Revision eingelegt

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschmelzung. keine notwendige tatsächliche Änderung der Verhältnisse. Wehrdienstbeschädigung. Heimweg. Verkehrsunfall. Vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs. rechtskräftiges Strafurteil. Bindung der Sozialgerichte. keine Anwendbarkeit der Rechtsprechung zur Gesetzlichen Unfallversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein so genannter Abschmelzungsbescheid nach § 48 Abs. III Satz 1 SGB X kann auch ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ergehen, wenn ein Feststellungsinteresse besteht. Dieses liegt vor bei der Feststellung der Befugnis, laufende Leistungen künftig abschmelzen zu dürfen.

2. Der Schutzbereich des SVG erfasst auch Unfälle auf dem Heimweg von dem Wehrdienst zum Heimatort. Der Versorgungsschutz kann entfallen bei Verfolgung eines wehrdienstfremden Zweckes.

3. Eine rechtskräftige Verurteilung wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, welche zu der gesundheitlichen Schädigung geführt hat, ist für die Annahme eines wehrdienstfremden Zweckes regelmäßig bindend (Anschluss an die Rechtsprechung des 9. Senates des BSG, Urt. v. 11. Oktober 1994, – 9 RV 8/94 –).

4. Die Rechtsprechung des 2. Senates des BSG zum Recht der gesetzlichen Unfallversicherung bei vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs auf dem Weg zur Arbeitsstelle (BSG, Urt. v. 04. Juni 2002, – B 2 U 11/01 R –) ist auf das Recht der Soldatenversorgung nicht übertragbar

 

Normenkette

SGB X § 48 Abs. 3 S. 1; SVG § 81 Abs. 4 S. 1 Nr. 2; StGB § 315c Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1

 

Verfahrensgang

SG Magdeburg (Aktenzeichen S 1 VS 12/98)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.12.2004; Aktenzeichen B 9 VS 1/04 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob das beklagte Land zu Recht die Rechtswidrigkeit eines Bescheides über die Anerkennung von Schädigungsfolgen nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) festgestellt hat, und ob dem Kläger ein Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem SVG zusteht.

Der am … 1972 geborene Kläger hat den Beruf eines Gas- und Wasserinstallateurs erlernt. Er leistete ab dem 01. April 1992 den gesetzlichen Wehrdienst ab. Am 20. Mai 1992 trat der Kläger von der Kaserne H. aus eine Heimfahrt zum elterlichen Wohnsitz in B. an. Der Kläger nahm in seinem PKW Trabant drei weitere Wehrpflichtige mit. Nach ca. 16 Kilometern Fahrt ereignete sich gegen 13.15 Uhr ein Verkehrsunfall. Der Kläger fuhr auf der Bundesstraße B 187 aus J. kommend in Richtung E. mit ca. 70 km/h dicht hinter einem LKW mit Anhänger. In einer langgestreckten, mit einer durchgehenden Fahrstreifenbegrenzung versehenen Linkskurve scherte das Fahrzeug des Klägers nach links aus, in Höhe des LKW-Anhängers kam es auf der linken Fahrspur zu einem versetzten Frontalzusammenstoß mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Ob der Kläger ein Blinkzeichen gesetzt hat, ist nicht geklärt. Der Kläger erlitt polytraumatische Verletzungen und wurde im Wege einer Notfallaufnahme stationär behandelt. Im Krankenhaus wurden ein Schädel-Hirn-Trauma I. Grades, eine Beckenfraktur links, eine Symphysensprengung, eine Sprunggelenksfraktur rechts, eine Olekranonfraktur links, eine Defektwunde im Trizepsbereich links, eine Mittelfußserienfraktur links, eine Unterschenkeldefektwunde links und eine Strecksehnenüberdehnung der Großzehe rechts diagnostiziert. Am 17. September 1992 wurde der Kläger aus der stationären Behandlung entlassen. Im Anschluss leistete er keinen Wehrdienst mehr ab. Er ist weiter in seinem erlernten Beruf tätig.

Nach Erstattung einer Strafanzeige wurden verschiedene Unfallzeugen vernommen. Die Beifahrer des Klägers konnten keine Angaben zum Unfallhergang machen. Der LKW-Fahrer wurde nicht ermittelt. Der Kläger selbst machte keine Aussage. Gegenüber dem Jugendstrafgericht des Amtsgerichtes Schönebeck gab der Kläger am 21. Juli 1993 an, sich nicht an die Unfallhergänge erinnern zu können. Nach Durchführung einer Beweisaufnahme wurde der Kläger mit Urteil vom 21. Juli 1993 wegen Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung gemäß § 315 c Abs. 1 Nr. 2 b, Abs. 3 Nr. 1 und § 230 Strafgesetzbuch (StGB) verurteilt. Die Rücksichtslosigkeit des Handelns ergebe sich insbesondere daraus, dass der Kläger sich aus eigensüchtigen Gründen über seine Pflichten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern hinweggesetzt habe, nur um den LKW überholen zu können. Der Kläger wurde zu einer Geldstrafe und zur Teilnahme am Verkehrsunterricht verurteilt, ferner wurde ihm für die Dauer von 10 Monaten die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen entzogen. Auf die dagegen gerichtete Berufung, die der Kläger allein auf die Aufhebung des Entzuges des Führerscheines richtete, wurde mit Urteil der Kleinen Jugendkammer des Landgerichts Magdeburg vom 06. September 1993 das Urteil des Amtsgerichts Schönebeck hinsichtlich einer Sperrzeit von 10 Monaten aufgehoben und...

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