Entscheidungsstichwort (Thema)

Ambulant behandelnde Einrichtung (hier: Fachambulanz). neue Bundesländer. Voraussetzung für Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung

 

Orientierungssatz

Ambulant behandelnde Einrichtungen, die einem Krankenhaus der stationären Versorgung angegliedert sind, werden von der Regelung des § 311 Abs 2 SGB 5 nur dann erfaßt, wenn sie gegenüber dem Krankenhaus in der Weise verselbständigt sind, daß sie eine eigenständige Organisationseinheit mit eigener Verwaltung, eigenem Haushalts- und Stellenplan sowie einem hauptamtlichen ärztlichen Leiter und hauptamtlich tätigen Ärzten bilden (vgl BSG vom 30.11.1994 - 6 RKa 35/93 = SozR 3-2500 § 311 Nr 3).

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob Fachambulanzen am Krankenhaus der Klägerin gesetzlich zur ambulanten Versorgung zugelassen waren und ob die Beklagte 1992 dort ambulant erbrachte ärztliche Leistungen zu vergüten hat.

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), ist seit 1. Januar 1996 Rechtsnachfolgerin des Bezirkskrankenhauses H, das bis zum Rechtsübergang vom Land Sachsen-Anhalt betrieben worden war. Das Bezirkskrankenhaus H bestand bereits am 3. Oktober 1990 mit (u.a.) den stationären Bereichen Medizinische Klinik (Innere Medizin), Frauenklinik (Gynäkologie), Kinderklinik (Pädiatrie), Hautklinik (Dermatologie), Chirurgische Klinik und Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (HNO). In jedem klinischen Teilbereich bestand bis 30. Juni 1993 eine Fachambulanz. Dort wurden u.a. Leistungen der Vordiagnostik und Vorsorge vor stationärer Aufnahme und der Nachsorge nach stationären Behandlungen bzw. bei chronischen und langwierigen Erkrankungen in Zusammenarbeit mit den behandelnden ambulant tätigen Ärzten erbracht. Zu den Aufgaben der Fachambulanzen gehörte auch die sonstige ambulante Betreuung. Sie wurden vorwiegend von Patienten in Anspruch genommen, die von Ärzten des ambulanten Gesundheitswesens der Stadt H, des Saalkreises und des früheren Bezirkes H zur Durchführung meist diagnostischer Maßnahmen überwiesen worden waren. Eine dem Bezirkskrankenhaus vorgelagerte und mit ihm verbundene Poliklinik bestand nicht. Die Fachambulanzen waren nicht selbständig organisiert und verfügten über keinen eigenen Haushalts- und Stellenplan. Es gab keinen hauptamtlichen Leiter oder hauptamtlich ausschließlich ambulant tätige Ärzte. Die ambulanten Leistungen wurden vom ärztlichen und nichtärztlichen Personal der stationären Bereiche erbracht. Keine der Fachambulanzen führte eine sogenannte Dispensairebetreuung, d.h. Betreuung von Patienten mit ausgewählten Erkrankungen bzw. Gesundheitsgefährdungen oder anderen medizinischen bzw. sozialen Merkmalen durch.

Die Beklagte vergütete die 1991 am Bezirkskrankenhaus ambulant erbrachten ärztlichen Leistungen aufgrund einer Überleitungsvorschrift im Bundesmantelvertrag-Ärzte. Für die Folgezeit ermächtigte sie einzelne Teilbereiche, u.a. die Kinderklinik, befristet und beschränkt auf bestimmte Leistungen zur Teilnahme an der ambulanten Versorgung. Darüber hinaus erteilte sie einigen Ärzten des Bezirkskrankenhauses Einzelermächtigungen zur Erbringung ausgewählter weiterer ambulanter Leistungen. Eine generelle und unbeschränkte Ermächtigung zur Teilnahme aller Fachambulanzen an der ärztlichen Versorgung erteilte sie dagegen nicht.

Mit Bescheiden vom 14. Juli 1992, 7. Dezember 1992, 25. Februar 1993 und 2. Juni 1993 für das erste bis vierte Quartal 1992 lehnte die Beklagte es ab, die Mehrzahl der im Bezirkskrankenhaus 1992 erbrachten ambulanten Behandlungen zu vergüten, da sie Institutsermächtigungen nicht erteilt habe bzw. die vorgelegten Abrechnungsscheine nicht dem Umfang der Ermächtigung entsprächen. Die mit den Bescheiden ausgesprochenen Beanstandungen betrafen u.a. Leistungen der Fachambulanzen Innere Medizin, Gynäkologie, Pädiatrie, Dermatologie, Chirurgie und HNO.

Die Widersprüche des Landes Sachsen-Anhalt wies die Beklagte mit zwei Bescheiden vom 20. Oktober 1993 aus den in den Ausgangsbescheiden genannten Gründen zurück.

Mit der am 16. September 1993 vor dem Sozialgericht Magdeburg (SG) zunächst als Untätigkeitsklage erhobenen Klage hat das Land Sachsen-Anhalt die Vergütung der 1992 durchgeführten ambulanten Behandlungen begehrt sowie die Feststellung, daß die betroffenen Fachambulanzen am Bezirkskrankenhaus H unbefristet, hilfsweise bis zum 31. Dezember 1995 zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung zugelassen sind. Das Land Sachsen-Anhalt hat die Auffassung vertreten, daß eine Ermächtigung zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung für diese Fachambulanzen nicht erforderlich sei, da aus § 311 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches (SGB) -- Gesetzliche Krankenversicherung -- bereits deren gesetzliche Zulassung folge. Diese Vorschrift bezwecke in den neuen Bundesländern die Sicherstellung und Aufrechterhaltung der kassenärztlichen Versorgung für eine Übergangszeit.

Mit Beschlüssen vom 27. März und 20. April 1995 hat das SG die Bundes- und Landesverbände der Krankenkassen, die Bundesknappschaft, de...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge