2.1 Bildung von Berufsausübungsgesellschaften

Seit der sog. großen BRAO-Reform, die am 1.8.2022 in Kraft getreten ist, sind Anwälte in Berufsausübungsgemeinschaften nicht mehr nur auf

  • Patentanwälte,
  • Steuerberater,
  • Steuerbevollmächtigte,
  • Wirtschaftsprüfer und
  • vereidigte Buchprüfer beschränkt (§ 59a BRAO a. F.),

sondern können sich darüber hinaus verbinden mit:

  • ausländischen Angehörigen von Rechts- und Patentanwaltsberufen, die sich in Deutschland niederlassen könnten,
  • ausländischen Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern, die sich mit deutschen Kollegen zusammenschließen könnten sowie
  • mit Personen freier Berufe nach § 1 Abs. 2 PartGG, z. B. Ärzten, Zahnärzten, Krankengymnasten, jedenfalls dann, wenn die Unabhängigkeit als Organ der Rechtspflege im Einzelfall gewahrt bleibt (§ 59c BRAO).

Während in der Vergangenheit ein Zusammenschluss von Rechtsanwälten und nicht-anwaltlichen Mediatoren untersagt war, ist dies also nun möglich. Darüber hinaus ergeben sich v.a. durch die Aufnahme der freien Berufe in § 59c BRAO zahlreiche weitere Kombinationsmöglichkeiten.

Der Schutzzweck der alten restriktiven Regelung lag darin, das Mandatsgeheimnis besonders gut zu schützen. Auch wollte man den Anwaltsberuf, der mit besonderer Verschwiegenheit, Aussageverweigerungsrechten und Beschlagnahmeverboten verbunden ist, nicht mit anderen Berufen mischen, in denen das nicht so ist. Hieran ändert die neue Offenheit natürlich nichts. Das Mandatsgeheimnis ist weiterhin zu wahren und zu schützen.

 
Hinweis

Absicherung der anwaltlichen Berufspflichten in Mischformen

Den Sicherheitsaspekten in Misch-Sozietäten wird dadurch Rechnung getragen, dass die Berufsausübungsgesellschaft selbst Träger von Berufspflichten ist. Dementsprechend können berufsrechtliche Maßnahmen gegen sie ergriffen werden, wenn entweder eine Leitungsperson gegen Berufspflichten verstößt oder die Verstöße der Gesellschaft wegen unzureichender Organisations- und Aufsichtsmaßnahmen zurechenbar sind.

Zudem wird die zugelassene Berufsausübungsgesellschaft Mitglied der Rechtsanwaltskammer. Damit werden auch die nicht-anwaltlichen Mitglieder der Geschäftsführung der Berufsausübungsgesellschaft an die anwaltlichen Berufspflichten gebunden und unterliegen der Berufsaufsicht der Rechtsanwaltskammer (§§ 59 f, j, 60 BRAO).

Seit dem 1.8.2022 kann im Rechtsanwaltsregister jede Berufsausübungsgesellschaft und deren Zusammensetzung nach Gesellschaftern und Berufsgruppen nachgelesen werden (§ 31 BRAO).

2.2 Anwaltliche Begleitung in die Mediation

Für den anwaltlichen Parteivertreter ist insbesondere § 2 Abs. 4 MediationsG von Bedeutung. Danach können Dritte nur mit Zustimmung aller Parteien in die Mediation einbezogen werden. Sind die Parteien anwaltlich vertreten, bedeutet dies, dass eine anwaltliche Begleitung in den Mediationssitzungen nur mit Zustimmung aller anderen Medianten möglich ist. Gemeinhin dürfte dies jedoch eine Fragestellung mit überschaubarer Relevanz sein, da die anwaltlich beratene Konfliktpartei im Zweifel schon die Entscheidung über den Eintritt in die Mediation in Abstimmung mit ihrem Anwalt trifft und es bei der Vereinbarung des Mediationsverfahrens zur Voraussetzung gemacht werden kann, dass dieses unter anwaltlicher Beteiligung erfolgt. Genauso gut können sich die Streitparteien aber auch – trotz bereits bestehender anwaltlicher Vertretung – für den Eintritt in das Mediationsverfahren ohne ihre Anwälte entscheiden. Im Sinne einer Waffengleichheit und zur Förderung des Mediationserfolgs sollte der personelle Auftritt auf beiden Seiten gleich sein.

2.3 Vorbefassung des Mediators mit dem Fall in anderer Funktion

Besondere Bedeutung für den als Parteiberater tätigen Mediator hat § 3 des MediationsG. Dort wird dem Mediator zunächst die Pflicht auferlegt, den Parteien alle Umstände zu offenbaren, die seine Unabhängigkeit und Neutralität beeinträchtigen könnten. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen der Vorschrift für einen Schiedsrichter, die sich in § 1036 Abs. 1 Satz 1 ZPO findet. Liegen Umstände vor, die zur Beeinträchtigung der Unabhängigkeit und Neutralität führen, soll dies die Tätigkeit als Mediator jedoch nicht schlichtweg unmöglich machen. Vielmehr wird eine Dispositionsbefugnis der Parteien insofern eingeräumt, als dass bei deren ausdrücklicher Zustimmung die nach eigener Einschätzung befangene Person gleichwohl die Rolle des Mediators übernehmen kann.

 
Wichtig

Befangener Anwalt-Mediator darf nicht tätig werden

Für den Anwalt-Mediator stellt sich die Frage, wie dies im Verhältnis zu § 43a BRAO und ggf. § 356 StGB zu betrachten ist. § 43a Abs. 4 BRAO, der dem Rechtsanwalt die Vertretung widerstreitender Interessen verbietet, schützt für die Parteien nicht disponible Rechtsgüter: Das individuelle Vertrauensverhältnis zum Mandanten, die Wahrung der Unabhängigkeit des Rechtsanwalts sowie das Gemeinwohl in Gestalt der Rechtspflege.[1] Dies bedeutet, dass ein Anwalt an der Übernahme eines Mandates, das einen Interessenkonflikt mit sich bringt, immer gehindert ist und zwar auch dann, wenn allseits die Zustimmung zur Übernahme des Mandats erteilt wird. Das Mediationsgesetz nimmt da...

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