Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer führt zum Leistungsausschluss

 

Orientierungssatz

Bereits die generelle Eignung eines Fehlverhaltens zur Beeinflussung der Aufenthaltsdauer, wie falsche Angaben hinsichtlich Namen, Geburtsdatum und Nationalität, genügt, um den Leistungsausschluss herbeizuführen, es sei denn, dass unabhängig von seinem Verhalten ohnehin im gesamten Zeitraum des Rechtsmissbrauchs eine Ausreisepflicht nicht hätte vollzogen werden können (Anschluss: BSG, 2008-06-17, B 8/9b AY 1/07 R (44), BSGE 101, 49).

 

Tenor

Die Beschwerden werden zurückgewiesen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren L 8 AY 2/09 B ER wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau. Dieses hat seinen Antrag auf vorläufige Bewilligung von Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.

Der Beschwerdeführer ist am ... 1983 geboren und nigerianischer Staatsangehöriger. Er ist Vater zweier am ... 2006 und ... 2008 geborener Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit. Er übt gemeinsam mit der deutschen Mutter das Sorgerecht aus und lebt seit dem 16. Oktober 2008 mit der Familie in einer gemeinsamen Wohnung.

In seinem Asylantrag vom 17. Dezember 2001 hatte der Beschwerdeführer angegeben, N. M. zu heißen, am ... 1984 geboren und sudanischer Staatsbürger zu sein. Der Asylantrag war am 28. Dezember 2002 rechtskräftig abgelehnt worden. Seitdem ist er ausreisepflichtig, jedoch im Besitz von Duldungen i.S.v. § 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG). In seinem Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG vom 28. Februar 2002 hatte der Beschwerdeführer ebenfalls die falschen Personalien angegeben. Der Beschwerdegegner bewilligte erstmals mit Bescheid vom 1. März 2002 ab dem 28. Februar 2002 Leistungen nach § 3 AsylbLG.

Der Beschwerdegegner hatte im August 2007 Kenntnis von der nach der Geburt des ersten Kindes erfolgten Richtigstellung des Namens und des Geburtsdatums erlangt. Er bewilligte nach erfolgtem Umzug mit Bescheid vom 7. November 2008 "laufende Leistungen nach § 3 AsylbLG ab dem 16. 10. 2008 bis auf weiteres ab dem Monat 11/2008: 194,20 EUR". Weiter ist ausgeführt: " Die Beträge für die Folgemonate werde ich jeweils monatlich im Voraus an die in der Anlage aufgeführten Zahlungsempfänger überweisen, so lange sich Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geändert haben". Der Bescheid war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen.

Mit Schreiben vom 25. Januar 2009, eingegangen am 27. Januar 2009, legte der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers Widerspruch gegen den "letzten Bescheid über Leistungen nach dem AsylbLG" ein. Es handele sich nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung; der Widerspruch sei daher nicht verfristet. Hilfsweise werde die Neufestsetzung der Leistungen beantragt. Die Wartezeit für den Leistungsbezug gemäß § 2 AsylbLG sei erfüllt. Die derzeit gewährten Leistungen gemäß § 3 AsylbLG deckten nicht das menschenwürdige Existenzminimum ab und seien verfassungswidrig. Die Leistungen seien seit 1993 nicht mehr an die Teuerungsrate angepasst worden. Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen habe die Revision u.a. wegen der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Leistungssätze zum Bundessozialgericht (BSG) zugelassen.

Mit Änderungsbescheid vom 27. Januar 2009 nahm der Beschwerdegegner eine Neuberechnung ab November 2008 vor und stellte einen Zahlungsanspruch i.H.v. 295,71 EUR fest. Zur Begründung gab er eine Nachzahlung der Miete ab dem 16. Oktober 2008 in Höhe von 93,75 EUR monatlich an. Dagegen legten der Beschwerdeführer am 3. Februar 2009 und sein Bevollmächtigter am 5. Februar 2009 Widerspruch ein. Der Widerspruch ist nach telefonischer Mitteilung des Beschwerdegegners mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 zurückgewiesen worden; dagegen habe der Beschwerdeführer mittlerweile Klage vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben.

Bereits am 27. Januar 2009 hat der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Dessau-Roßlau mit dem Ziel der Bewilligung von Leistungen nach § 2 AsylbLG gestellt. Gleichzeitig hat er beantragt, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen hat er ausgeführt, bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen sei die familiäre Bindung an die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhaltenden Personen zu berücksichtigen. Er habe einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis; eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung des Aufenthalts liege daher nicht vor.

Der Beschwerdegegner hat sich auf den Standpunkt gestellt, ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht worden. Der Beschwerdeführer habe seine Aufenthaltsdauer rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst, indem er seine wahre Identität verschwiegen habe. Abschiebehindernisse seien nicht ...

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