Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch des Heimträgers auf Förderleistungen in der Form von Schuldendiensthilfe

 

Orientierungssatz

1. Pflegeheime haben Anspruch auf Förderleistungen in Form von Schuldendiensthilfe. Dabei ist die Anknüpfung der unterschiedlichen Förderungsmöglichkeiten alter und neuer Pflegeeinrichtungen an den Stichtag 1. 6. 1994 in § 8 Abs. 1 und 3 PflegeV-AG mit Verfassungsrecht, insbesondere mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, verfassungsgemäß.

2. Die Förderung der verschiedenen untereinander konkurrierenden Pflegeeinrichtungen muss so erfolgen, dass sie wettbewerbsneutral ist. Der vom Bundesgesetzgeber gewünschte Leistungswettbewerb unter den Leistungserbringern darf nicht beeinträchtigt werden.

3. Der Anspruch auf Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen besteht ohne Rücksicht darauf, ob es durch Einsatz von Kapitalreserven oder sonstiger Mittel gelingt, die Existenz des Betriebs aufrechtzuerhalten. Nach § 82 Abs. 2 SGB 11 dürfen Aufwendungen für die Bedienung des Kapitaldienstes nicht in der Pflegevergütung berücksichtigt werden. Sie können den Pflegebedürftigen lediglich gesondert berechnet werden. Das bedeutet für die Einrichtungen, die vor dem 1. 6. 1994 durch das Land gefördert wurden, einen Wettbewerbsnachteil und für die Pflegebedürftigen eine finanzielle Belastung, sodass es zur Inanspruchnahme von Sozialhilfe kommt. Daher soll in besonderen Härtefällen der Kapitaldienst durch das Land bedient oder abgelöst werden.

4. Nach der Rechtsprechung des BSG besteht eine Klagemöglichkeit auf Ausgleich der durch eine wettbewerbsverzerrende Förderung eingetretenen Nachteile in der Form von Schadensersatz- oder Folgenbeseitigungsansprüchen. Diese können im Verfahren nach dem SGG nicht verfolgt werden. Ein Amtshaftungsanspruch, resultierend aus einer Verletzung von Leistungspflichten, ist vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen, vgl. BSG, Urteil vom 28. März 2000 - B 8 KN 3/98 U R.

 

Normenkette

PflegeV-AG § 8 Abs. 1, 3, § 7; GG Art. 3; SGB XI § 82 Abs. 2-4, § 87a; SGG § 170 Abs. 2, § 131 Abs. 1 S. 3

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 22.11.2012; Aktenzeichen B 3 P 2/12 B)

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. Dezember 2001 wird abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 27. November 1997 rechtswidrig gewesen ist.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für alle Rechtszüge zu drei Vierteln zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob die Klägerin eine Förderleistung in Form einer Schuldendiensthilfe für die Investitionen zum Bau ihrer Pflegeeinrichtung in den Jahren 1992 bis 1994 beanspruchen kann.

Die Klägerin gehört als hundertprozentiges Tochterunternehmen zum Konzernverbund M. -K. AG, B., (vormals M. -K. GmbH).

Mit Vertrag vom 23. Juni 1992 erwarb die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die SWP ... GmbH, (nachfolgend: Erwerberin) von der Stadt T. ein Grundstück zum Preis von 2,2 Mio. DM, auf dem ein neues Alten- und Pflegeheim mit 120 Plätzen errichtet werden sollte. Zugleich sollten die an anderer Stelle bestehenden drei Alten- und Pflegeheime in der Stadt mit insgesamt 101 Pflegeplätzen geschlossen und deren Mitarbeiter von der Erwerberin übernommen werden. Mit dem Neubau sollte im September 1992 begonnen und das Gebäude nach einer Bauzeit von neun bis zwölf Monaten in Betrieb gesetzt werden.

Die Erwerberin verpflichtete sich u. a., dem Sozialamt der Stadt ein bevorzugtes Belegungsrecht einzuräumen.

Der Beklagte unterstützte seit 1991 den Bau von Altenheimen durch Zuschüsse von maximal 40 % der Investitionskosten (sog. altes Programm). Die Klägerin stellte beim Beklagten keinen Antrag auf Förderungsleistungen. Der Geschäftsführer der damaligen SWP ... GmbH führte in einem Schreiben vom 27. April 1992 an den Beklagten für die SWP der ... in Sachsen-Anhalt aus, es sei vorgesehen, die Herstellungskosten über die laufenden Pflegesätze zu finanzieren, sodass ein Baukostenzuschuss des Landes nicht mehr notwendig sei. Die Muttergesellschaft der Klägerin schloss mit dem Land als überörtlichem Träger der Sozialhilfe eine Rahmenvereinbarung über die Pflegesatzgestaltung aller ihrer SWP im Land Sachsen-Anhalt ab. Maßgebend war das Prinzip der Selbstkostendeckung (§ 3 der Rahmenvereinbarung), wobei auch Gebäudeabschreibungen und -mieten sowie marktübliche Finanzierungszinsen für die bis zur Höchstgrenze von 80 % der Investitionskosten erforderlichen Kapitalmarktmittel anzuerkennen waren. Die Rahmenvereinbarung galt ab 1. Januar 1992 und konnte von beiden Seiten mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden. Jährlich legten die Beteiligten in einer Entgeltvereinbarung die konkrete Höhe des Pflegesatzes pro Tag fest. Die Finanzierung der Pflegesätze erfolgte ganz überwiegend über die Sozialhilfe, da in den Pflegeheimen der M. -Gruppe ca. 95 % der Heimbewohner Sozialhilfebezieher waren.

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