2.5.1.1 Zugriff des Vermieters

Grundsätzlich fungiert der Vermieter als Treuhänder im Hinblick auf die Kaution und auch die Zinsen. Ein Zugriff auf die Kaution ist dem Vermieter ausschließlich dann möglich, wenn er einen Anspruch gegen seinen Mieter hat. Dieser Anspruch muss aber aus dem Mietverhältnis selbst resultieren. Der Vermieter kann nicht etwa einen Zugriff auf die Kaution mit einer Aufrechnung mit Forderungen rechtfertigen, die ihre Grundlage nicht im Mietverhältnis haben.[1]

 
Praxis-Beispiel

Schadensersatzanspruch wegen Autoremplers

Bei dem Vermieter handelt es sich um einen Wohnungseigentümer, der Eigentümer zweier Wohnungen in einer Wohnanlage ist. Eine Wohnung bewohnt er selbst, die andere hat er vermietet. Die beiden zu den Wohnungen gehörenden Tiefgaragenstellplätze liegen nebeneinander. Beim Öffnen der Tür seines Autos beschädigt der Mieter das benachbarte Auto des Vermieters. Dieser darf wegen des Schadens nicht auf die Kaution zugreifen. Sein Schadensersatzanspruch resultiert nämlich nicht aus dem Mietverhältnis, sondern nur anlässlich des Mietverhältnisses.

Greift der Vermieter zu Unrecht auf die Kaution zu, kann er sich der Untreue nach § 266 StGB strafbar machen.

Unbestrittene Forderung

Die zum Zugriff auf die Kaution berechtigende Forderung des Vermieters muss ihren Ursprung im Mietverhältnis haben. Ein Zugriff auf die Kaution kommt wegen der treuhänderischen Bindung auch nur dann in Betracht, wenn es sich um eine unbestrittene Forderung handelt.

 
Praxis-Beispiel

Kein Rückgriff auf Kaution wegen Mietminderung

Während des Mietverhältnisses kommt es zu Mängeln an der Mietsache. Der Mieter mindert daher entsprechend die Miete. Zum Ausgleich der aus Vermietersicht zu Unrecht gekürzten Miete greift er auf die Kaution zu.

Dieser einfache Weg ist dem Vermieter versperrt. Er ist nicht berechtigt, die Kautionssumme während des laufenden Mietverhältnisses wegen Mietrückständen in Anspruch zu nehmen, die auf einer Minderung des Mieters beruhen. Ein derartiges Vorgehen widerspricht dem Treuhandcharakter der Mietkaution.

Der Vermieter kann sich eine entsprechende Befugnis auch nicht im Mietvertrag einräumen. Die Bestimmung des § 551 Abs. 4 BGB verbietet insoweit abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters.

Die Mietkaution dient jedenfalls nicht dazu, dem Vermieter eine Verwertungsmöglichkeit zum Zweck schneller Befriedigung behaupteter Ansprüche gegen den Mieter während des laufenden Mietverhältnisses zu eröffnen.

Gemäß § 551 Abs. 3 Satz 3 BGB hat der Vermieter die ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme getrennt von seinem Vermögen anzulegen. Mit der Pflicht zur treuhänderischen Sonderung der vom Mieter erbrachten Kaution wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses auch in der Insolvenz des Vermieters ungeschmälert auf die Sicherheitsleistung zurückgreifen kann, soweit dem Vermieter keine gesicherten Ansprüche zustehen.[2] Diese Zielsetzung würde unterlaufen, wenn der Vermieter die Mietkaution bereits während des laufenden Mietverhältnisses auch wegen streitiger Forderungen in Anspruch nehmen könnte.[3] Das Sicherungsbedürfnis des Vermieters wird dadurch nicht beeinträchtigt, denn die zu seinen Gunsten vereinbarte Sicherheit bleibt ihm erhalten.

 

Wiederauffüllungsanspruch des Mieters

Greift der Vermieter im laufenden Mietverhältnis zu Unrecht auf die Kaution zu, hat der Mieter nach den Bestimmungen der §§ 280 Abs. 1, 551 BGB Anspruch auf Wiederauffüllen der Kaution gegen den Vermieter.

Zulässiger Zugriff auf Kaution

Stets kann der Vermieter freilich auf die Kaution zugreifen, wenn sein Mieter hiermit einverstanden ist. Weiter kann der Vermieter dann auf die Kaution zugreifen, wenn seine Forderung unstreitig oder gerichtlich tituliert ist. Ob eine Verwertung auch möglich ist, wenn die Forderung des Vermieters offensichtlich auf Vertragsverletzungen des Mieters beruht, ist zwar nicht definitiv geklärt, dürfte aber angesichts der maßgeblichen BGH-Rechtsprechung[4] wohl zu verneinen sein.[5] Für den Bereich der Gewerberaummiete wird eine Zugriffsmöglichkeit für den Fall bejaht, in dem sich der Mieter mit der Zahlung fälliger Vermieterforderungen in Verzug befindet.[6]

 
Praxis-Beispiel

Gründe für einen Zugriff auf die Kaution

  • Bestehen Mietrückstände des Mieters, die dieser mit einer Mietminderung begründet, kann der Vermieter nicht auf die Kaution zugreifen. Er muss vielmehr Zahlungsklage erheben.
  • Gleicht der Mieter den Saldo einer formell ordnungsmäßigen Betriebskostenabrechnung nicht aus und erhebt er auch innerhalb der Einwendungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB keine Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abrechnung, kann der Vermieter zum Ausgleich der Mieterverbindlichkeit auf die Kaution zugreifen. Erhebt der Mieter Einwendungen, darf er es nicht.
  • Beschädigt der Mieter etwa die Wohnungseingangstür und sagt er die Übernahme der Reparaturkosten zu, so kann der Vermieter auf die Kaution zugreifen, wenn der Mieter nach Zahlungsaufforderung die Reparaturkosten nicht ausgleicht.

Kautionszugriff...

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