Ist die Wesentlichkeitsgrenze von 20 % überschritten, liegt eine Mietpreiserhöhung gleichwohl nicht vor, wenn die Entgelte zur Deckung der laufenden Aufwendungen des Vermieters erforderlich sind. Der Begriff der laufenden Aufwendungen ist in § 5 WiStG nicht bestimmt. Heranzuziehen sind daher die für den sozialen Wohnungsbau entwickelten Vorschriften der II. Berechnungsverordnung, insbesondere die §§ 18 bis 20 II. BV. Hierunter fallen somit Eigen- und Fremdkapitalkosten, Betriebskosten, Kosten der Instandhaltung und -setzung, Verwaltungskosten, Abschreibung und Mietausfallwagnis.[1]

Zu den einzelnen Positionen ist Folgendes auszuführen:

  • Eigenkapitalkosten: Diese sind nicht nach dem Verkehrswert des Grundstücks und Gebäudes zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags, sondern im Fall der Herstellung des Wohnraums durch den Vermieter nach den Herstellungskosten und im Fall des entgeltlichen Erwerbs des Wohnraums durch den Vermieter nach den Erwerbskosten zu berechnen.[2] Diese Kosten sind anzusetzen in Höhe der marktüblichen Zinsen für erste Hypotheken.[3] Stichtag ist der Beginn des Mietverhältnisses.[4]
  • Fremdkapitalkosten: Hierfür sind die tatsächlich zu zahlenden Zinsen, nicht aber die Tilgung anzusetzen.
  • Abschreibung: 1 % der Baukosten.
  • Verwaltungs- und Instandhaltungskosten sowie Mietausfallwagnis.
 
Praxis-Beispiel

Zinsen als laufende Aufwendungen

Der Kaufpreis für eine 70 qm große Wohnung i. H. v. 200.000 EUR wurde zur Hälfte aus Fremdmitteln und zur Hälfte aus Eigenmitteln bestritten. Bei Zugrundelegung eines Zinssatzes i. H. v. 9,75 % für die Fremdmittel errechnet sich eine Zinsbelastung von 11,60 EUR pro qm pro Monat (9,75 % aus 100.000 EUR geteilt durch 70 qm, geteilt durch 12 Monate). Daneben sind für das aufgewendete Eigenkapital i. H. v. ebenfalls 100.000 EUR die fiktiven Eigenkapitalkosten mit dem Zinssatz für erste Hypotheken anzusetzen. Ausgehend von einem Zinssatz i. H. v. 9,25 % errechnen sich Eigenkapitalkosten i. H. v. 11,01 EUR pro qm und Monat (9,25 % aus 100.000 EUR geteilt durch 70 qm, geteilt durch 12 Monate). Zusammen mit den Zinsen für die Fremdmittel errechnet sich für die laufenden Aufwendungen des Vermieters – ohne Ansatz der Bewirtschaftungskosten – bereits ein Betrag i. H. v. 22,61 EUR pro qm und Monat. Der Vermieter kann sich jedoch nicht unbeschränkt auf die laufenden Aufwendungen berufen.

Durch das Vierte Mietrechtsänderungsgesetz (BGBl 1993 I S. 1257 ff.) ergeben sich hier mit Wirkung ab 1.9.1993 Einschränkungen. Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 WiStG darf die vom Vermieter geforderte Miete nicht in einem auffälligen Missverhältnis zur ortsüblichen Vergleichsmiete stehen. Von einem auffälligen Missverhältnis ist auszugehen, wenn die Wuchergrenze erreicht ist, also 50 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete.[5] Auf die Höhe der laufenden Aufwendungen kommt es in diesem Fall nicht mehr an.

Aber auch bei Altbauten ist die Kostenmiete zu ermitteln. Nach bisheriger Ansicht war für die Berechnung der fiktiven Eigenkapitalkosten der Verkehrswert der Wohnung bei Beginn des Mietverhältnisses maßgebend. Dem ist der BGH mit Rechtsentscheid vom 5.4.1995[6] entgegengetreten. Danach kommt es auch bei Altbauten auf die Herstellungskosten an, wenn der streitgegenständliche Wohnraum vom Vermieter hergestellt wurde, auch wenn dies mit Schwierigkeiten verbunden sein sollte. Nach Ansicht des Gerichts wird sich im Übrigen eine Feststellung der Herstellungskosten bei Altbauten aus der Vorkriegszeit regelmäßig erübrigen, da davon ausgegangen werden kann, dass sich unter Heranziehung der für den öffentlich geförderten Wohnungsbau geltenden Bestimmungen laufende Aufwendungen ergeben, die erheblich unter der Vergleichsmiete liegen. In Zukunft wird sich der Vermieter also in diesen Fällen und in Fällen des kostenfreien Erwerbs (z. B. Erbschaft oder Schenkung) nicht mehr auf die laufenden Aufwendungen berufen können.

Das OLG Stuttgart hat mit Rechtsentscheid vom 18.1.1990[7] entschieden, dass die vom gewerblichen Zwischenmieter, von dem im vorliegenden Fall die Endmieter einen Teil der Miete wegen Überhöhung zurückforderten, dem Eigentümer geschuldeten Mieten laufende Aufwendungen des Vermieters i. S. v. § 5 Abs. 1 Satz 3 WiStG sind, aber nur bis zur Höhe der laufenden Aufwendungen des Eigentümers. Die Zwischenvermietung soll nämlich nicht zu einer höheren Mietverpflichtung des Endmieters führen als bei der Miete direkt vom Eigentümer.

Umstritten ist, ob ein Vermieter, der eine modernisierungsbedürftige Wohnung erworben und die Modernisierung auf eigene Kosten durchgeführt hat, die hierfür entstehenden fiktiven Eigenkapitalkosten sowie eine um den Wert der Modernisierung erhöhte Abschreibung und ein erhöhtes Umlagenausfallwagnis bei der Berechnung der laufenden Aufwendungen berücksichtigen kann. Der II. Strafsenat des KG Berlin[8] hat dies abgelehnt. In einem Zivilrechtsstreit ist dem KG Berlin diese Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt worden. In diesem Fall hat das Gericht entschieden, dass laufende Aufwendungen...

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