Leitsatz

Das OLG Dresden hat sich in dieser Entscheidung mit der Befristung/Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nach 32-jähriger Hausfrauenehe auseinandergesetzt. Gegenstand der Entscheidung war ferner die Dreiteilung des Bedarfs nach erneuter Eheschließung des Unterhaltsverpflichteten.

 

Sachverhalt

Geschiedene Eheleute stritten um nachehelichen Ehegattenunterhalt. Sie waren 32 Jahre verheiratet und seit August 2004 geschieden. Im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens hatten sie sich darauf verständigt, dass der Kläger an die Beklagte Unterhalt i.H.v. 1.540,00 EUR monatlich nebst Krankenvorsorgeunterhalt und Beiträgen zur Pflegeversicherung zahlt. Die Beklagte lebte nach der Scheidung im ehelichen Einfamilienhaus. Seit dem 1.6.2005 war sie Altersrentnerin und bezog Rente i.H.v. 848,52 EUR monatlich. Seit November 2005 lebte sie nicht mehr in der ehemaligen Ehewohnung, sondern auf Mallorca in einer Mietwohnung.

Der Kläger war nichtselbständig in gehobener Position tätig und erzielte zwischen 110.000,00 EUR und 130.000,00 EUR brutto jährlich.

Er erhob Abänderungsklage mit dem Ziel einer Herabsetzung des Unterhalts, da die Beklagte nunmehr durch die Rentenbezüge über eigenes Einkommen verfüge.

Das FamG hat der Klage nur zu einem geringen Teil stattgegeben und den Kläger zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages i.H.v. 1.342,04 EUR verurteilt sowie festgestellt, dass die Verpflichtung zur Leistung von Krankenvorsorgeunterhalt entfällt.

Gegen dieses Urteil wandten sich der Kläger mit der Berufung und die Beklagte mit der Anschlussberufung.

Der Kläger berief sich darauf, dass im Hinblick auf die inzwischen geänderte Rechtsprechung des BGH auch seine neue Ehefrau in die Bedarfsberechnung einzustellen sei. Eigenes Erwerbseinkommen erziele sie nicht. Ferner wandte er sich gegen die Einschätzung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach Renteneinkünfte der Beklagten, die aus dem Versorgungsausgleich resultierten, bei der Berechnung des Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen seien. Diese Rente beruhe bereits auf seinen Leistungen. Es könne ihm daher nicht zugemutet werden, den Unterhalt der Beklagten quasi ein zweites Mal bezahlen zu müssen.

Im Übrigen sei der Unterhaltsanspruch der Beklagten wegen der seit dem 1.1.2008 geltenden Neuregelung des Gesetzes zu befristen. Ehebedingte Nachteile habe sie nicht erlitten.

Die Beklagte vertrat die Auffassung, die geänderte Rechtsprechung des BGH zur Dreiteilung des Gesamteinkommens bei erneuter Heirat des Unterhaltsverpflichteten sei erst vom 1.1.2008 an anwendbar, weil bis zu diesem Zeitpunkt sie in jedem Fall ggü. der neuen Ehefrau des Klägers vorrangig gewesen sei. Die Rechtsmittel beider Parteien hatten nur teilweise Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG bejahte einen Anspruch der Beklagten gegen den Kläger auf Zahlung nachehelichen Ehegattenunterhalts aus § 1573 BGB. Dabei folgte es für den Zeitraum vom 1.6.2005 bis zum 31.7.2008 im Wesentlichen der Begründung des erstinstanzlichen Urteils mit der Einschränkung, dass die Rente der Beklagten voll in die Bedarfsbemessung einzustellen sei.

Ab August sei der geänderten Rechtsprechung des BGH zur Bemessung des nachehelichen Unterhalts bei Wiederverheiratung zu folgen und die Ehefrau des Klägers in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen. Eine Befristung des Unterhalts kam nach Auffassung des OLG nicht in Betracht.

Die Rente der Beklagten sei insgesamt bedarfsprägend, und zwar unabhängig davon, ob sie aus dem Versorgungsausgleich herrühre oder auf ihren selbst erworbenen Anwartschaften beruhe. Die Rentenansprüche der Beklagten stellten das Surrogat für ihren Beitrag, die Haushaltsführung in der Ehe, dar.

Die Unterhaltsberechnung erfolge für die Zeit bis einschließlich Juli 2008 nach den in der angegriffenen familienrechtlichen Entscheidung angewandten Grundsätzen, ab August 2008 im Wege der Dreiteilung des Bedarfs entsprechend der geänderten Rechtsprechung des BGH in der Entscheidung vom 30.7.2008 (FamRZ 2008, 1911 ff.).

Eine geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung könne zu einer Abänderung der Unterhaltsverpflichtung stets nur für den nachfolgenden Zeitraum führen, nicht für einen Zeitraum, der vor der Rechtsprechungsänderung liege. Dies sei auch vom BGH in ständiger Rechtsprechung so entschieden worden (BGH FamRZ 2003, 848 (851); 2007, S. 793 (796)).

Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs komme nicht in Betracht. Die gebotene Abwägung der beiderseitigen Belastungen und Lebensumstände der Parteien führe zu dem Ergebnis, dass eine fortdauernde Unterhaltsverpflichtung des Klägers nicht unbillig sei. Die Parteien seien 32 Jahre lang verheiratet gewesen. Die Beklagte habe praktisch ihr gesamtes Erwachsenenleben als Ehefrau an der Seite des Klägers verbracht und sei während der gesamten Zeit nicht erwerbstätig gewesen, sondern habe sich um Haushalt und Kindererziehung gekümmert. Diese Arbeitsteilung während der Ehe habe dem traditionellen Bild der Hausfrau und Mutter in den alten Bundesländern entsprochen und im Übrigen auf einer übereinstimmenden ...

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