Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachschieben von Gründen bei unvollständigem Feststellungsbescheid nach § 7a SGB IV. zur Versicherungspflicht eines Fremdgeschäftsführers einer GmbH ohne Alleinvertretungsbefugnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein im anhängigen erst- oder zweitinstanzlichen Gerichtsverfahren ergangener Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund, mit welchem die angefochtenen Bescheide, mit denen im Antragsverfahren nach § 7a SGB IV entgegen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 04.06.2009 - B 12 R 6/08 R -) lediglich Elemente der Versicherungspflicht festgestellt worden waren, um die noch fehlenden konkreten Feststellungen ergänzt worden sind, ist konkludent als Änderungsbescheid im Sinn der §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG anzusehen, der Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits ist (Anlehnung an das Urteil des LSG NEW vom 10.06.2008 - L 16 R 53/08).

2. Ein nicht am Gesellschaftskapital beteiligter Fremdgeschäftsführer einer GmbH, der nach dem Gesellschaftsvertrag und dem Geschäftsführerdienstvertrag keine Alleinvertretungsbefugnis hat, sondern nur Vertretungsbefugnis zusammen mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Prokuristen, übt eine abhängige Beschäftigung im Sinn des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV aus.

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 30.10.2008 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 13.10.2009 wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Tätigkeit des 1957 geborenen Klägers als so genannter Fremdgeschäftsführer ab dem 22.1.2005 der Sozialversicherungspflicht unterliegt.

Der Kläger war seit 21.12.2000 Gesellschafter und zugleich Geschäftsführer der E GmbH (jetzt laut Mitteilung vom 11.3.2008 firmierend als P GmbH), deren Unternehmensgegenstand die Entwicklung, Vertrieb und Betrieb von Informations- und Telekommunikationslösungen ist.

Laut Gesellschaftsvertrag betrug die Stammeinlage 500.000 Euro. Der Kläger hatte zunächst nach seinen Angaben einen Geschäftsanteil von 25,1 % und war auch Geschäftsführer.

Nach Veräußerung seiner Beteiligung im Dezember 2004 wurde ein Geschäftsführerdienstvertrag mit Wirkung ab 1.2.2005 und Festlaufzeit bis 31.12.2007 geschlossen, wonach der Kläger von der Beschränkung des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer wurde. Nach Ablauf der Festlaufzeit “wird der Vertrag auf unbestimmte Laufzeit fortgesetzt und kann von jeder Partei mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden„ (§ 3 Abs. 1 S. 2 des Geschäftsführerdienstvertrags).

Ausweislich des Handelsregisters des Amtsgerichtes Wittlich bestand weiterhin - wie auch schon vor Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrags - keine Alleinvertretungsbefugnis des Klägers, sondern die Beigeladene zu 1. wurde vertreten entweder durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen.

In einem Nachtrag vom 26.9.2005 zum Geschäftsführerdienstvertrag wurde in § 1 vereinbart, dass künftig der Kläger nicht mehr für das Finanzressort der Gesellschaft zuständig sei, sondern die weiteren Geschäftsführer J W und J N . Aufgrund deren Ausscheidens als Geschäftsführer wurden am 2.10.2008 nunmehr als weitere Geschäftsführer M J M und N S B ins Handelsregister eingetragen.

Nach § 4 Abs. 2 des mit dem Kläger geschlossenen Geschäftsführerdienstvertrages blieb das Recht der Gesellschaft zur jederzeitigen Kündigung aus wichtigem Grund unberührt.

Laut § 4 Abs. 1 des Vertrages war ein Jahresgehalt von 176.000 Euro brutto vereinbart, zahlbar in 12 gleichen Monatsraten nach Abzug aller gesetzlichen, steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Beiträge. § 5 Abs. 1 regelt die Erstattung aller angemessenen Reise-, Hotel- und andere Kosten (z.B. Repräsentationskosten), die in Ausübung der Geschäftsführertätigkeit anfallen. § 5 Abs. 3 beinhaltet die Übernahme sämtlicher Betriebs- und Reparaturkosten des für Dienstfahrten genutzten PKW sowie die Erstattung der Finanzierungskosten des vom Geschäftsführer genutzten PKW in voller Höhe.

§ 6 Abs. 1 regelt eine bis zu drei Monaten reichende Lohnfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit im Krankheitsfall oder aus anderem vom Geschäftsführer nicht zu vertretendem Grund. § 6 Abs. 2 bestimmt, dass die Gesellschaft die Kosten des Arbeitgeberanteils zu den vom Geschäftsführer zu zahlenden Sozialversicherungsabgaben trägt. § 7 Abs. 1 beinhaltet einen Anspruch auf einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. § 9 überträgt die Rechte des Geschäftsführers aus Erfindungen ohne Vergütung an die Gesellschaft und räumt ihr das ausschließliche Nutzungsrecht an vom Geschäftsführer im Rahmen seines Dienstverhältnisses entwickelten Programmen ein.

Laut Erklärung des Klägers vom 30.10.2008 und im Termin am 31.3.2010 wurde der Geschäftsführervertrag im Februar 2007 beendet und mit Datum vom 1.3.2007 in einen Beratervertrag umgewandelt, was bis auf den Entzug seiner bisherigen Zuständigkeit für das Finanzressort - d...

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