Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherung. Statusfeststellung. Sozialversicherung. Klinikkrankenschwester. freier Mitarbeitervertrag. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit. Abgrenzung

 

Leitsatz (amtlich)

Unabhängig von anderslautenden vertraglichen Vereinbarungen ("freier Mitarbeitervertrag") kann die Tätigkeit als Krankenschwester in einer Klinik regelmäßig nur im Rahmen eines abhängigen Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden. Diese Tätigkeit unterliegt den Weisungen von der Stationsleitung als auch der behandelnden Ärzte und muss in den Organisationsablauf des Klinikbetriebes integriert sein. Die aushilfsweise Übernahme von Tätigkeiten, die normalerweise von festangestellten Mitarbeitern durchgeführt werden, bei Personalengpässen (Krankheit oder Urlaub), spricht auch für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 27. Januar 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Verfahrenszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist der versicherungsrechtliche Status der Klägerin als Krankenschwester in der Klinik der Beigeladenen.

Die am ... 1967 geborene Klägerin stellte am 29. Juli 2008 bei der Beklagten einen Antrag zur Feststellung der Pflichtversicherung kraft Gesetzes als selbständig Tätige. Die Klägerin arbeitete ab dem 18. August 2008 als Krankenschwester in der Klinik der Beigeladenen und schloss hierüber mit ihr am 26. August 2008 einen schriftlichen Vertrag. Auf Antrag der Klägerin bewilligte ihr die Bundesagentur für Arbeit mit Bescheid vom 29. August 2008 für den Zeitraum 18. August 2008 bis 17. Mai 2009 einen Gründungszuschuss von monatlich 1.080,90 EUR einschließlich einer Pauschale zur sozialen Sicherung von 300,00 EUR. Auf Nachfrage der Beklagten zu schriftlichen Verträgen teilte ihr die Klägerin laut Telefonvermerk vom 15. September 2008 mit, sie habe zur Zeit nur diesen einen Vertrag im Schichtbetrieb bei der Beigeladenen; sie strebe aber eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber an. Laut Abgabeverfügung der Beklagten vom 23. September 2008 hatte diese Bedenken am Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit der Klägerin und stellte daher eine Anfrage auf Statusfeststellung nach §§ 7a ff. Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) an ihre Clearingstelle. Diese Anfrage ging am 24. September 2008 in der Clearingstelle ein.

Die Klägerin erklärte unter dem 27. November 2008 gegenüber der Beklagten, außer für die Beigeladene auch für das C. Reha Seniorenpflegeheim "Gartenstadt" in B. zu arbeiten. Letzteres teilte laut Aktenvermerk der Beklagten mit, die Klägerin sei dort vom 16. bis 19. Oktober 2008 tätig gewesen; die Vergütungsabrechnung sei aber von einer Pflegeagentur erstellt worden. Auf Nachfrage der Clearingstelle erklärte die Klägerin weiter, ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen entspreche der allgemeinen Tätigkeit einer examinierten Krankenschwester, und sie führe die Arbeiten nur persönlich ohne Hilfskraft aus. Die Klägerin und die Beigeladene erläuterten weiter, die Patienten würden eigenverantwortlich behandelt. Die persönliche Zuordnung der Patienten und der Behandlungsplan werde in Absprache mit der Stationsleitung erarbeitet.

Nach Anhörung der Klägerin und Beigeladenen mit Schreiben vom 18. Februar 2009 stellte die Clearingstelle im streitgegenständlichen Statusfeststellungsverfahren mit Bescheid vom 19. März 2009 fest, dass die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen seit dem 18. August 2008 als abhängiges Beschäftigungsverhältnis ausgeübt werde. Danach würden der Tätigkeitsort und die Anwesenheitspflicht von täglich mindestens acht Stunden nach dem zugrundeliegenden Vertrag vom 26. August 2008 vorgegeben. Durch den Behandlungsplan und die Patientenzuordnung sei die Klägerin in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen eingegliedert. Die Vergütung als erfolgsunabhängiges Stundenhonorar lasse kein Gewinn- oder Verlustrisiko erkennen, insbesondere werde kein eigenes Kapital eingesetzt. Da die Antragstellung nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Beschäftigung erfolgt sei, seien die Voraussetzungen nach § 7a Abs. 6 SGB IV nicht erfüllt. Die Versicherungspflicht beginne daher mit dem Tag der Beschäftigungsaufnahme.

Gegen den Bescheid der Clearingstelle der Beklagten vom 19. März 2009 legte die Klägerin am 26. März 2009 Widerspruch ein, denn sie habe den Antrag auf Feststellung ihres Status bereits am 29. Juli 2008 gestellt. Dieser Antrag sei falsch bezeichnet worden und wegen ihrer mangelnden Rechtskenntnisse in einen Statusfeststellungsantrag umzudeuten. Eine abhängige Beschäftigung liege nicht vor, da sie Verträge mit dem Krankenhaus S. (19. Januar bis 31. Januar 2009), über die Pflegeagentur S. bei der C-Reha Seniorenpflegeheim in B. und bei der Beigeladenen habe. Es sei daher eine selbständige Tätigkeit gegeben, da sie die Auftraggeber frei auswählen könne, den Stundenl...

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