Kurzbeschreibung

Muster aus: av.1591 Anwaltformulare Verkehrsrecht, Tietgens-Nugel, 8. Aufl. 2020 (Deutscher Anwaltverlag)

Muster 11.25: Unzulässigkeit des selbstständigen Beweisverfahrens

Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Aufklärung des Unfallgeschehens ist nicht statthaft nach dem Maßstab des § 485 ZPO. Denn die Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 1 ZPO führt notwendig zu einer zeitlichen Bevorzugung des betroffenen Verfahrens vor allen anderen Verfahren, was wegen der Begrenztheit gerichtlicher Kapazitäten zu Lasten dieser anderen Verfahren geht. Eine solche Sonderbehandlung eines Verfahrens wäre nicht gerechtfertigt, wenn sie aus Gründen geschähe, die – wie bei dem Verblassen der Zeugenerinnerung durch Zeitablauf – für alle Verfahren gleichermaßen zutrifft. Zudem sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 485 Abs. 1 ZPO nicht zu großzügig auszulegen, weil der Umfang der Beweissicherung von einer gerichtlichen Erheblichkeitsprüfung nicht abhängt, d.h. im Wesentlichen in den Händen des Antragstellers liegt. Eine gerichtlich nicht kontrollierbare, letztlich entscheidungsunerhebliche Belastung eines Spruchkörpers mit selbstständigen Beweisverfahren verschärft jedoch den o.g. belastenden Effekt für die anderen Verfahren. Vor dem Hintergrund, dass erfahrungsgemäß nur die wenigsten Beweisantritte in Rechtsstreitigkeiten entscheidungserheblich sind, würde die Auffassung des Antragstellers zudem zu einer erheblichen und unnützen Mehrbelastung der Justiz führen, die in Zeiten knapper staatlicher Mittel nicht vertretbar ist (OLG München, Beschl. v. 29.7.2011 – 10 W 1226/11 – juris).

Zudem ist die Einvernahme von Zeugen und selbstverständlich die Anhörung der Parteien – zweckmäßigerweise in Gegenwart des unfallanalytischen Sachverständigen – vorrangig durchzuführen. Eine Nichtberücksichtigung der Parteibekundungen und Zeugenaussagen durch den Sachverständigen müsste zwingend zu einer weiteren, zumindest ergänzenden Begutachtung nach § 412 ZPO führen, so dass das vom Antragsteller angestrebte selbstständige Beweisverfahren weder zu einer Verfahrensbeschleunigung noch zu einer Kostenreduzierung führt (OLG München, Beschl. v. 29.7.2011 – 10 W 1226/11 – juris).

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