Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war primär die Frage, ob schon vor Rechtskraft der Ehescheidung nachehelicher Unterhalt wirksam angemahnt werden und der Unterhaltsverpflichtete sich auf fehlenden Verzug berufen kann, wenn er die Unterhaltsberechtigte im Hinblick auf die von ihm gewünschte schnelle Scheidung davon abhält, nachehelichen Unterhalt im Verbundverfahren geltend zu machen.

Ferner ging es um die Frage, ab wann die Jahresfrist des § 1585b Abs. 3 BGB zu berechnen ist, wenn das Gericht erst mehr als acht Monate nach dessen Einreichung über ein Prozesskostenhilfegesuch entscheidet.

 

Sachverhalt

Bereits vor der Ehescheidung der Parteien am 10.2.2004 war der Beklagte von der Klägerin mit außergerichtlichen Schreiben vom 24.10.2003 und 2.12.2003 zur Zahlung nachehelichen Unterhalts aufgefordert worden. Mit weiterem Schreiben vom 20.1.2004 ließ die Klägerin dem Beklagten mitteilen, der Scheidungstermin am 10.2.2004 sei nur dann sinnvoll, wenn der Beklagte sich bereit erkläre, nachehelichen Unterhalt in bestimmter Höhe an sie zu zahlen.

Zu einer Einigung der Parteien vor dem Ehescheidungstermin kam es nicht mehr. Gleichwohl machte die Klägerin ihren Anspruch auf Zahlung nachehelichen Unterhalts nicht im Verbundverfahren geltend, da der Beklagte so rasch wie möglich geschieden werden wollte und die Parteien sich aus diesem Grunde mündlich darauf geeinigt hatten, die Frage des nachehelichen Unterhalts nach der Scheidung regeln zu wollen.

Mit Schreiben vom 29.6.2004 wurde der Beklagte zur Auskunftserteilung über seine Einkünfte aufgefordert. Er kam dieser Aufforderung nicht nach unter Hinweis darauf, dass die Zweijahresfrist noch nicht verstrichen sei, bot jedoch an, ab sofort nachehelichen Unterhalt i.H.v. 210,00 EUR monatlich zu zahlen.

Dieses Angebot lehnte die Klägerin mit Schreiben vom 14.1.2005 ab und forderte den Beklagten auf, ab Januar 2005 nachehelichen Unterhalt in Höhe von 446,63 EUR zu zahlen.

Eine außergerichtliche Einigung kam nicht zustande. Die Klägerin ließ über ihre Prozessbevollmächtigten am 19.6.2005 einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage auf nachehelichen Unterhalt einreichen. Sie fügte ein ausgefülltes Formular über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen und eine Klageschrift bei, in der sie rückständigen nachehelichen Unterhalt für die Zeit von März 2004 bis Juni 2005 i.H.v. insgesamt 5.231,30 EUR sowie laufenden Unterhalt ab Juli 2005 i.H.v. monatlich 326,95 EUR verlangte

Nach mehrfacher Erinnerung entschied das erstinstanzliche Gericht erst mit Beschluss vom 9.2.2006 über die Prozesskostenhilfe. Der Klägerin wurde PKH für den Antrag auf Zahlung laufenden nachehelichen Unterhalts, nicht jedoch für den rückständigen Unterhalt bewilligt, da es insoweit an einer Inverzugsetzung des Beklagten fehle.

Gegen diesen Beschluss legte die Klägerin sofortige Beschwerde ein, der das erstinstanzliche Gericht insoweit abhalf, als Prozesskostenhilfe für rückständigen nachehelichen Unterhalt für die Zeit von April 2005 bis Juni 2005 bewilligt wurde. Im Übrigen half es der Beschwerde unter Hinweis darauf nicht ab, dass die Mahnung vom 20.1.2004 vor der Ehescheidung und damit vor Fälligkeit des nachehelichen Unterhalts erfolgt sei.

Mit weiterem Nichtabhilfe- und Hinweisbeschluss vom 21.7.2006 lehnte das erstinstanzliche Gericht weitere Abhilfe mit der Begründung ab, eine wirksame Inverzugsetzung sei auch nach Rechtskraft des Scheidungsurteils nicht erfolgt, insbesondere auch nicht durch das Scheiben vom 29.6.2004, welches keine Leistungsaufforderung enthalte.

Die Beschwerde wurde sodann dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

Sie hatte dort teilweise Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG bejahte die Erfolgsaussicht der Klage insoweit, als die Klägerin rückständigen Unterhalt für die Zeit ab dem 10.6.2004 verlangte. Es teilte unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BGH die Auffassung des AG, dass eine vor Rechtskraft der Scheidung und damit vor Entstehung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs ausgesprochene Mahnung einen Verzug nicht begründen könne, weil der in Anspruch genommene nach der Rechtslage eine solche Mahnung missachten dürfte (BGH FamRZ 1992, 920 ff.; 921).

Dem Beklagten sei es allerdings verwehrt, sich ggü. dem Anspruch auf rückständigen Unterhalt auf das Fehlen einer formalen Inverzugsetzung zu berufen. Eine Berufung hierauf sei als treuwidrig anzusehen, da er bereits am 20.1.2004 über die Höhe des geltend gemachten nachehelichen Unterhalts sowie die Absicht, einen Verbundantrag im Ehescheidungstermin zu stellen, in Kenntnis gesetzt worden sei und im Scheidungstermin zum Zwecke der schnellen Durchführung des Scheidungsverfahrens eine Vereinbarung mit der Klägerin getroffen worden sei, die Frage des nachehelichen Unterhalts solle später geregelt werden.

Der Beklagte könne nicht einerseits die Klägerin unter Hinweis auf sein Interesse an einer schnellen Scheidung an der Einreichung eines Verbundantrages hindern und andererseits sich zu ihren Ungunsten au...

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