Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung vertragsärztlicher Leistungen. Vereinbarung des Behandlungsbedarfs. Anpassung im Vergleich zum Vorjahr. keine Grundlage für Basiserhöhung oder Basiskorrektur. nur eingeschränkter Verhandlungsspielraum bei der Vereinbarung der jeweils jahresbezogenen Veränderungen der Morbiditätsstruktur

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 87a Abs 4 SGB 5 ermöglicht nur die Anpassung des Behandlungsbedarfs im Vergleich zum Vorjahr unter Berücksichtigung der relevanten Veränderungskriterien. Die Norm bietet keine Grundlage für eine nicht auf Veränderungen beruhende Basiserhöhung oder Basiskorrektur des Behandlungsbedarfs.

2. Bei der Vereinbarung der jeweils jahresbezogenen Veränderungen der Morbiditätsstruktur nach § 87a Abs 4 S 3 SGB 5 haben die Vertragspartner einen Verhandlungsspielraum, der nur eine eingeschränkte gerichtliche Überprüfung zulässt. Dies gilt auch für einen die Vereinbarung ersetzenden Schiedsspruch. Der eingeräumte Verhandlungs- und/oder Gestaltungsspielraum wird aber jedenfalls dann überschritten, wenn erkennbar nicht versucht wurde, die Veränderungsrate wertend festzustellen, sondern rein ergebnisorientiert die Korrektur einer als zu niedrig empfundenen Vergütung angestrebt wurde.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 13.08.2014; Aktenzeichen B 6 KA 6/14 R)

 

Tenor

Die Bescheide des Beklagten vom 6. Dezember 2012 und 19. Dezember 2012 werden aufgehoben, soweit festgestellt wird, dass zusätzlich zu den Anpassungen (auf Basis der Veränderungsraten) gem. § 87a Abs. 4 SGB V eine sockelwirksame Anpassung auf der Grundlage von § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V vorzunehmen ist, für die Berechnung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung der Behandlungsbedarf sockelwirksam um 12 %, davon 4 % im Jahre 2013, 4 % in 2014 und 4 % in 2015 erhöht wird, die Veränderungsrate für 2013 gemäß § 87a Abs. 4 Satz 1 Ziffer 2 SGB V in dem Bescheid vom 6. Dezember 2012 auf 2,6931 % festgeschrieben beziehungsweise in dem Bescheid vom 19. Dezember 2012 der Behandlungsbedarf um 2,6931 % erhöht wird.

Der Beklagte wird verpflichtet, im Hinblick auf die Anpassung des Behandlungsbedarfs für das Jahr 2013 einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erlassen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte und die Beigeladene haben jeweils 2/5 der Gerichtskosten zu tragen.

Die Klägerinnen haben als Gesamtschuldner 1/5 der Gerichtskosten zu tragen.

Der Beklagte und die Beigeladene haben den Klägerinnen jeweils 1/5 ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Im Übrigen sind keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Der Gegenstandswert wird mit 2.500.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtsmäßigkeit von Schiedssprüchen zur Festsetzung der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen für das Jahr 2013.

Mit einem Schreiben vom 26. September 2012 bat die Beigeladene den Beklagten um Durchführung eines Schiedsverfahrens zur Festsetzung der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen für die Jahre 2012 und 2013. Dabei gab sie an, die diesbezüglichen Verhandlungen mit den Klägerinnen seien aufgrund unterschiedlicher inhaltlicher Positionen gescheitert. Die Klägerinnen führten dazu in einer Stellungnahme vom 28. September 2012 aus, sie widersprächen der Zusammenlegung der beiden Jahre in einem Schiedsverfahren. Für das Jahr 2013 sei der Bewertungsausschuss noch nicht seiner Verpflichtung nachgekommen, Vorgaben und Empfehlungen zu beschließen. Es seien insoweit noch überhaupt keine Verhandlungen mit der Beigeladenen geführt worden. Die Beigeladene teilte mit einem Schreiben vom 12. Oktober 2012 mit, sie hätte zu zwei Verhandlungen betreffend die Vergütungen für die Jahre 2012 bis 2013 eingeladen, die am 10. Januar 2012 und am 18. September 2012 stattgefunden hätten. In beiden Verhandlungen seien die gegenseitigen Forderungen an die Weiterentwicklung der Vergütung für die Jahre 2012 und 2013 ausgetauscht worden. Die Klägerinnen teilten dem Beklagten mit Schreiben ebenfalls vom 12. Oktober 2012 mit, zu Verhandlungen über die Vergütung für das Jahr 2013 sei es nicht gekommen.

Am 22. Oktober 2012 fasste der auf Bundesebene nach § 87 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) gebildete Bewertungsausschuss einen Beschluss zu den Empfehlungen zur Vereinbarung von Veränderungen der Morbiditätsstruktur nach § 87a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB V gemäß § 87a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 SGB V für das Jahr 2013. Dabei empfahl er für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt eine Veränderungsrate auf der Grundlage der vertragsärztlichen Behandlungsdiagnosen in Höhe von 2,6931 % und eine Veränderungsrate auf der Grundlage der demografischen Kriterien in Höhe von 0,7247 %.

Mit einem Schreiben vom 24. Oktober 2012 forderte der Schiedsamtsvorsitzende die Klägerinnen und die Beigeladene auf, Schiedsanträge für die Durchführung des Schiedsverfahrens zur Festsetzung der vertragsärztlichen Vergütung für das Jahr 2012 und ...

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