Ehegatten und deren Vermögensverhältnisse in die Billigkeitsprüfung einbezogen. Die Würdigung des Berufungsgerichts bewege sich im Rahmen des tatrichterlichen Spielraums und sei nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich der Rechtsfolgen nach § 1578b BGB, die das Berufungsgericht aus den von ihm herangezogenen Gesichtspunkten abgeleitet habe, halte das Berufungsurteil einer rechtlichen Überprüfung jedoch nicht stand.

Das OLG sei davon ausgegangen, dass der Unterhaltsanspruch stets zu begrenzen sei, wenn keiner der in der Vorschrift angeführten Billigkeitsgründe entgegenstehe. Diese Auffassung lasse sich mit der in § 1578b BGB getroffenen gesetzlichen Regelung nicht vereinbaren.

Ebenso wie beim Krankheitsunterhalt (BGH, Urt. v. 17.2.2010 - XII ZR 140/08, FamRZ 2010, 629 Tz. 28 f. m.w.N.) könne auch beim Altersunterhalt nur auf das Einkommen abgestellt werden, das der Berechtigte ohne Kinder und Kindererziehung nach seinem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zur Verfügung hätte. Bei Rentnern könne demnach regelmäßig nur auf das Renteneinkommen abgestellt werden, das hätte erzielt werden können, wenn die Erwerbstätigkeit fortgesetzt worden wäre. Begrenzt sei die Herabsetzung auf das hypothetische Renteneinkommen ohne ehebedingte und nicht vom Versorgungsausgleich erfasste Versorgungsnachteile. Allerdings dürfe der herabgesetzte Unterhaltsbedarf das Existenzminimum von derzeit monatlich 770,00 EUR nicht unterschreiten.

Im Übrigen wies der BGH darauf hin, dass neben der Herabsetzung auch eine Befristung hätte geprüft werden müssen, die auch bei verbliebenen ehebedingten Nachteilen nicht generell auszuschließen sei.

 

Hinweis

In dieser Entscheidung hat der BGH noch einmal klargestellt, dass sowohl die Herabsetzung als auch die Befristung des Unterhaltsanspruchs nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellt, so dass nicht zu prüfen ist, ob einer Befristung oder Herabsetzung Billigkeitsgründe entgegenstehen, sondern vielmehr, ob die fortdauernde unbeschränkte Unterhaltsverpflichtung unbillig wäre.

Im Übrigen hat der BGH in...

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