Leitsatz

Erfüllt eine Mietwohnung nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für preisgebundenen Wohnraum, so ist die vertragliche Vereinbarung der Wohnungspreisbindung mit der Berechtigung des Vermieters zur einseitigen Erhöhung der Kostenmiete nach § 557 Abs. 4, § 558 Abs. 6 BGB unwirksam. Eine Vereinbarung der Kostenmiete ist nur wirksam, wenn die Einhaltung der Kostenmiete danach lediglich eine weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit der Mieterhöhung gemäß § 558 BGB sein soll. (amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB § 557

 

Kommentar

Der Eigentümer eines im Jahr 1900 errichteten Altbaus hatte die Wohnungen in den siebziger Jahren saniert und hierfür öffentliche Mittel in Anspruch genommen. Die Mietverträge enthielten in der Folgezeit u. a. folgende Klausel:

"Die Wohnung ist öffentlich gefördert, mit Mitteln des II. WoBauG errichtet und zweckbestimmt für Sozialwohnung § 17. Die Wohnung ist preisgebunden."

Eine der Wohnungen wurde im November 2002 zu einer monatlichen Grundmiete von 359,07 EUR vermietet. Im Mai 2003 hatte der Vermieter die Miete nach § 10 WoBindG um 10,11 EUR erhöht. Im April 2004 erfolgte eine weitere Mieterhöhung um 23,73 EUR. Der Mieter zahlte zunächst die erhöhte Miete, nahm aber im Jahr 2005 den Vermieter auf Rückzahlung der Erhöhungsbeträge in Anspruch. Der Mieter vertrat die Ansicht, dass die Erhöhungserklärungen unwirksam sind, weil die Wohnung in Wirklichkeit nicht preisgebunden sei.

Der BGH hat zu Gunsten des Mieters entschieden: Nach § 10 WoBindG kann der Vermieter die Kostenmiete durch einseitige Erklärung erhöhen. Dies setzt voraus, dass die Wohnung öffentlich gefördert wurde (§ 1 WoBindG). Werden öffentliche Mittel für die Sanierung von Altbauwohnungen gewährt, gilt diese Maßnahme nur dann als öffentliche Förderung i. S. d. §§ 1,10 WoBindG, wenn die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 S. 2 des II. WoBauG vorliegen (§§ 1 WoBindG, 50 WoFG, 6 Abs. 1 des II. WoBauG). Nach § 17 Abs. 1 S. 2 des (mittlerweile aufgehobenen) II. WoBauG gilt der Umbau von bestehenden Wohnungen nur dann als Maßnahme der öffentlichen Förderung, wenn die Räume "infolge Änderung der Wohngewohnheiten nicht mehr für Wohnzwecke geeignet sind" und zur Herstellung eines zeitgemäßen Standards ein "wesentlicher Bauaufwand" erforderlich ist. Diese Tatbestandsvoraussetzung ist vom Zivilgericht festzustellen. An die Bewertung der Maßnahme durch die Bewilligungsstelle ist das Gericht nicht gebunden; deshalb liegt auch dann preisfreier Wohnraum vor, wenn die Bewilligungsstelle irrig von einer förderungsfähigen Maßnahme ausgegangen ist (LG Berlin, GE 1994, 929).

In dem Ausgangsfall hat das Landgericht festgestellt, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 S. 2 des II. WoBauG nicht vorgelegen haben. Das Landgericht hat die einseitige Mieterhöhung gleichwohl für wirksam erachtet. Die Parteien hätten vertraglich vereinbart, dass Mieterhöhungen nach dem Verfahren im sozialen Wohnungsbau durchzuführen sind. Der Mieter erleide hierdurch keine Nachteile; deshalb sei eine solche Vereinbarung wirksam.

Der BGH teilt diese Ansicht nicht. Die Voraussetzungen einer Mieterhöhung sind für preisfreien Wohnraum in § 558 BGB geregelt. Eine abweichende Vereinbarung zum Nachteil des Mieters ist unwirksam (§ 558 Abs. 6 BGB). Nach § 558 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Vermieter Zustimmung zur Mieterhöhung verlangen. Wird vereinbart, dass der Vermieter zu einer Mieterhöhung durch einseitige Erklärung berechtigt sein soll, liegt hierin eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung. Diese Abweichung ist für den Mieter nachteilig. Ist die Berechtigung des Vermieters zur Mieterhöhung zweifelhaft, so kann der Mieter von preisfreiem Wohnraum abwarten, ob und in welcher Höhe er zur Zustimmung verurteilt wird. Der Mieter einer preisgebundenen Wohnung hat diese Möglichkeit nicht, weil eine wirksame Mieterhöhung nach § 10 WoBindG eine sofortige Zahlungspflicht begründet. Zahlt der Mieter nicht, setzt er sich der Gefahr einer Kündigung aus (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB); hierin liegt ein erhebliches Risiko. Davon abgesehen ist es keineswegs sicher, dass die Kostenmiete immer niedriger als die ortsübliche Miete ist, zumal es bei der Kostenmiete weder Wartefristen noch eine Kappungsgrenze gibt. Bei dieser Rechtslage kann eine dem Mieter vorteilhafte Vereinbarung nur dann angenommen werden, wenn die Einhaltung der Kostenmiete lediglich eine weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit der Mieterhöhung gemäß § 558 BGB sein soll.

Hinweis

Der BGH weist darauf hin, dass die Rückforderung von Erhöhungsbeträgen treuwidrig sein kann, wenn der Mieter die Mieterhöhungen jahrelang vorbehaltlos gezahlt hat. Ein solcher Fall war vorliegend aber nicht gegeben.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 7.2.2007, VIII ZR 122/05

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