Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensanrechnung. Überbrückungsgeld. Einkommen bei Zufluss im Bedarfszeitraum. Unbeachtlichkeit des Zeitraums der Erwirtschaftung. einmalige Einnahme. Aufteilung auf einen angemessenen Zeitraum. keine starre Aufteilung auf vier Wochen

 

Orientierungssatz

1. Überbrückungsgeld nach § 51 Abs 1 StVollzG, das dem Leistungsberechtigten nach Antragstellung bzw im Bedarfszeitraum zugeflossen ist, stellt Einkommen dar. Es kommt nicht darauf an, dass der Leistungsberechtigte das Überbrückungsgeld bereits vorher "verdient" und eine der Höhe nach bestimmbare Anwartschaft bzw einen der Höhe nach bestimmbaren Anspruch wegen der Auszahlung des Guthabens am Tag der Entlassung aus der Strafhaft hatte.

2. Das Überbrückungsgeldes ist nicht nach § 51 Abs 1 StVollzG auf einen Zeitraum von lediglich vier Wochen, sondern entsprechend den §§ 2b, 2 Abs 3 AlgIIV auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) wegen der aus seiner Sicht zu Unrecht anspruchsmindernd berücksichtigten Einnahmen in Form des Überbrückungsgeldes für aus der Strafhaft Entlassene.

Der am 1973 geborene alleinstehende Kläger befand sich ab dem 6. Oktober 2005 zur Verbüßung einer Reststrafe in Haft.

Mit Schreiben vom 25. April 2006, bei der ARGE SGB II H: GmbH (Rechtsvorgängerin des Beklagten, zukünftig: ARGE) am 27. April 2006 eingegangen, bat der Kläger um einen Termin zur persönlichen Vorsprache, weil er erneut Arbeitslosengeld II ab dem 15. Mai 2006 beantragen wolle. Die ARGE schlug dem Kläger einen Termin für den 15. Mai 2006 um 14:30 Uhr vor.

Am Tag des Endes der Strafhaft und seiner Entlassung am 15. Mai 2006 zahlte die Justizvollzugsanstalt dem Kläger ein aus seinen Verdiensten während der Haft gebildetes Überbrückungsgeld in Höhe von 542,88 EUR bar aus.

Der Kläger stellte am Tag der Entlassung bei der ARGE einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er gab an, kein Einkommen bzw. Vermögen zu haben. Für seine Zwei-Zimmerwohnung (Wohnfläche 66 m²) zahle er Miete in Höhe von 264 EUR monatlich zuzüglich weiterer Nebenkosten einschließlich Heizung und Bereitung von Warmwasser in Höhe von 80 EUR monatlich.

Mit Bescheid vom 17. Mai 2006 bewilligte die ARGE dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeiträume vom 15. Mai 2006 bis zum 31. Mai 2006 in Höhe von 61,17 EUR, vom 1. Juni 2006 bis zum 13. Juni 2006 in Höhe von 381,46 EUR sowie vom 1. Juli 2006 bis zum 30. November 2006 in Höhe von monatlich 634,80 EUR. Zur Begründung führte die ARGE ergänzend aus, dass das Überbrückungsgeld als Einkommen im Zeitraum vom 15. Mai 2006 bis zum 14. Juli 2006 berücksichtigt worden sei, da es für den notwendigen Lebensunterhalt in den ersten vier Wochen nach der Entlassung gebildet worden sei.

Wegen der Berücksichtigung des Überbrückungsgeldes erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 17. Mai 2006: Er sei davon ausgegangen, dass das Überbrückungsgeld nicht angerechnet werde. Es liege unterhalb des Betrages, der als Schonvermögen zu belassen sei. Die Mittel seien wegen der Begleichung diverser Außenstände (unter anderem bei seinem Vermieter) verbraucht.

Am 1. Juni 2006 nahm der Kläger eine Beschäftigung auf, für die er das Arbeitsentgelt jeweils am 15. des Folgemonats ausgezahlt erhielt. Für die Monate Juni 2006, Juli 2006 und August 2006 erzielte der Kläger ein Arbeitsentgelt von 247,50 EUR, 399,50 EUR und 246,00 EUR. Am 13. August 2006 endete das Arbeitsverhältnis.

Mit änderndem Bescheid vom 18. August 2006 bewilligte die ARGE dem Kläger ab dem 1. August 2006 bis zum 31. Oktober 2006 als Arbeitslosengeld II (Alg II) monatlich 291,20 EUR sowie für den Zeitraum vom 1. November 2006 bis zum 30. November 2006 395,20 EUR, da nunmehr Einkommen aus der Beschäftigung zu berücksichtigen sei. Ab dem Monat September 2006 bis zur Vorlage der weiteren Verdienstbescheinigungen werde ein vorläufiges Einkommen in Höhe von 239,50 EUR monatlich berücksichtigt. Mit Bescheid vom 18. August 2006 forderte die ARGE von dem Kläger die Erstattung eines Betrages in Höhe von 239,90 EUR wegen der teilweisen Aufhebung der bewilligten Leistungen ab dem 1. August 2006.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2006 wies die ARGE den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 17. Mai 2006 als unbegründet zurück: Das Überbrückungsgeld bzw. eine Überbrückungsbeihilfe nach dem Strafvollzugsgesetz sei als Einkommen zu berücksichtigen, weil eine gesetzliche Zweckbestimmung gegeben sei, das Überbrückungsgeld während der ersten vier Wochen nach der Haftentlassung für den Lebensunterhalt zu verwenden.

Am 8. November 2006 hat der Kläger gegen den Bescheid der ARGE vom 17. Mai 2006 in der Fassung des ändernden Besche...

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