Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe in anderen Lebenslagen. Übernahme von Bestattungskosten. Bestattungspflicht. rechtliche Pflicht. landesrechtliche Bestimmungen in Sachsen. bei mehreren Kindern und fehlender anderweitiger einvernehmlicher Vereinbarung Pflicht des ältesten Kindes

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten besteht nur, wenn die Bestattungskosten einer Person entstanden sind, die aufgrund erbrechtlicher, unterhaltsrechtlicher oder landesrechtlicher Regelungen über die Bestattungspflicht zur Bestattung verpflichtet war. Dies ist bei der jüngeren Tochter eines in Sachsen Verstorbenen nicht der Fall, dessen Erben sämtlich das Erbe ausgeschlagen haben, da die Bestattungspflicht dem ältesten Kind oblag und dieses mit dem jüngeren Geschwister keine anderweitige einvernehmliche Lösung getroffen hat (§ 10 Abs 1 S 2 und 3 SächsBestG - juris: BestattG SN).

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 24. Mai 2011 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Halle, in dem sie die Verurteilung des Beklagten erstrebt, Bestattungskosten in Höhe weiterer 901,61 EUR nach § 74 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) zu übernehmen.

Die am ... 1985 geborene Klägerin ist die Tochter des im Mai 2010 (Sterbedatum 8. bis 10. Mai 2010) verstorbenen C. S ... Die Klägerin hat das Erbe ausgeschlagen.

Ein weiteres Kind des Verstorbenen, T. S., geboren am ... 1977, hat die Erbschaft ebenfalls ausgeschlagen. Die alleinige gesetzliche Vertreterin der Kinder des T. S. hat ebenfalls die Erbschaft für die Enkelkinder des Verstorbenen ausgeschlagen.

Die Klägerin organisierte die Trauerfeier für den Verstorbenen am 29. Mai 2010 und bezahlte die Bestattungskosten in Höhe von insgesamt 1.803,21 EUR (Bestattungshaus a. S. GmbH, Rechnung vom 29. Mai 2010 in Höhe von 1.369,50 EUR, Städtisches Friedhofs- und Bestattungswesen, Rechnung vom 27. Mai 2010 in Höhe von 166,71 EUR sowie Gemeindeverwaltung B., Rechnung vom 10. Juni 2010 in Höhe von 267,00 EUR). T. S. erlangte vom Tod seines Vaters am 28. Mai 2010 Kenntnis.

Am 22. Juni 2010 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Übernahme der Bestattungskosten. Mit Bescheid vom 30. August 2010 wurde ihr eine einmalige Beihilfe für Bestattungskosten in Höhe von 901,61 EUR gewährt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass es zwei zur Tragung der Bestattungskosten Verpflichtete gebe. Ausgehend von den nachgewiesenen Bestattungskosten in Höhe von 1.803,21 EUR ergebe sich für die Klägerin ein Anteil in Höhe von 901,61 EUR. Den hiergegen am 14. September 2010 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2010 als unbegründet zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 26. November 2010 Klage beim SG Dresden erhoben, das den Rechtsstreit durch Beschluss vom 22. Dezember 2010 an das SG Halle als örtlich zuständiges Gericht verwiesen hat.

Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage die Auffassung vertreten, der Beklagte habe ihr weitere Bestattungskosten in Höhe von 901,61 EUR als Beihilfe zu gewähren. Sie habe in Erfüllung der ihr obliegenden öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht den Auftrag zur Bestattung erteilt. Allein aus dieser Auftragserteilung sei sie gegenüber dem Ausführenden vertraglich verpflichtet und werde vollumfänglich in Anspruch genommen. Es könne ihr nicht zugemutet werden, Ersatzansprüche gegenüber ihrem Bruder durchzusetzen. Am 24. Februar 2011 hat die Klägerin die Bewilligung von PKH und die Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten beantragt.

Mit Beschluss vom 24. Mai 2011 hat das SG den Antrag abgelehnt. Die Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Übernahme der gesamten Bestattungskosten gegen den Beklagten aus § 74 SGB XII. Nach dieser Vorschrift würden die erforderlichen Kosten der Bestattung vom Sozialhilfeträger übernommen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden könne, die Kosten zu tragen. Die Klägerin sei entgegen ihrer Auffassung nicht "hierzu verpflichtet". Die Verpflichtung könne sich aus zivilrechtlichen Bestimmungen oder aus der Auftragserteilung in Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht nach dem Bestattungsrecht der Länder ergeben. Nicht ausreichend sei eine vertragliche Verpflichtung gegenüber dem Bestattungsunternehmen durch Auftragserteilung. Eine zivilrechtliche Verpflichtung erbrechtlicher, familienrechtlicher oder unterhaltsrechtlicher Art bestehe nach der Ausschlagung der Erbschaft durch die Klägerin nicht. Auch eine öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht habe die Klägerin nicht getroffen. Maßgeblich sei insoweit die Regelung des § 10 des Sächsischen Bestattungsgesetzes, da der Verstorbene in dessen Geltungsbereich zuletzt gelebt habe und auch dort verstorben sei. Zwar gehöre die Klägerin als Kind des Verstorbenen zu de...

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