Leitsatz

Mithaftung des Verwalters bei Verlust der Instandhaltungsrücklage infolge spekulativer Vermögensanlage (hier: Arbitrage-Anlage im Ausland)

 

Normenkette

§ 27 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 4 WEG

 

Kommentar

  1. Auf Initiative des Verwaltungsbeiratsvorsitzenden (Geschäftsführer einer Vermögens-Treuhand GmbH) hatte eine Gemeinschaft einstimmig beschlossen, DM 100.000,- von der Instandhaltungsrücklage für eine Abitrage-Anlage zu verwenden. Nach Prüfung durch den Beirat wurde Einverständnis zu einer Geldanlage in der Schweiz erteilt und der Auftrag von den Beiratsmitgliedern gegengezeichnet. Der Beiratsvorsitzende verbürgte sich in Höhe eines Betrags bis zu DM 10.000,- für die vertragliche Verpflichtung "betreffend Kapitalanlage in Schweizer Franken". Da die Geldanlage nicht die erwartete Rendite erbrachte, beschloss die Gemeinschaft, den Beirat im Einvernehmen mit dem Verwalter zu einer weiteren Arbitrage-Anlage zu beauftragen, wobei die Anlage noch auf weitere DM 40.000,- aufgestockt wurde. Als die Gesamtanlage auf dem Schweizer Privatbankkonto 2 Jahre später nur noch knapp DM 80.000,- betrug, erging schriftlicher Beschluss des Verwaltungsbeirats, das Konto aufzulösen und in ein DM-Beteiligungskonto anzulegen und an eine Firma in L. zu überweisen. Ein Jahr später wies dieses Konto dann ein Guthaben von etwa DM 106.000,- aus. Daraufhin unterzeichnete der Verwalter für die Gemeinschaft und die Beiratsmitglieder als Treugeber mit einer neuerlichen Firma als Treuhänder einen Vertrag, mit dem Auftrag einer mindest 7-jährigen Vermögensverwaltung und hoher Verzinsung. Unter Beteiligung des Verwalters wurde dann das Guthaben an eine neuerliche Firma (Ltd) mit Sitz in den USA überwiesen. Als die Gemeinschaft Geldmittel für eine Sanierung der Dächer benötigte, gab ein Beiratsmitglied bekannt, dass die "langfristig angelegten Gelder" zum Jahresende gekündigt worden seien. Das Geld aus den USA konnte jedoch bis heute nicht wiederbeschafft werden. Ein Regressverfahren gegen ein Beiratsmitglied blieb zivilrechtlich erfolglos, da der Beirat inzwischen vermögenslos wurde; die gegen ihn eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungen wurden von der Staatsanwaltschaft eingestellt.

    Der Verwalter wurde nunmehr verurteilt, an die Gemeinschaft als Gesamtgläubigerin knapp € 24.000,- zu bezahlen; zugleich wurde festgestellt, dass er für ein Viertel des der Gemeinschaft zukünftig entstehenden Zinsschadens einzustehen habe, der "auf einer anderweitigen Finanzierung des infolge des Verlustes der Kapitalanlagen von über DM 106.000,- Kapitalbetrages entstanden ist".

  2. Auch der Senat bestätigte die Haftung des Verwalters: Beschließt die Wohnungseigentümerversammlung eine ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechende Art der Anlage des als Instandhaltungsrücklage angesammelten Kapitalbetrags, so kann den Verwalter gleichwohl eine Mithaftung für den Verlust der Anlage treffen, wenn er das Verlustrisiko der speziellen Anlage hätte erkennen müssen und gleichwohl weder die Eigentümerversammlung auf das bestehende Risiko hingewiesen noch seine Mitwirkung von einem gesonderten Beschluss der Eigentümerversammlung über die spezielle Anlage abhängig gemacht hat. Vorliegend war von einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwalters aus dem Verwaltervertrag auszugehen. Den Totalverlust des angelegten Kapitals hat er mitursächlich verschuldet. Pflichtgemäß hätte er sich verhalten, wenn er seine Mitwirkung an dem Abschluss des Treuhandvertrags verweigert hätte, der für den letzten Vertragsabschluss "mit Amerika" notwendig war. Auszugehen ist im vorliegenden Fall von einem 25 %igen Mitschuldanteil des Verwalters, während die Gemeinschaft das überwiegende Verschulden am Kapitalverlust trifft.
 

Link zur Entscheidung

OLG Celle, Beschluss vom 14.04.2004, 4 W 7/04OLG Celle v. 14.4.2004, 4 W 7/04 = NZM 11/2004, 426

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge