Leitsatz

Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, ob auch zugunsten der Unterhaltsvorschusskasse der laufende Unterhalt minderjähriger Kinder in dynamisierter Form festgesetzt werden kann.

 

Sachverhalt

Das antragstellende Land NRW erbrachte für den minderjährigen Sohn des Antragsgegners laufend Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG).

Nachdem eine außergerichtliche Einigung über den Unterhalt nicht herbeigeführt werden konnte, beantragte das Land die Festsetzung von Kindesunterhalt gegen den Antragsgegner im vereinfachten Verfahren i.H.v. 100 % des Mindestunterhalts abzgl. des Kindergeldes i.H.v. 184,00 EUR für ein erstes Kind.

Nach Anhörung des Antragsgegners hat das AG den laufenden Unterhalt durch Beschluss durchgehend auf 317,00 EUR abzgl. des Kindergeldes i.H.v. 184,00 EUR festgesetzt. Festsetzung erfolgte auch für die Zeit ab Erreichen der zweiten Altersstufe. Dem weitergehenden Antrag hat es nicht entsprochen.

Das Land wandte sich mit der Beschwerde dagegen, dass das AG die Festsetzung des Unterhalts nicht in dynamisierter Form vorgenommen hatte.

 

Entscheidung

Das OLG bejahte die Zulässigkeit der Beschwerde nach §§ 58 ff., 256 FamFG.

Das Rechtsmittel hatte auch in der Sache Erfolg. Das OLG vertrat die Auffassung, das AG habe eine Festsetzung des Unterhalts zugunsten der Unterhaltsvorschusskasse in dynamisierter Form zu Unrecht abgelehnt.

Es verwies zunächst auf den hierzu bestehenden Meinungsstreit und verwies sodann auf die Entscheidung des BGH vom 28.5.2008 (FamRZ 2008, 1428), die die Frage der Zulässigkeit der Festsetzung der gesetzlichen Verzugszinsen im vereinfachten Verfahren zum Gegenstand gehabt und eine Festsetzung des Unterhalts als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalt für zulässig erachtet habe.

Nach Auffassung des OLG stand der Unterhaltsvorschusskasse ebenso wie dem unterhaltsberechtigten Kind selbst ein Wahlrecht zu, ob die Titulierung des zukünftigen Unterhalts in Prozentsätzen oder Festbeträgen erfolgen solle.

§ 7 Abs. 4 S. 1 UVG sei durch das Kindesunterhaltsgesetz zum 1.7.1998 in das UVG eingefügt worden. Die Bestimmung sei der Vorschrift des § 91 Abs. 3 S. 2 BSHG nachgebildet, welche wiederum bereits im Jahre 1993 eingefügt worden sei und damit zu einem Zeitpunkt, in dem es die Möglichkeit der Dynamisierung von Unterhaltstiteln noch nicht gegeben habe, da diese gerade erst mit der Neufassung des § 1612a BGB durch das Kindesunterhaltsgesetz geschaffen worden sei.

Der Begründung des Gesetzesentwurfs zu § 7 UVG lasse sich die Zielsetzung entnehmen, den Rückgriff zu erleichtern, indem die Klage auch auf zukünftige Leistungen ermöglicht werde. Angesichts dieser mit § 7 Abs. 4 S. 1 UVG vom Gesetzgeber verfolgten Zielsetzung erschien es dem OLG wenig überzeugend, der Unterhaltsvorschusskasse die mit demselben Gesetz eingeführte Möglichkeit der Geltendmachung in dynamisierter Form vorzuenthalten.

Ließe man die Titulierung des zukünftigen Unterhalts nur in Form eines Festbetrages in Höhe der bisher gezahlten monatlichen Sozialleistungen zu, müsse die Unterhaltsvorschusskasse, wenn der Schuldner nicht freiwillig den sich aus der - in den letzten Jahren jährlich erfolgenden - Erhöhung des Mindestunterhalts ergebenden höheren Unterhalt zahle, jeweils einen Antrag auf Abänderung der Festsetzungsentscheidung nach § 240 FamFG stellen. Diese Verfahrensweise wäre für Behörde und Gericht, aber auch für den Unterhaltsschuldner, mit einem Mehraufwand an Arbeit und Kosten verbunden, der außer Verhältnis zu den in Rede stehenden Streitwerten stünde und der auch keinen erkennbaren Vorteil aufseiten des Unterhaltsschuldners mit sich bringen würde.

Auch zugunsten der Unterhaltsvorschusskasse müsse daher eine Festsetzung des laufenden Unterhalts in dynamisierter Form möglich sein.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 04.10.2010, II-5 WF 151/10

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