Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Kostenentscheidung. Kostenprivileg gem § 183 SGG. unfallversicherter landwirtschaftlicher Unternehmer gem § 2 Abs 1 Nr 5 SGB 7. Streitigkeiten um die Versicherungs- und/oder Beitragspflicht des Unternehmens

 

Leitsatz (amtlich)

Versicherter iS von § 183 S 1 SGG ist auch in Streitigkeiten um die Versicherungs- und/oder Beitragspflicht des Unternehmens nach Grund und/oder Höhe die Naturalpartei, die als landwirtschaftlicher Unternehmer nach § 2 Abs 1 Nr 5 SGB 7 notwendig selbst versichert ist oder für den Fall ihres Unterliegens wäre.

 

Tenor

Die Beklagte hat der Klägerin 3/4 ihrer außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

Die Beteiligten stritten darüber, ob die Klägerin in den Jahren 2001 bis 2008 ein landwirtschaftliches Unternehmen betrieb.

Auf eine Anfrage der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Weiteren: Beklagte) teilte die Klägerin unter dem 15. November 2005 mit, dass das streitige Grundstück (Flurstücks 68, Flur 3) ausschließlich für private Zwecke als Garten genutzt werde. Sie sei seit 1994 Eigentümerin der Fläche.

Da die Klägerin auf weitere Anfragen nicht reagiert, ermittelte die Beklagte die Betriebsverhältnisse durch einen Vororttermin am 2. Mai 2006. Nach den Angaben eines Mitarbeiters der Beklagten - Herrn T. - war der Ehemann der Klägerin recht abweisend, da es sich nach seiner Auffassung um eine private Angelegenheit handele. Als ihm dann vor Ort mitgeteilt wurde, dass es sich bei der Fläche eindeutig um eine landwirtschaftlich genutzte Fläche handle, sei er beleidigend geworden. Herr T. führte aus, das Grundstück sei umfassend mit einem Zaun versehen und in mehrere Weidekoppeln unterteilt gewesen. Der Ehemann der Klägerin habe gleich zu Anfang des Gesprächs zu verstehen gegeben, dass er selbst Schafe halte und die Fläche von Pferden beweiden lasse. Auf dem später gefertigten Foto seien Koppelzäune und der Schafstall zu erkennen.

Die Beklagte setzte darauf mit Beitragsbescheid vom 11. Mai 2006 für die Jahre 2001 bis 2005 die Beiträge in Höhe von insgesamt von 353,97 EUR fest. Ferner erließ sie unter dem 12. Mai 2006 einen Bescheid über den Beginn ihrer Zuständigkeit ab dem 1. Januar 1994. Gegen beide Bescheide legte die Klägerin Widerspruch ein und wies darauf hin, dass sie in einer großen Klinik als MTA in Vollzeit beschäftigt sei. Landwirtschaft habe sie nie betrieben. Es handele sich um einen Kleingarten von 11.000 m². Sie verfüge auch weder über Pferde noch über Schafe. Zu weitergehenden Auskünften über Dritte sehe sie sich nicht veranlasst; die Beklagte möge sich direkt an diese Personen wenden.

Unter dem 19. Februar 2007 setzte die Beklagte auch Beiträge für das Geschäftsjahr 2006 fest; auch hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.

In einem Telefonat am 21. Juli 2007 teilte der Ehemann der Klägerin mit, es weideten für ca. zehn Tage fremde Schaf auf der Fläche; ortsansässige Pferdebesitzer nutzten seine Fläche als Auslauf und Weidefläche ohne seine Zustimmung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2007 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten die beiden Widersprüche der Klägerin bezüglich der Beiträge für die Jahre 2001 bis 2005 sowie 2006 und gegen den Zuständigkeitsbescheid zurück und führte aus, nach ihren Ermittlungen betreibe die Klägerin ein landwirtschaftliches Unternehmen.

Hiergegen hat die Klägerin am 31. August 2007 Klage erhoben und zur Begründung ihren bisherigen Vortrag vertieft. Es sei allerdings zutreffend, dass für ca. zehn Tage Schafe und Pferde auf den Flächen geweidet hätten. Dies sei aber ohne ihre Zustimmung oder die ihres des Ehemanns erfolgt. Ferner hat die Klägerin die Angaben ihres Ehemannes bei dem Vor-Ort-Termin mit Nichtwissen bestritten. Sie selbst sei zu diesem Gespräch nicht eingeladen worden.

Im Weiteren setzte die Beklagte auch Beiträge für das Geschäftsjahre 2007und 2008 fest. Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies die Beklagte zurück. Auch hiergegen hat die Klägerin jeweils Klage erhoben.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 4. September 2009 die Klageverfahren verbunden und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F. (Ehemann der Klägerin), A., K., M. und M. (Mitarbeiter der Beklagten).

Mit Urteil vom 20. Juni 2011 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben sowie den Streitwert auf 5.582,34 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, aus den Zeugenaussagen habe sich ergeben, dass die Klägerin das Grundstück nicht nutze und auch - abgesehen von dem Fahrweg - nicht mähe. Die Aussage des Zeugen T. sowie die dem Gericht übergebenen Fotos zeigten eindeutig eine bearbeitete und gepflegte Rasenfläche. Allerdings könne insoweit nur der Zustand am 2. Mai 2006 festgestellt werden. Das Foto zeige jedoch nicht das komplette Grundstück, so dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass etwa nur diese Fläche bearbeitet werde oder dieses Mähen nur einmal im Jahr erfolgt sei. Soweit ersichtlich sei keine Tierhaltung betrieben worden.

Geg...

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