Leitsatz

Der BGH hat sich in dieser Entscheidung primär mit den Voraussetzungen für die Befristung des Krankheitsunterhalts auseinandergesetzt. Es ging dabei insbesondere um die Frage, inwieweit bei der Billigkeitsprüfung die Fälle zu beachten sind, in denen Krankheitsunterhalt vom Sozialhilfeträger aus übergegangenem Recht geltend gemacht wird.

 

Sachverhalt

Der Sozialhilfeträger nahm den ehemaligen Ehemann auf Zahlung rückständigen und laufenden Krankheitsunterhalt für die geschiedene Ehefrau aus übergegangenem Recht nach § 94 SGB XII in Anspruch. Die geschiedene Ehefrau litt seit Jahrzehnten an Depressionen und bezog schon während des Ehescheidungsverfahrens Sozialhilfe. Der bei der Scheidung im Jahre 1995 achtjährige Sohn blieb bei seinem Vater, der auch das Sorgerecht erhielt. Seit der Ehescheidung war die Ehefrau auch weiterhin sozialhilfebedürftig. Der Ehemann leistete Unterhalt entsprechend seiner Leistungsfähigkeit. Für den Zeitraum ab Ende 2005 stritten die Parteien über die Höhe des Unterhalts und die Befristung nach neuem Unterhaltsrecht.

Das erstinstanzliche Gericht verurteilte den geschiedenen Ehemann zur Zahlung rückständigen und laufenden Unterhalts. Das Berufungsgericht hat den Unterhalt bis Dezember 2008 befristet und das erstinstanzliche Urteil im Übrigen bestätigt. Hiergegen richteten sich die Revisionen beider Parteien.

 

Entscheidung

Die Rechtsmittel beider Parteien hatten keinen Erfolg. Der BGH bestätigte im Wesentlichen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, das den Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau bis Dezember 2008 auf einen Zeitraum von rund 14 Jahren nach Ehescheidung und einem Jahr nach Inkrafttreten der gesetzlichen Befristungsmöglichkeit festgesetzt hatte.

Die Ehefrau sei bei Zustellung des Ehescheidungsantrages erst 38 Jahre alt gewesen und die Ehe habe bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages nur 9 1/2 Jahre gedauert. Vor diesem Hintergrund sei es für die Ehefrau zumutbar, sich mit dem Wegfall des Unterhalts abzufinden, durch den auch keine unangemessene Benachteiligung der öffentlichen Hand bewirkt werde. Auch wenn im Fall einer Unterhaltsversagung sich eine eintretende oder erweiterte Sozialhilfebedürftigkeit ergebe, schließe dies eine Befristung des Unterhalts nicht notwendig aus. Das Gesetz nehme durch die Möglichkeit der Befristung auch des Krankheitsunterhalts in Kauf, dass der Unterhaltsberechtigte infolge der Unterhaltsbefristung sozialleistungsbedürftig und damit die Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten durch eine staatliche Verantwortung ersetzt werde.

Eine weitergehende Begrenzung kam nach Auffassung des BGH nicht in Betracht, weil der auf den Sozialhilfeträger übergegangene Unterhalt nicht über dem angemessenen Unterhaltsbedarf gelegen habe, der zumindest mit dem Existenzminimum zu bemessen sei. Der Ehemann könne dagegen dem Sozialhilfeträger als neuen Gläubiger des Unterhaltsanspruchs den Befristungseinwand gemäß §§ 412, 404 BGB entgegenhalten. Dies gelte auch dann, wenn er auf künftigen Unterhalt in Anspruch genommen werde und die Befristung erst in der Zukunft greife.

Anderenfalls würde sich die Rechtsstellung des Unterhaltspflichtigen durch den gesetzlichen Anspruchsübergang ohne sachlichen Grund verschlechtern. Ein Rechtsnachteil erwachse dem Unterhaltsberechtigten dadurch nicht, zumal die Befristung für ihn keine Rechtskraftwirkung entfalte, was dann bedeutsam werde, wenn der Sozialhilfebezug ende. Ebenso wie das Berufungsgericht ging auch der BGH davon aus, dass die Ehefrau ehebedingte Nachteile nicht erlitten hatte. Allerdings könne die Versorgung des Unterhaltsberechtigten durch einen Sozialhilfeträger kein Grund für eine Befristung sein, sondern sei lediglich bei der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen.

Auf einen Vergleich mit der Versorgungslage des Unterhaltsberechtigten unter Einbeziehung von Sozialleistungen dürfe nicht abgestellt werden, da dies darauf hinausliefe, einen Unterhaltsanspruch eher zu befristen, wenn er das Sozialhilfeniveau nicht erreiche. Dies widerspreche der gesetzlich vorgeschriebenen Nachrangigkeit der Sozialhilfe gemäß §§ 2, 94 SGB XII. Im Rahmen der Billigkeitsabwägung sei nicht nur auf die Ehedauer und das Alter der Ehefrau bei Zustellung des Scheidungsantrages abzustellen, sondern insbesondere auf die Gestaltung der Haushaltsführung, auf die Erwerbstätigkeit sowie auf die Erziehung des gemeinsamen Kindes. Da die Ehefrau schon in den ersten Ehejahren und seither fortwährend krank gewesen sei, habe dem Ehemann das Sorgerecht für den seinerzeit achtjährigen Sohn übertragen werden müssen. Die Betreuung des Sohnes zusätzlich zu einer Erwerbstätigkeit habe ihn stark belastet. Darüber hinaus habe er allein für den Barunterhalt des Sohnes aufkommen müssen.

Auch vor diesem Hintergrund sei die vom OLG vorgenommene Befristung des Unterhalts auf einen Zeitraum von rund 14 Jahren nach der Scheidung nicht zu beanstanden.

 

Hinweis

Für den Unterhaltspflichtigen entsteht kein Nachteil, wenn er aus übergegangenem Recht...

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