Leitsatz

Nach der Rechtsprechung des BGH scheidet eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts aus, wenn die Bedürftigkeit auf ehebedingte Einkommenseinbußen zurückzuführen ist. Krankheitsbedingte Erwerbseinschränkungen haben vielfältige Ursachen, durch die sich ein allgemeines Lebensschicksal verwirklicht, so dass allein der Ausbruch der Krankheit in der Ehe einer Befristung des Unterhaltsanspruchs nicht entgegensteht.

Der BGH hatte sich in seiner Entscheidung mit einer möglichen Begrenzung oder Befristung des Krankheitsunterhalts auseinanderzusetzen.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten um den nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab Februar 2007. Sie hatten im Jahre 1972 geheiratet. Die Klägerin war seinerzeit 16 Jahre alt und von dem Beklagten schwanger. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor, von denen nur die jüngste im Jahre 1987 geborene Tochter noch unterhaltsbedürftig war.

Die Klägerin war nach einer im Jahre 1989 diagnostizierten Darmkrebserkrankung seit 1993 als zu 100 % schwerbehindert eingestuft und bezog eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Daneben erzielte sie Einkünfte aus einer geringfügigen Erwerbstätigkeit.

Der Beklagte erzielte als Beamter Nettoeinkünfte i.H.v. 2.601,28 EUR. Zu addieren war eine Steuererstattung. Für eine Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeitzusatzversicherung zahlte der Beklagte ursprünglich monatlich 302,16 EUR. Dieser Beitrag stieg ab Juli 2007 auf monatlich 317,27 EUR.

Ferner zahlte er noch Unterhalt an die jüngste unterhaltsberechtigte Tochter der Parteien und Beiträge für eine weitere Lebensversicherung i.H.v. 52,02 EUR seit September 2007. Schließlich zahlte er Monatsraten auf einen Bausparvertrag i.H.v. 75,00 EUR.

Die Ehe der Parteien wurde im Jahre 1998 geschieden. Mit Rücksicht auf die Unterhaltspflicht des Beklagten ggü. den gemeinsamen Kindern machte die Klägerin zunächst nachehelichen Unterhalt nicht geltend. Erst nach weitgehendem Wegfall der Verpflichtung zur Leistung von Kindesunterhalt nahm die Klägerin den Beklagten auf Krankheitsunterhalt in Anspruch. Der Beklagte wehrte sich insbesondere unter Berufung auf die Begrenzungs- und Befristungsmöglichkeiten des neuen Rechts gegen seine unbefristete Inanspruchnahme.

Das AG hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das OLG der Klage in geringerem Umfang stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für die Zeit ab dem 20.2.2007 Unterhalt in wechselnder Höhe, zuletzt für die Zeit ab Januar 2008 i.H.v. monatlich 103,00 EUR zu zahlen. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs hat es abgelehnt.

Gegen das Berufungsurteil richtete sich die zugelassene Revision des Beklagten, mit der er nach wie vor Klageabweisung begehrte. Die Klägerin verfolgte mit ihrer Anschlussrevision das Ziel der Realisierung eines höheren Unterhaltsanspruchs.

Im Ergebnis blieb das Rechtsmittel des Beklagten ohne Erfolg, das Rechtsmittel der Klägerin hingegen führte im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

 

Entscheidung

Der BGH hat eine Begrenzung der Befristung des Krankheitsunterhaltsanspruchs der Klägerin abgelehnt.

Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt sei nach § 1578b Abs. 2 S. 1 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts sei vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten seien, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Wie schon nach der Rechtsprechung des BGH zu § 1573 Abs. 5 BGB a.F. (BGH, Urt. v. 12.4.2006 - XII ZR 240/03, FamRZ 2006, 1006, 1007) schränkten solche ehebedingten Nachteile regelmäßig auch nach der Neufassung des § 1578b BGB die Möglichkeit einer Befristung und Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ein (BGH, Urt. v. 6.4.2008 - XII ZR 107/06, FamRZ 2008, 1325, 1328).

Solche Nachteile könnten sich nach § 1578b Abs. 1 S. 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Im vorliegenden Fall komme der nachehelichen Solidarität der Ehegatten besondere Bedeutung zu. Die Klägerin habe sich seit ihrer Schulzeit und weit über den Zeitpunkt ihrer Krebserkrankung hinaus allein für die Ehe der Parteien und Erziehung und Betreuung der Kinder eingesetzt. Sie habe wegen der frühen Schwangerschaft eine Berufsausbildung nicht absolvieren können und die vier gemeinsamen Kinder betreut und erzogen. Dies begründe ein besonders wichtiges Vertrauen in den Unterhaltsanspruch, dem kein berechtigtes Vertrauen des Beklagten in den Wegfall des Unterhaltsanspruchs ggü. gestanden habe, weil die Krankheit der Klägerin lange vor der Trennung eingetreten und diagnostiziert worden sei.

Bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs hat der BGH darauf hingewiesen, dass auch der Un...

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