Kurzbeschreibung

Muster aus: av.1724 Handbuch Kündigungsrecht, Pauly-Osnabrügge, 6. Aufl. 2024 (Deutscher Anwaltverlag)

Muster 43.5: Schreiben an die Rechtsschutzversicherung bei Verweigerung der außergerichtlichen Deckungszusage

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom _________________________. Mit diesem Schreiben haben Sie für die außergerichtliche Wahrnehmung der Interessen Ihres Versicherungsnehmers eine Deckungszusage leider abgelehnt.

Ihre Rechtsansicht, wonach Deckungsschutz für die außergerichtliche Tätigkeit nicht bestehe, teilen wir nicht.

Die Verweigerung der Deckungszusage für die außergerichtliche Interessenswahrnehmung begründen Sie damit, dass es sich nicht um notwendige Kosten handeln soll. Dieses Argument ist nicht nachvollziehbar. Im Einzelnen:

1.

Mit unserem Schreiben vom _________________________ haben wir ausdrücklich um die Erteilung einer Deckungszusage für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung gebeten. Die Erteilung haben Sie mit der Begründung verweigert, eine außergerichtliche Interessenwahrnehmung falle nicht unter den Versicherungsschutz, da sie unnötige Kosten verursache.

Dies ist unzutreffend. Nach § 17 Abs. 5c) cc) ARB 2010 hat der Versicherte alles zu vermeiden, was eine unnötige Kostenerhöhung verursachen könnte, soweit seine Interessen nicht unbillig beeinträchtigt werden. Unnötig sind dabei solche Maßnahmen, die sich als offensichtlich und auf den ersten Blick erkennbar als ungeeignet erweisen, in einem vernünftigen Verhältnis zwischen Aufwand und Erfolg zu stehen, die also mit hoher Wahrscheinlichkeit nur Kosten und keinen sinnvollen, vertretbaren und verhältnismäßigen Effekt für den Versicherten haben können. Dabei muss objektiv zu Beginn des Mandats ("Ex-ante-Betrachtung") beurteilt werden, ob durch die außergerichtliche Interessenwahrnehmung unnötige Kosten entstehen. Das wäre nur dann der Fall, wenn eine außergerichtliche, einvernehmliche Lösung von vornherein ausgeschlossen ist.

[ Eventuell, wenn die Voraussetzungen vorliegen :

Dies ist aber vorliegend nicht der Fall gewesen, zumal die Gegenseite _________________________ (Begründung z.B. durch Vorlage einer Abwicklungsvereinbarung) bereits Einigungsbereitschaft signalisiert hatte.]

a)

Die vorstehend genannte Klausel ist im Übrigen bereits wegen eines Verstoßes gegen das in § 307 BGB normierte Transparenzgebot unwirksam. Am 15.7.2009 ist beim Bundesgerichtshof – IV ZR 352/07 – ein Anerkenntnisurteil zur Frage der Abrechenbarkeit der außergerichtlichen Geschäftsgebühr im Arbeitsrecht ergangen. In der mündlichen Verhandlung erläuterte der Vorsitzende des IV. Zivilsenats, dass entsprechende Klauseln in den ARB wegen Verstoßes gegen § 307 BGB nichtig seien. Bereits mit der Terminsnachricht hatte der Senat rechtliche Hinweise erteilt (s. hierzu Kallenbach, AnwBl 11/2009, 784):

"Die dem Versicherungsnehmer aufgegebene Obliegenheit, "… soweit seine Interessen nicht unbillig beeinträchtigt werden, … cc) … alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte", ist möglicherweise wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot und das Leitbild der §§ 6, 62 VVG a.F. nach § 307 BGB unwirksam…."

b)

Dessen ungeachtet zeigt das Verfahren Ihres Versicherungsnehmers deutlich, dass unsere außergerichtliche Tätigkeit notwendig und nicht offensichtlich ungeeignet war, einen sinnvollen Effekt herbeizuführen. Nach Ausspruch der Kündigung sind wir an die Arbeitgeberin Ihres Versicherungsnehmers herangetreten und haben sie aufgefordert, sich arbeitsvertragsgerecht zu verhalten und die Kündigung für gegenstandslos zu erklären. Ferner wurde auch eine Fortführung unter geänderten Arbeitsbedingungen angeboten. Dieser außergerichtliche Einigungsversuch entspricht richtiger und ständiger anwaltlicher Beratung und ist dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses förderlicher als die sofortige Erhebung der Kündigungsschutzklage. Ihr Versicherungsnehmer hat uns deshalb ausdrücklich beauftragt, mit seiner Arbeitgeberin vor der Erhebung einer Kündigungsschutzklage eine außergerichtliche Einigung zu suchen. Dass Ihr Versicherungsnehmer in einer solchen Situation nicht berechtigt sein soll, sich über seinen Bevollmächtigten an die Arbeitgeberin zu wenden, um Fortsetzungsmöglichkeiten des Arbeitsverhältnisses zu erörtern, beeinträchtigt seine Interessen unbillig.

Zum Zeitpunkt der Übernahme des Mandats war noch nicht absehbar, ob ein Kündigungsrechtsstreit in voller Länge geführt werden muss. Ihr Versicherungsnehmer hat uns ausweislich der beigefügten Vollmacht unmittelbar nach Zugang der Kündigung vom _________________________ mit der außergerichtlichen Streitbeilegung beauftragt, sodass wir noch nahezu die gesamte Drei-Wochen-Frist für unsere außergerichtlichen Einigungsbemühungen zur Verfügung hatten. Insbesondere gab es Anhaltspunkte für den Schluss, dass eine außergerichtliche Einigung möglich war.[10] So gab es bereits ein Angebot des Arbeitgebers Ihres Versicherungsnehmers für Vergleichsgespräche [andere mögliche Anhaltspunkte: Angebot auf Absc...

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