Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Gewährung von Einstiegsgeld bei Antragstellung nach Arbeitsaufnahme

 

Orientierungssatz

Eine Gewährung von Einstiegsgeld zur Förderung der Aufnahme einer Beschäftigung durch einen Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende kommt nicht in Betracht, wenn der Antrag auf Einstiegsgeld erst nach Abschluss eines Arbeitsvertrages und Arbeitsaufnahme gestellt wurde.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 26. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (SG), das die Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines sozialgerichtlichen Verfahrens abgelehnt hat. Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin einen Anspruch gegen den Beklagten hat, dass dieser über ihren Antrag auf die Gewährung von Einstiegsgeld gemäß § 16b Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) neu entscheidet.

Die Klägerin schloss am 23. Dezember 2009 einen Arbeitsvertrag für überbetriebliche Mitarbeiter mit der R. D. GmbH & Co. KG. Gemäß § 2 des Vertrages begann das Arbeitsverhältnis am 25. Dezember 2009 und war bis zum 31. März 2010 befristet. Es endete durch Arbeitgeberkündigung zum 10. Februar 2010.

Sie beantragte am 7. Januar 2010 die Gewährung von Einstiegsgeld ab dem 25. Dezember 2009. In ihrer "Anlage zum Antrag auf Einstiegsgeld vom 07.01.2010" führte sie aus, sie habe am 23. Dezember 2009 einen Anruf der I. -B. GmbH erhalten, wonach sie dort zum 25. Dezember 2009 als Leiharbeiterin über die Fa. R. eingestellt werden könne. Dies müsse noch mit R. abgesprochen werden. Deshalb habe sie den Arbeitsvertrag erst gegen Mittag unterschreiben können. Das "Arbeitsamt" sei an diesem Tag schon gegen 12.30 Uhr geschlossen und am 24. Dezember 2009 nicht geöffnet gewesen. Sie habe daher erst am 28. Dezember 2009, früh um 07.30 Uhr nach ihrer Nachtschicht, persönlich bei dem Beklagten vorsprechen können. Dort sei ihr gesagt worden, dass sie keinen Anspruch auf Einstiegsgeld habe. Nach diesbezüglichen Gesprächen in ihrer Arbeitsstelle habe sie aber am 7. Januar 2010 telefonisch eine Auskunft vom Beklagten erbeten, der ihr dann die Unterlagen zugesandt habe. Mit Bescheid vom 22. Januar 2010 lehnte der Beklagte den Antrag auf Gewährung von Einstiegsgeld ab. Das Arbeitsentgelt betrage 6,42 EUR pro Stunde brutto. Bei Gewährung von Einstiegsgeld würde die Klägerin gegenüber einem nicht hilfebedürftigen Erwerbstätigen aus vergleichbarer Beschäftigung und persönlicher Situation besser gestellt werden.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2010 zurück. Beim Einstiegsgeld gemäß § 16 SGB II handele es sich um eine im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu bewilligende Leistung. Es seien unter anderem die Eignung sowie die individuelle Lebenssituation des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zu berücksichtigen. Das Einstiegsgeld diene nicht primär dazu, den Lebensunterhalt des Hilfebedürftigen zu sichern, sondern stelle einen Anreiz zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit dar. Es müsse darauf geachtet werden, dass die Summe aus dem zu berücksichtigenden Einkommen aus Beschäftigung, dem Arbeitslosengeld II und dem Einstiegsgeld nicht wesentlich höher liege als das Einkommen, das ein nicht hilfebedürftiger Erwerbstätiger aus einer vergleichbaren Beschäftigung erziele. Der Stundenlohn von 6,42 EUR sei branchenüblich und falle nicht in den Niedriglohnsektor im Land Sachsen-Anhalt. Unter Beachtung des allgemeinen Lohnniveaus ergäbe sich durch die Gewährung von Einstiegsgeld eine wirtschaftliche Besserstellung gegenüber den nicht hilfebedürftigen Erwerbstätigen.

Hiergegen hat die Klägerin am 30. April 2010 Klage beim SG erhoben, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt und vorgetragen, sie habe am 28. Dezember 2009 die Gewährung eines Einstiegsgelds beantragt. Der Beklagte habe das Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Einstiegsgeld könne auch erbracht werden, wenn die Hilfebedürftigkeit durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit entfiele. Der Vergleich mit einem Einkommensbezieher, der kein Einstiegsgeld erhalte, gehe fehl. Weiterhin seien nicht unerhebliche Fahrtkosten zur Arbeitsstelle zu berücksichtigen. Außerdem habe es sich nicht um eine Vollzeitstelle gehandelt, da sei nur 35 Std./Woche gearbeitet habe. Zudem sei die Überwindung von Hilfebedürftigkeit wahrscheinlich gewesen. Zwar sei das Arbeitsverhältnis ursprünglich befristet gewesen, habe aber unmittelbar in ein Arbeitsverhältnis übergehen sollen. Letztlich habe sich das Unternehmen jedoch gegen eine Weiterbeschäftigung entschieden. Der Beklagte hat ausgeführt, das Einstiegsgeld sei erst am 7. Januar 2010 und damit nach der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages beantragt worden. Fraglich sei daher bereits die Erforderlichke...

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