Normenkette

§ 14 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 1004 BGB

 

Kommentar

1. Eine vereinbarte Regelung der Gemeinschaftsordnung, nach der es dem Teileigentümer eines Kellers gestattet ist, "diesen ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu gewerblichen Zwecken oder zu Wohnzwecken zu nutzen", beinhaltet auch die Verpflichtung der übrigen Wohnungseigentümer, die zur Herbeiführung einer solchen Nutzung erforderlichen und vom Teileigentümer insoweit veranlassten Maßnahmen, einschließlich baulicher Veränderungen des Gemeinschaftseigentums, zu dulden.

Dazu gehört auch die Anbringung eines Briefkastens (mit oder ohne Klingelanlage) an der Hauseingangstüre und im vorliegenden Fall auch entsprechende Leitungsverlegung in einem verkleideten Kabelkanal.

Bestehen allerdings mehrere Möglichkeiten der Gestaltung, brauchen die übrigen Eigentümer eine Lösung, die ihre Belange in vermeidbarer Weise wesentlich mehr beeinträchtigt als eine andere, nicht hinnehmen; insoweit steht ihnen ein Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB zu.

2. Im vorliegenden Fall war im Anschluss an vorausgegangene rechtskräftige Entscheidung des LG die Gemeinschaftsordnung so auszulegen, dass der Antragsgegner das Recht besaß, seine Kellerräume ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer zu gewerblichen Zwecken und grundsätzlich auch zu Wohnzwecken zu nutzen; insoweit sei die genannte Nutzung der Kellerräume ohne Einschränkungen oder Auflagen erlaubt (vgl. auch BayObLG, WE 1990, 134; NJWE-MietR 1997, 13). Zu den duldungspflichtigen Maßnahmen gehört auch (da allgemein üblich), dass die Eigentümer die Anbringung eines Briefkastens mit oder ohne Klingelanlage an der Hauseingangstüre einschließlich eines etwa erforderlichen Verbindungskabels zum Keller dulden müssen. Eine andere, weniger beeinträchtigende Lösung gab es im vorliegenden Fall nicht, so dass dieser auch nicht als verpflichtet angesehen werden konnte, die Klingelleitung unter Putz verlegen zu müssen (sondern in einem verkleideten Kabelkanal). Der Vortrag der Gegenseite, dass jeder Eigentümer, der einen Briefkasten mit oder ohne Klingelanlage für seinen Kellerraum anbringen wolle, die vorhandene, in eine Wandaussparung eingelassene integrierte Klingel- und Briefkastenanlage ausbauen und durch eine neue ersetzen müsse, sei aufgrund unverhältnismäßig hoher Kosten abzulehnen.

3. Auf Gegenantrag hin wurde die Gemeinschaft verurteilt, im Wege der Naturalrestitution die betreffenden Häuser wieder mit einem Briefkasten (in einem Fall mit Klingelanlage) versehen lassen zu müssen.

4. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswert in Dritter Instanz von DM 4000,-.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 13.03.1997, 2Z BR 8/97)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Selbst wenn nach Teilungserklärung einem Eigentümer gestattet ist, Kellerraum-Teileigentum (Gleiches gilt sicher auch für Hobbyräume oder Speicher) ohne Zustimmung der restlichen Eigentümer zu gewerblichen Zwecken oder zu Wohnzwecken nutzen zu dürfen, erscheint es mir doch nicht unbedenklich, eine solche Nutzungsgestattung nach ausdrücklichem Wortlaut einer Vereinbarung so weitgehend dahingehend auszulegen, dass damit auch jegliche bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums zur Erreichung dieses Nutzungszweckes gestattet seien bzw. allein mit der Einschränkung versehen werden müssten, dass bei mehreren Gestaltungsmöglichkeiten Eigentümer allein Lösungen nicht hinnehmen müssten, die ihre Belange in vermeidbarer Weise wesentlich mehr beeinträchtigten als andere zur Erreichung dieses Nutzungszweckes geringer einschneidende Maßnahmen. Bedenkt man, dass insbesondere aus behördlicher Genehmigungssicht kraft öffentlichen Rechts bei nachträglicher Um- und Ausbauabsicht oft ganz erhebliche Auflagen mit Eingriffen in die Substanz des Gemeinschaftseigentums erhoben werden (Fenstervergrößerung, Anböschung zur Verbesserung des Lichteinfallswinkels, Fäkalien-Hebeanlage, die Schaffung neuer Fluchtwege mit Außentreppen, Schaffung von Brandmauern usw.), entsteht bei alleiniger Vereinbarungsregelung wie im vorliegenden Fall die Problematik, wie weitgehend tatsächlich die restlichen Eigentümer zur Nutzungszweckerreichung solche gravierenden Veränderungsmaßnahmen des Gemeinschaftseigentums ebenfalls (sozusagen stillschweigend) hinzunehmen haben. Wie leicht wäre es zur Vermeidung von Auslegungsproblemen für die verantwortlichen Gestalter einer Teilungserklärung, eben auch ausdrücklich die Zustimmung zu solchen baulichen Veränderungen gleich von Anfang an in eine Teilungserklärungsvereinbarung ausdrücklich mitaufzunehmen, um nachfolgenden Auslegungsstreit zu vermeiden.

Ist - wie im vorliegenden Fall - vom Wortlaut her nur eine Nutzungsänderungsgestattung vereinbart, ist m.E. nicht ohne weiteres von stillschweigender Duldung so gut wie aller zur Erreichung des Zwecks erforderlicher Um- und Anbaumaßnahmen (baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums) auszugehen, auch dann nicht, wenn von mehreren Gestaltungsvarianten selbstverständlic...

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