Leitsatz

Wanddurchbrüche zwischen zwei Wohnungen, die zum Verlust der Abgeschlossenheit (§ 3 Abs. 2 WEG) oder einem der Teilungserklärung widersprechenden Zustand führen, stellen nicht schon deshalb einen für die anderen Wohnungseigentümer nicht hinnehmbaren Nachteil dar. Wird eine tragende, in Gemeinschaftseigentum stehende Wand durchbrochen, so ist ein nicht hinnehmbarer Nachteil allerdings erst dann ausgeschlossen, wenn kein wesentlicher Eingriff in die Substanz des Gemeinschaftseigentums erfolgt, insbesondere keine Gefahr für die konstruktive Stabilität des Gebäudes und dessen Brandsicherheit geschaffen worden ist.

 

Fakten:

Der Eigentümer zweier benachbarter Wohnungen hatte eine diese abgrenzende Trennwand durchbrochen und eine Verbindungstür eingebaut, um entsprechend der Genehmigung der Eigentümergemeinschaft in beiden Wohnungen eine Steuerberaterkanzlei zu betreiben. Ein anderer Wohnungseigentümer begehrt nun die Beseitigung des Mauerdurchbruchs. Ein derartiger Beseitigungs- bzw. Wiederherstellungsanspruch würde nun voraussetzen, dass diesem Wohnungseigentümer durch den Mauerdurchbruch ein über das unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil erwächst.

Diese Frage war aufgrund einer entsprechenden Vorlage des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom BGH zu entscheiden. Die bayerischen Richter sind jedenfalls der Auffassung, der Beseitigungsanspruch bestehe nicht. Allein die Tatsache, dass die Herstellung eines Mauerdurchbruchs zwischen zwei Wohnungen zum Verlust der Abgeschlossenheit führe, begründe für die übrigen Wohnungseigentümer keinen über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehenden Nachteil. Dies gelte auch dann, wenn von dem Mauerdurchbruch eine tragende Wand betroffen sei, solange jedenfalls der Durchbruch nach den Regeln der Baukunst und unter Beachtung der statischen Anforderungen erfolge.

Demgegenüber sind das Kammergericht Berlin, das OLG Köln sowie das OLG Zweibrücken der Auffassung, allein, dass durch die Wandöffnung die Abgeschlossenheit der betroffenen Wohnungen aufgehoben würde und damit ein der Teilungserklärung und § 3 Abs. 2 WEG widersprechender Zustand geschaffen werde, stelle einen für die übrigen Wohnungseigentümer nicht hinnehmbaren Nachteil dar.

Der BGH hat sich in seiner Entscheidung nun der Argumentation des BayObLG angeschlossen. Der Verlust der Abgeschlossenheit der betreffenden Wohnungen stellt noch keinen erheblichen Nachteil für die übrigen Wohnungseigentümer dar. In diesem Zusammenhang ist nämlich zu berücksichtigen, dass bereits nach den Bestimmungen des WEG nicht jede Baumaßnahme die auch unter Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen oder aber die Teilungserklärung durchgeführt wird, Ansprüche der übrigen Wohnungseigentümer begründen soll. Denn auch andere eigenmächtig am Gemeinschaftseigentum vorgenommene änderungen sind nach §§ 22 Abs. 1 Satz 2 WEG dann von sämtlichen Wohnungseigentümern hinzunehmen, wenn deren Rechte nicht über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbare Maß hinaus beeinträchtigt werden Weiter ist zu beachten, dass eine nachträgliche Aufhebung der Abgeschlossenheit sowohl Bestand als auch Umfang des in der Teilungserklärung ausgestalteten Wohnungseigentums unberührt lässt und auch nicht zu einer Unrichtigkeit des Grundbuchs führt. Darüber hinaus handelt es sich bei der Bestimmung des § 3 Abs. 2 WEG, wonach Sondereigentum nur eingeräumt werden soll, wenn die Wohnungen in sich abgeschlossen sind, lediglich um eine Sollvorschrift. Zweck dieser Bestimmung ist die eindeutige räumliche Abgrenzung der Sondereigentumsbereiche. Das Erfordernis der Abgeschlossenheit ist dabei aber nur auf den Schutz derjenigen Wohnungseigentümer gerichtet, deren Wohneinheiten durch die fehlende oder weggefallenen Trennung überhaupt berührt werden. Die Belange der übrigen Wohnungseigentümer werden durch eine räumliche Verbindung zweier Wohnungen jedoch nicht beeinträchtigt.

Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn eine tragende Mauer durchbrochen wird. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass hier keine Gefahr für die konstruktive Stabilität des Gebäudes und dessen Brandsicherheit geschaffen wird.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss vom 21.12.2000, V ZB 45/00

Fazit:

Diese Entscheidung ist nur konsequent, führt man sich vor Augen, dass auch die Vereinigung von Wohnungseigentumseinheiten selbst dann ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer zulässig ist, wenn die vom neugebildeten einheitlichen Sondereigentum erfassten Räume keine in sich abgeschlossene Gesamtwohnung bilden, sondern weiterhin getrennt bleiben.

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