Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. beigeordneter Rechtsanwalt. Bemessung der Verfahrensgebühr. Berücksichtigung von Synergieeffekten. parallele Bearbeitung eines den vorherigen Bewilligungsabschnitt betreffenden Klageverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

Schwierigkeit und Umfang der anwaltlichen Tätigkeit liegen im unterdurchschnittlichen Bereich, wenn aus der parallelen Bearbeitung eines den vorherigen Bewilligungsabschnitt betreffenden Klageverfahrens Synergieeffekte resultieren.

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 11. März 2020 und die Prozesskostenhilfefestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 6. März 2017 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 5. Juni 2018 werden geändert: Die aus der Prozesskostenhilfe an den Beschwerdeführer zu zahlende Vergütung wird auf insgesamt 471,00 € festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitgegenständlich ist das Rechtsanwaltshonorar nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer für ein Klageverfahren nach Beiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Landeskasse als Beschwerdegegner zusteht.

In dem seit dem 7. April 2015 anhängigen und mittlerweile erledigten Klageverfahren S 8 AS 853/15 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) vertrat der Beschwerdeführer vier Kläger im Streit um Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Die Kläger begehrten mit ihrer Klage höhere Leistungen von September 2014 bis Februar 2015 für die Unterkunftskosten nach § 22 SGB II in Höhe von zuletzt insgesamt 56,40 € (monatlich 9,40 €), denn das beklagte Jobcenter hatte diese nicht in tatsächlicher Höhe erbracht.

Bereits in dem vorangegangenen Bewilligungsabschnitt von März bis August 2014 (S 8 AS 2264/14) vertrat der Beschwerdeführer die Kläger bezüglich der Geltendmachung der Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe im Klageverfahren.

Der Beschwerdeführer begründete die Klage S 8 AS 853/15 mit Schriftsatz vom 7. April 2015 auf fünf Seiten (ohne Rubrum), mit Schriftsatz vom 8. Mai 2015 auf weiteren zwei Seiten und erwiderte unter dem 21. Dezember 2015 auf eine Stellungnahme des beklagten Jobcenters kurz (6 Zeilen).

Mit Beschluss vom 21. Oktober 2015 bewilligte das SG PKH und ordnete den Beschwerdeführer bei. Unter dem 19. November 2015 wurde antragsgemäß ein PKH-Vorschuss in Höhe von 476,00 € an den Beschwerdeführer angewiesen.

Im Erörterungstermin vom 16. Februar 2017 gab das beklagte Jobcenter in den beiden Klageverfahren Anerkenntnisse ab und gewährte den Klägern jeweils weitere Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 9,40 € (im Verfahren S 8 AS 859/15 in Höhe von insgesamt 56,40 € für 6 Monate). Zugleich gab das beklagte Jobcenter im Verfahren S 8 AS 859/15 ein Kostengrundanerkenntnis ab. Daraufhin nahm der Beschwerdeführer das Anerkenntnis und das Kostengrundanerkenntnis im Verfahren S 8 AS 859/15 an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.

Unter dem 21. Februar 2017 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung seiner Vergütung aus der PKH und versicherte, keine Vorschüsse oder sonstige Zahlungen und keine Zahlungen für die außergerichtliche Vertretung erhalten zu haben - für das hier streitige Verfahren - wie folgt:

Verfahrensgebühr

Nr. 3102, 1008 VV RVG

 570,00 €

Terminsgebühr

Nr. 3106 VV RVG

 270,00 €

Geschäftsreise, Benutzung eines eigenen Kfz - anteilig zu 1/2

Nr. 7003 VV RVG

 18,30 €

Tage- und Abwesenheitsgeld bis 4 h - anteilig zu ½

Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG

 12,50 €

Post- und Telekom.Pauschale

Nr. 7002 VV RVG

 20,00 €

Zwischensumme

890,80 €

Mehrwertsteuer

Nr. 7008 VV RVG

169,25 €

Kostenforderung

1.060,05 €

Abzüglich Vorschuss

- 476,00 €

Erstattungsbetrag Landeskasse

 584,05 €

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des SG (UdG) setzte die PKH-Vergütung am 6. März 2017 formlos antragsgemäß auf insgesamt 1.060,05 € fest und wies 584,05 € an den Beschwerdeführer an.

Zugleich machte der UdG einen Forderungsübergang nach § 59 RVG geltend und forderte das beklagte Jobcenter zur Erstattung von 1.060,05 € auf. Hiergegen hat das beklagte Jobcenter unter dem 27. Juni 2017 Erinnerung (S 34 SF 122/17 E) eingelegt. Die angesetzte Verfahrens- und Terminsgebühr seien unbillig. Es errechneten sich lediglich Gebühren in Höhe von insgesamt 604,28 €.

Zudem hat der Beschwerdegegner für die Landeskasse unter dem 1. August 2017 Erinnerung (S 34 SF 123/18 E) gegen die PKH-Festsetzung eingelegt und ausgeführt, die Verfahrens- und Terminsgebühr seien jeweils lediglich in Höhe der Hälfte der Mittelgebühr angemessen. Es ergebe sich folgende Berechnung:

Verfahrensgebühr

Nr. 3102, 1008 VV RVG

 285,00 €

abzgl.

Vorbem. 3 Abs. 4 RVG

-175,00 €

Terminsgebühr

Nr. 3106 VV RVG

 140,00 €

Geschäftsreise, Benutzung eines eigenen Kfz - anteilig zu 1/2

Nr. 7003 VV RVG

 18,30 €

Tage- und Abwesenheitsgeld bis 4 h - anteilig zu ½

Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG

 12,50 €

Post- und Telekom.Pausc...

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