Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Erstauszug aus Elternwohnung vor Vollendung des 25. Lebensjahres. Zuzug zum Partner. keine Pflicht des Grundsicherungsträgers zur Zusicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Wunsch einer Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, mit ihrem Freund zusammenzuziehen, ist kein ähnlich gewichtiger Grund wie die Unzumutbarkeit der Verweisung auf die elterliche Wohnung aus schwerwiegenden sozialen Gründen iS von § 22 Abs 5 S 2 Nr 1 SGB 2.

 

Tenor

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Beschwerdeverfahren werden abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin wendet sich mit zwei Beschwerden gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der vorläufigen Bewilligung von weiteren Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sowie gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren.

Die am ... 1994 geborene Antragstellerin wohnte bis zum 13. Mai 2012 mit ihrer Mutter in einer Wohnung in M. und bezog mit dieser als Bedarfsgemeinschaft laufende Leistungen nach dem SGB II vom Antrags- und Beschwerdegegner. Am 14. Mai 2012 zog sie in die ebenfalls in M. gelegene Wohnung ihres Partners. Am 16. Mai 2012 schloss sie mit diesem einen Untermietvertrag mit einer vereinbarten monatlichen Gesamtuntermiete von 192,50 EUR.

Die Antragstellerin besucht eine staatlich anerkannte Fachoberschule in M ... Ihr nach dem Umzug gestellter Antrag auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) wurde mit bestandskräftigem Bescheid der Landeshauptstadt Magdeburg vom 5. Juni 2012 mit der Begründung abgelehnt, die Voraussetzungen für eine notwendige auswärtige Unterbringung nach § 2 Abs. 1a BAföG lägen nicht vor. Die Ausbildungsstätte wäre von der Wohnung der Mutter aus zumutbar erreichbar. Rechtliche Hinderungsgründe, in deren Wohnung zu wohnen, seien nicht erkennbar.

Seit Juni 2012 wird das Kindergeld in Höhe von 184 EUR/Monat auf das Konto der Antragstellerin überwiesen.

Am 12. Juni 2012 teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner ihren Umzug mit und beantragte mündlich Leistungen nach dem SGB II. In der am 14. Juni 2012 vorgelegten Anlage VE gab sie an: Sie lebe nicht in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft, sondern als "Wohngemeinschaft mit meinem Lebenspartner ". Angaben zur Einkommens- und Vermögenssituation des Partners machte sie nicht. Am 14. Juni 2012 beantragte sie auch die Zustimmung zum Umzug und schilderte Schwierigkeiten und Probleme im Zusammenleben mit ihrer Mutter. Darüber hinaus sei ihr Ziehvater unauffindbar verschwunden. Sie habe einmal telefonisch Kontakt mit dem Jugendamt gehabt.

Der Antragsgegner bewilligte mit Bescheid vom 18. Juni 2012 Leistungen für die Zeit vom 14. bis 31. Mai 2012 in Höhe von 87,00 EUR und vom 1. Juni bis 31. Oktober 2012 in Höhe von 145,00 EUR/Monat. Er legte eine Regelleistung in Höhe von 299,00 EUR zugrunde. Als Einkommen berücksichtigte er das um 30,00 EUR bereinigte Kindergeld.

In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch machte die Antragstellerin die Bewilligung auch ihrer Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) geltend. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2012 zurückgewiesen. Der Antragsgegner habe vor Abschluss des Untermietvertrags keine Zustimmung zum Umzug erteilt. Im Übrigen lägen auch keine schwerwiegenden Gründe vor, die eine Zusicherung notwendig gemacht hätten.

Dagegen hat die Antragstellerin am 9. Juli 2012 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg erhoben. Gleichzeitig hat sie einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel der vorläufigen Bewilligung von KdU in Höhe von 192,50 EUR/Monat sowie einer höheren Regelleistung nach § 20 Abs. 4 SGB II unter Anrechnung des Kindergelds für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Oktober 2012 beantragt. Ferner hat sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Zunächst hat sie geltend gemacht, schon bei der Antragstellung am 24. Mai 2012 wichtige Gründe für den Umzug vorgetragen zu haben. Außerdem liege kein Erstauszug gemäß § 22 Abs. 5 SGB II vor. Wenn ein junger Volljähriger mit Partner aus der Familien-Bedarfsgemeinschaft ausziehe, bilde er mit diesem eine eigene Bedarfsgemeinschaft. Er dürfe sich dann ohne Leistungseinschränkungen durch Anmietung einer Wohnung verselbstständigen. Eine vorherige Zusicherung des Antragsgegners wäre auch deshalb nicht erforderlich gewesen, da der Umzug von dem plausiblen, nachvollziehbaren und verständlichen Grund getragen worden sei, mit ihrem Partner zusammenzuziehen.

Der Antragsgegner hat eingewendet, falls ein weiteres Zusammenleben mit der Mutter unzumutbar gewesen wäre, bestünde ein Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG und hätte die Antragstellerin gegen diesen ablehnenden Bescheid vorgehen müssen. Dann greife aber der Leistungsausschluss gemäß §...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge