Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorläufiger Rechtsschutz gerichtet auf Gewährung ungekürzter Hilfeleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Pflicht zu Abgabe eine Freiwilligkeitserklärung

 

Orientierungssatz

1. Dem Rechtschutzziel, ungekürzte Leistungen nach AsylbLG § 3 zu erhalten, kann nur durch eine Regelungsanordnung gemäß SGG § 86 b Abs 2 S 2 Rechnung getragen werden.

2. AsylbLG  § 1a ist nicht als Kürzungstatbestand ausgestaltet, sondern gibt die Leistungshöhe für einen bestimmten Personenkreis vor.

3. AsylbLG § 1a ist restriktiv auszulegen (Fortführung: LSG Halle (Saale), 2006-12-18, L 8 B 24/06 AY ER, JMBL LSA 2007, 228).

4. Da durch die Gewährung verminderter Leistungen auf das Verhalten dieses Personenkreises mit dem Ziel eingewirkt werden soll, an der Beseitigung der von ihm zu vertretenden Gründe für die Nichtvollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen mitzuwirken, ist es erforderlich, dass die Bewilligung von Leistungen auf Grundlage des AsylbLG § 1a Nr 2 jedenfalls im Falle unterlassener Mitwirkungshandlungen stets mit der Aufforderung der Vornahme konkreter Handlungen zu verbinden ist und in der Folge regelmäßig eine Überprüfung des Sachverhalts zu erfolgen hat (Fortführung: LSG Halle (Saale), 2006-12-18, L 8 B 24/06 AY ER, JMBL LSA 2007, 228).

5. Mitwirkungspflicht bei  der Abgabe der von der Botschaft Malis geforderten schriftlichen Erklärung über die Freiwilligkeit der Ausreise (Entgegen: OLG Frankfurt, 1999-07-27, 20 W 306-99, NVwZ 1999, Beilage Nr 9, 96; OLG Köln, 2006-02-10, 16 Wx 238/05, NVwZ-RR 2007, 133).

6. Die Botschaft des Staates Mali verlangt nicht mehr, als die Bestätigung der Bereitschaft von der Asylbewerberin, den nach deutschem Aufenthaltsrecht bestehenden Pflichten nachkommen zu wollen.

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin begehrt die Gewährung ungekürzter Hilfeleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Die am 1x. Januar 19xx geborene Antragstellerin ist malische Staatsangehörige. Ihr nach Einreise in das Bundesgebiet im November 1997 gestellter Asylantrag blieb erfolglos. Mit Beschluss vom 26. Juni 1998 lehnte das Verwaltungsgericht Magdeburg ihren Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes gegen die Ablehnung ihres Asylantrags durch das damalige Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (als offensichtlich unbegründet) ab; seither ist die Antragstellerin vollziehbar ausreisepflichtig. Mit rechtskräftigem Urteil vom 18. Mai 1999 (Az.: A 1 K 45/98) wies das Verwaltungsgerichts Magdeburg ihre Klage gegen die Ablehnung des Asylantrags ab.

Mit Bescheid vom 2. Februar 1999 bewilligte der damalige Landkreis Bernburg ab Februar 1999 Leistungen gemäß § 3 AsylbLG in Höhe von 380,00 DM (194,29 EUR) monatlich, die sich zusammensetzten aus: - Verpflegung 240,00 DM ab 2002: 122,71 EUR, - Körperpflege 20,00 DM 10,23 EUR, - Bekleidung 40,00 DM 20,45 EUR und - Barbetrag 80,00 DM 40,90 EUR.

Am 29. August 2000, 31. Juli 2001, 19. März 2002 und 11. Februar 2003 erfolgten von der Ausländerbehörde des Antragsgegners veranlasste Vorstellungen der Antragstellerin bei der Botschaft des Landes Mali in Berlin zur Ausstellung von Passersatzpapieren. Zur Ausstellung eines Passersatzpapiers kam es bei den letzten drei Vorstellungen nicht, da sich die Antragstellerin jeweils weigerte, eine ihr vom Botschaftspersonal vorgelegte vorformulierte Erklärung, die sog. Ehrenerklärung, zu unterschreiben. Ein vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegtes Exemplar der Erklärung weist folgenden Wortlaut (in französischer und deutscher Sprache) auf:

"Ehrenerklärung Ich bin malischer Staatsangehöriger und ich möchte freiwillig in mein Heimatland zurückkehren. Ich versichere hiermit nicht nach Deutschland zurückzukehren, es sei denn unter den Bedingungen der deutschen Einwanderungsgesetze. Erklärt gegenüber der Botschaft Mali und dem Bundesgrenzschutz. Name, Vorname, Geburtsdatum Unterschrift"

Einen Antrag der Antragstellerin auf Leistungen nach § 2 AsylbLG lehnte der Antragsgegner nach Anhörung, bei der die Antragstellerin erklärte, keine Zeit für die Abgabe der Ehrenerklärung zu haben, und Aufforderung zur Abgabe der Erklärung unter Androhung von Leistungen nach § 1a AsylbLG mit Bescheid vom 21. Februar 2003 ab. Mit Bescheid vom selben Tag gewährte er der Antragstellerin nur noch gekürzte Leistungen nach § 1a AsylbLG. Zur Begründung führte er aus, da sich die Antragstellerin weigere, die Ehrenerklärung über ihre malische Staatsangehörigkeit abzugeben, verhindere sie ihre Abschiebung. Da sie konkrete Gründe dafür nicht angebe, sei davon auszugehen, dass sie nicht gewillt sei, an der Beschaffung eines Passersatzpapiers mitzuwirken. In der Folge wurden monatlich 153,39 EUR (194,29 EUR abzüglich Barbetrag von 40,90 EUR) an die Antragstellerin ausgezahlt. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Dessau mit Wider...

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