Leitsatz

  • Wanddurchbrüche zum Zwecke der Verbindung zweier Wohnungen zumindest nicht allein aus Gründen des Widerspruchs zur Teilungserklärung nachteilig (BGH bestätigt die Rechtsmeinung des vorlegenden BayObLG, Beschluss v. 8.9.2000, Az.: 2Z BR 8/00)
  • Statik und Brandsicherheit dürfen jedoch nicht zu Gefährdungen führen
  • Glaubhafter, gegnerseits unwidersprochen gebliebener Vortrag eines Beteiligten kann im WE-Verfahren ohne Verletzung der Amtsermittlungspflicht zur Entscheidung führen
 

Normenkette

§ 3 Abs. 2 WEG, § 14 Nr. 1 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 890 BGB

 

Kommentar

1. Ein Eigentümer hatte hier 1995 die Trennwand seiner benachbarter Wohnungen im 1. OG durchbrochen und eine Verbindungstüre eingebaut; beide Wohnungen nutzte er im Anschluss daran als Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterkanzlei. Die Maßnahme wurde von der Gemeinschaft genehmigt, die Anfechtung von 2 weiteren Wohnungseigentümern blieb erfolglos.

Das neuerliche Antragsbegehren des Antragstellers (des Eigentümers einer im EG gelegenen Wohnung) kann hier weder auf einen Beseitigungsanspruch ( § 1004 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG, § 14 Nr. 1 WEG, § 22 Abs. 1 WEG) noch auf einen Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes aus den § 823 Abs. 1 BGB, § 249 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB, § 1004 BGB, § 249 BGB noch auf Schadenersatz nach Grundsätzen einer positiven Vertragsverletzung i.V.m. § 249 BGB gestützt werden.

2. Die Anspruchsdurchsetzung scheitert nicht bereits daran, dass in der Gemeinschaft der Antrag, den Mauerdurchbruch zu verschließen, abgelehnt wurde. Auf die umstrittene Frage, ob hier von einem anfechtbaren oder einem nicht der Anfechtung unterliegenden Nichtbeschluss oder Negativ-Beschluss auszugehen sei, komme es jedenfalls nicht an.

3. Unbegründet sind jedenfalls die Anträge auf Beseitigung und Wiederherstellung deshalb, weil nicht von einem Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG auszugehen ist. Ein Nachteil kann nicht bereits aus dem Umstand hergeleitet werden, dass durch die Baumaßnahme eine der Teilungserklärung und damit § 3 Abs. 2 WEG widersprechender Zustand geschaffen wurde. In solchen Fällen ist die Betroffenheit der übrigen Eigentümer im Einzelnen nachzuprüfen. Kein Nachteil ist es jedenfalls, wenn durch eine solche Wohnungsverbindung die ursprüngliche Abgeschlossenheit der Wohnungen nach § 3 Abs. 2 WEGentfallen sein sollte. Die nachträgliche Aufhebung der Abgeschlossenheit lässt den Bestand und dem Umfang des in der Teilungserklärung ausgestalteten Wohnungseigentums unberührt und führt auch nicht zur Unrichtigkeit des Grundbuchs. Zweck der Sollbestimmung des § 3 Abs. 2 WEG ist es lediglich, eine eindeutige räumliche Abgrenzung der Sondereigentumsbereiche untereinander sowie zum gemeinschaftlichen Eigentum zu gewährleisten und dadurch Streitigkeiten zu vermeiden, wie sie unter der Geltung des früheren Stockwerkeigentums als Folge unklarer Verhältnisse entstanden sind. Die subjektiven Rechte der restlichen Eigentümer werden durch eine die Abgeschlossenheit beseitigende, räumliche Verbindung zweier Wohnungen jedoch nicht beeinträchtigt. Insoweit besteht kein grundlegender Unterschied zur Rechtslage bei der Vereinigung mehrerer, in einer Hand befindlicher Wohnungseigentumsrechte; eine rechtliche Vereinigung ist nach heute h.M. analog § 890 BGB selbst dann ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer zulässig, wenn die vom neugebildeten einheitlichen Sondereigentum erfassten Räume keine in sich abgeschlossene Gesamtwohnung bilden, sondern weiterhin getrennt bleiben.

4. Auch eine erhöhte Nutzungsintensität ist kein das Maß des § 14 Nr. 1 WEG übersteigender Nachteil. Die Gefahr einer intensiveren Benutzung der vergrößerten Räumlichkeiten ist im vorliegenden Fall überdies nicht gegeben; dafür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Vielmehr wird in einem solchen Fall sogar das im Gemeinschaftseigentum stehende Treppenhaus geringer genutzt. Die Nutzung der Einheiten als Steuer- und Wirtschaftsberaterkanzlei war i.ü. bereits durch rechtskräftige Gerichtsentscheidung bestätigt.

5. Nicht entscheidend ist auch die Frage, ob der beanstandete Mauerdurchbruch an einer tragenden oder einer nicht tragenden Wand vorgenommen wurde. Nicht tragende Wände stehen hier im gemeinsamen Sondereigentum der Antragsgegner. Ging es demgegenüber um eine tragende, im Gemeinschaftseigentum stehende Wand, sind Zweifel der restlichen Eigentümer und Nachteilswirkungen erst dann ausgeschlossen, wenn der Eingriff keine Gefahr für die konstruktive Stabilität des Gebäudes und dessen Brandsicherheit erzeugt. Von solchen nachteiligen Auswirkungen war im vorliegenden Fall nach dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen nicht auszugehen.

6. Im echten Streitverfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Amtsermittlungspflicht des Gerichts durch die Darlegungs- und Förderungslast der Beteiligten begrenzt; sie besteht nur insoweit, als der Vortrag der Beteiligten und der i.ü. festgestellte Sachverhalt zu Ermittlungen Anlass gibt. Es ist in diesem Zusammenhang davon auszugehen, dass jeder Be...

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