Leitsatz

Eine gemäß dem Mietvertrag geleistete Vorauszahlung des Mietzinses in einem Einmalbetrag ist dem Erwerber des Mietobjektes gegenüber wirksam, wenn die Höhe des Mietzinses nicht nach wiederkehrenden Zeitabschnitten (etwa Monaten) bemessen ist.

 

Sachverhalt

Die Erwerber verlangen Nutzungsentschädigung von der in ihrer Eigentumswohnung wohnenden Mieterin. Mit schriftlichem Vertrag verpflichteten sich der ehemalige Eigentümer gegenüber der Mieterin, eine Eigentumswohnung zu erwerben, um der Mieterin für diese Wohnung ein "… lebenslängliches, unentgeltliches … schuldrechtliches Wohnungsrecht" (§ 2 des Vertrages) einzuräumen. Der monatliche Mietzins sollte 2.888 DM betragen. Weiterhin wurde vereinbart: "Das Wohngeld … trägt bis zum 31.12.1992 Herr S. Am 1.1.1993 hat Frau K. das Wohngeld … zu bezahlen. … Frau K. zahlt als Entgelt für das … Wohnungsrecht an Herrn S. einen Betrag in Höhe von 250.000 DM. …". Die Mieterin zahlte 250.000 DM und bezog die Wohnung. Im Januar 1994 wurde die Wohnung zwangsversteigert. Die Mieterin zahlt seit 1.1.1993 monatlich das Wohngeld an den Veräußerer, weigert sich aber, darüber hinaus ein Nutzungsentgelt in Höhe der ortsüblichen Miete an die Erwerber zu entrichten.

 

Entscheidung

Die Erwerber haben keinen Anspruch auf Nutzungsentgelt. Hinsichtlich des "unentgeltlichen Wohnungsrechtes" ist der notarielle Vertrag ein Mietvertrag: Die Vertragsparteien wollten gerade kein "Dauerwohnrecht" (§§ 31 ff. WEG) für die Mieterin bestellen, das der grundbuchrechtlichen Eintragung bedurft hätte (§ 873 Abs. 1 BGB). Ein Mietvertrag liegt dagegen vor, wenn sich jemand verpflichtet, den Gebrauch einer Sache gegen Entrichtung eines Entgeltes zu gewähren. Der Veräußerer hatte sich verpflichtet, der Mieterin den Gebrauch der zu erwerbenden Eigentumswohnung zu gewähren; die Mieterin verpflichtete sich, als Gegenleistung einmalig 250.000 DM zu bezahlen sowie ab 1. Januar 1993 das monatliche Wohngeld zu tragen. Die Bezeichnung als "Wohnungsrecht" ändert nichts an der rechtlichen Bewertung als Miete. Es ist hier - wegen der Zahlung von 250.000 DM - von der Vereinbarung eines Entgeltes für die Gebrauchsüberlassung auszugehen, obwohl das einzuräumende "schuldrechtliche Wohnungsrecht" als "unentgeltlich" bezeichnet wird. Die Einmalzahlung hindert die Einordnung als Miete auch nicht: Die gesetzliche Regelung (§ 551 BGB), wonach die Miete grundsätzlich am Ende der Mietzeit bzw. nach dem Ablauf einzelner Zeitabschnitte zu entrichten ist, unterliegt der Vertragsfreiheit. Die Parteien können vereinbaren, daß die Miete nicht in regelmäßigen zeitlichen Abständen bezahlt wird. Mit dem Erwerb der Mietwohnung sind die Erwerber kraft Gesetzes in das Mietverhältnis eingetreten (§ 571 BGB). Die Einmalzahlung in Höhe von 250.000 DM erfolgte auf die für die gesamte Mietdauer geschuldeten Miete - neben dem ab 1. Januar 1993 monatlich zu zahlenden Wohngeld. Damit wurde die Mietforderung erfüllt, der Anspruch erlosch. Das müssen die Erwerber gegen sich gelten lassen (§§ 571 BGB, 57 ZVG). Die Wirksamkeit dieser Zahlung wird gegenüber den Erwerber auch nicht auf die Zeit des Kalendermonats begrenzt, in welchem die Mieterin von der Beschlagnahme der Eigentumswohnung erfahren hatte. § 574 BGB findet keine Anwendung.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 05.11.1997, VIII ZR 55/97

Fazit:

Vereinbaren Vermieter und Mieter eine Vorauszahlung der Miete, wirkt diese Vereinbarung dem Erwerber der Wohnung gegenüber nur bis einschließlich einen Kalendermonat, nachdem der Mieter vom Erwerb Kenntnis erlangt hat (§ 574 BGB). Diese Regelung ist allerdings selbst bei periodischer - z.B. monatlicher - Bemessung des Mietzinses unanwendbar, wenn die Mietvorauszahlung zum Auf- oder Ausbau des Mietgrundstücks bestimmt war und auch bestimmungsgemäß eingesetzt wurde (BGH VIII ZR 145/65 = NJW 1967, 555 unter 2 m.w.N.). Sie gilt auch nicht, wenn die Vorauszahlung nicht zu diesem Zwecke bestimmt ist, der Mieter aber eine Einmalzahlung für die gesamte Mietdauer leistet. Es bleibt dann nämlich erst rückblickend beurteilt werden, welcher Anteil rechnerisch auf einen Monat entfällt.

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