Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. Miteigentumsanteil an einem Haus. Verwertbarkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Auch ein hälftiger Miteigentumsanteil an einer Immobilie stellt verwertbares Vermögen der oder des Leistungsberechtigten dar. Vergebliche Versuche durch Einschaltung eines Maklers einen Käufer für eine Immobilie zu finden, sprechen nicht gegen die Verwertbarkeit, wenn bei der Beauftragung des Maklers überhöhte Anforderungen an den zu erzielenden Kaufpreis gestellt wurden, die sich dann nicht realisieren ließen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 22.01.2018; Aktenzeichen B 14 AS 217/17 B)

 

Tenor

1. Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 13. April 2015 wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. September bis 31. Dezember 2007 als Zuschuss streitig.

Die am ... 1958 geborene Klägerin stand seit 14. August 2006 beim Rechtsvorgänger des Beklagten, der ARGE SGB II Mansfelder Land (nachfolgend einheitlich: Beklagter), im Leistungsbezug. Bei Erstantragstellung gab sie an, neben einer Kapitallebensversicherung bei der H.-M.Versicherung mit monatlichem Beitrag von 50 EUR (AG ..., Beginn 1. Oktober 2005, eingezahlt 550 EUR mit Kapitalabfindung von 11.741 EUR am 1. Oktober 2023), einer Riester-Rentenversicherung bei der H.-M. Versicherung mit monatlichem Beitrag von 10 EUR (LV ..., Beginn 1. Oktober 2005, eingezahlt 517,56 EUR zum Stand 31. Dezember 2005 und Rückkaufswert 2.521,53 EUR bei Vertragsende) und einen Bausparvertrag bei der LBS (Nr ... mit einem Kontostand von 178,94 EUR am 31. Dezember 2005 und monatlichen Zahlungen von 10 EUR) sowie zusammen mit ihrem getrenntlebenden Ehemann (im Folgenden: Ehemann) zu gleichen Teilen über ein Grundstück in L. E., B ..., zu verfügen. Dieses ist 250 m² groß und mit einem Reihenhaus mit einer Wohnfläche von 110 m² bebaut. Die Klägerin gab an, dass es zum Verkauf stünde und legte einen Makler-Allein-Vertrag vor, gültig vom 1. November 2005 bis 1. November 2006 mit einer Kaufpreisforderung von 50.000 EUR. Mit Schreiben vom 11. Oktober 2006 teilte der Makler mit, dass das Hausgrundstück nicht habe verkauft werden können, da die Kaufpreisforderung zu hoch gewesen sei. Danach erfolgten für ca. zwei Jahre keine Verkaufsbemühungen. Der Ehemann der Klägerin versuchte einen Kredit zu erhalten, um der Klägerin den geschätzten Anteil am Haus in Höhe von 10.000 EUR auszahlen und das Haus selbst bewohnen zu können. Aufgrund von wiederholter Arbeitslosigkeit des Ehemannes gelang die Kreditaufnahme nicht. Die W. Bausparkasse erklärte sich mit Angebot vom 14. Januar 2008 zur Darlehensgewährung bereit, wenn der Ehemann u.a. nachweise, dass er keinen Unterhalt zu zahlen habe. Dem stimmte die Klägerin nicht zu und verzichtete nicht auf ihren Unterhalt. Im Weiteren versuchte die Klägerin im Rahmen des Scheidungsverfahrens einen neuen Makler-Allein-Auftrag zu vergeben. Auch weitere Verkaufsversuche mit geringeren Verkaufsvorstellungen, wie z.B. dem Verkaufspreis von 20.000 EUR, scheiterten. Wegen der Einzelheiten des Ablaufs wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte Band I sowie der Gerichtsakte, insbesondere des Protokolls der mündlichen Verhandlung (Blatt 169 bis 170) Bezug genommen.

Nachdem der Beklagte zunächst Leistungen als Zuschuss gewährte, bewilligte er mit Bescheid vom 6. März 2007 unter Anrechnung von Einkommen Leistungen i.H.v. monatlich 186,88 EUR als Darlehen für den Zeitraum vom 1. März bis 30. Juni 2007. Zur Begründung gab er an, dass die Klägerin nachgewiesen habe, dass der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von grundsätzlich zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich sei oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde.

Am 29. Mai 2007 stellte die Klägerin einen Fortzahlungsantrag für den hier streitgegenständlichen Zeitraum und gab an, monatlich über Einkommen aus einer Berufsunfähigkeitsrente der Deutschen Rentenversicherung über 463,62 EUR ab 1. Juli 2007 und aus Unterhalt über 48,57 EUR sowie Erwerbseinkommen im Juli und August 2007 zu verfügen. Hierauf bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 3. Juli 2007 Leistungen i.H.v. monatlich 188,77 EUR für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2007 als Zuschuss.

Mit Bescheid vom 2. August 2007 nahm der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen vom 3. Juli 2007 ab dem 1. September 2007 ganz zurück. Zur Begründung führte er aus: Der aufzuhebende Bescheid sei nicht korrekt gewesen, denn die Bewilligung hätte gemäß § 9 Abs. 4 SGB II darlehensweise erfolgen müssen. Nach § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) dürfe ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise...

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