Leitsatz

Der Antragsgegner wurde auf Zahlung von Kindesunterhalt an zwei minderjährige Kinder aus seiner geschiedenen Ehe in Anspruch genommen. Als ungelernter Hilfsarbeiter bei einem Paketzustellerdienst erzielte er bei einer Arbeitszeit von monatlich 172 Stunden nach Abzug aller berücksichtigungsfähigen Aufwendungen Nettoeinkünfte von ca. 975,00 EUR monatlich, von denen noch berufsbedingte Fahrtkosten i.H.v. 132,00 EUR abzusetzen waren, so dass letztendlich ein Betrag von ca. 843,00 EUR verblieb, der unter dem notwendigen Selbstbehalt lag.

Der Antragsgegner lebte mit seiner Lebensgefährtin in deren Eigentumswohnung und beteiligte sich hälftig an deren anfallenden Kosten. Eine darüber hinausgehende Kostenersparnis hatte er nach seinen eigenen Bekundungen durch das Zusammenleben nicht.

Das erstinstanzliche Gericht hat den Antragsgegner verpflichtet, ab Januar 2010 für den Antragsteller zu 1) Kindesunterhalt i.H.v. monatlich 125,55 EUR und für die Antragstellerin zu 2) monatlich 105,49 EUR zu zahlen.

Hiergegen wandte sich der Antragsgegner mit der Beschwerde, die nur teilweise Erfolg hatte.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das Rechtsmittel des Antragsgegners führte in Abänderung des angefochtenen Beschlusses lediglich zu einer Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung für die Zeit von Januar bis einschließlich Mai 2010 und verblieb für den nachfolgenden Zeitraum ohne Erfolg.

Das OLG hat dem Antragsgegner ein fiktives Nettoeinkommen von 1.155,00 EUR zugerechnet.

Zwar sei ihm trotz der bestehenden gesteigerten Erwerbsobliegenheit gegenüber den minderjährigen Kindern nicht zumutbar, zusätzlich zu seiner Vollzeittätigkeit noch eine Nebentätigkeit aufzunehmen. Er sei jedoch verpflichtet gewesen, sich um eine besser bezahlte Arbeitsstelle zu bemühen, die ihn in die Lage versetzt hätte, jedenfalls den Mindestkindesunterhalt zahlen zu können. Er hätte sich nicht nur innerhalb der Paketzustellerbranche um eine besser bezahlte Arbeitsstelle bemühen müssen, sondern es wäre ihm auch zumutbar gewesen, seinen Beruf zu wechseln und körperlich anstrengende Arbeiten als ungelernter Hilfsarbeiter im Straßenbau oder als Lagerarbeiter auszuführen. In jedem Fall wäre er nach Auffassung des OLG in der Lage gewesen, auch ohne Berufsabschluss einer Tätigkeit nachzugehen, bei der er mindestens ein Nettoeinkommen von 1.155,00 EUR hätte erzielen können.

Den notwendigen Selbstbehalt hat das OLG wegen der Ersparnis aufgrund des Zusammenlebens mit seiner neuen Partnerin um 10 % abgesenkt. Dem stehe nicht entgegen, dass der Antragsgegner sich an den anfallenden Wohnkosten hälftig beteilige, da in einem Zweipersonenhaushalt regelmäßig geringere Kosten als in einem Einpersonenhaushalt anfielen.

 

Hinweis

Die Entscheidung des OLG Hamm zeigt erneut die deutliche Tendenz der Oberlandesgerichte auf, wonach sehr strenge Anforderungen an die Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsschuldners beim Unterhalt für minderjährige Kinder aufgestellt werden. In der Praxis hat dies zur Folge, dass es einem gegenüber minderjährigen Kindern Unterhaltspflichtigen nur selten gelingt, seine Leistungsunfähigkeit oder partielle Leistungsunfähigkeit beim Mindestunterhalt nachzuweisen. Häufig geht es beim Ansatz fiktiver Einkünfte um die Frage, ob ein arbeitsloser Unterhaltspflichtiger seine Bemühungen um eine Anstellung in ausreichendem Maße nachgekommen ist oder ob einem bereits vollschichtig Erwerbstätigen zusätzlich noch eine Nebentätigkeit zugemutet werden kann.

Die Entscheidung des OLG Hamm folgt der strengen Linie in der Rechtsprechung und geht von einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit des Antragsgegners aus, obgleich er eine vollschichtige Tätigkeit ausübt.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 25.05.2011, II-8 UF 6/11

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