Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss der Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzliche Rentenversicherung. Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung. Versorgungswerk der Landesapothekerkammer. gleichwertige Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Der Ausschluss der Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung ist bei Personen, die wegen entgeltlicher Beschäftigung versicherungspflichtig, hiervon aber wegen der gleichzeitigen Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung befreit worden sind, verfassungsrechtlich nur dann gerechtfertigt, wenn die Kindererziehungszeiten systembezogen annähernd gleichwertig in der berufsständischen Versorgungseinrichtung berücksichtigt werden. Anderenfalls ist die Vorschrift über den Ausschluss solcher Befreiten nicht anwendbar (vgl BSG vom 18.10.2005 - B 4 RA 6/05 R = SozR 4-2600 § 56 Nr 3).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 31.01.2008; Aktenzeichen B 13 R 64/06 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob im Versicherungsverlauf der Klägerin Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten anzuerkennen sind.

Die im Jahre 1966 geborene Klägerin ist Mutter dreier Kinder: C und J, beide geboren ...2000, sowie F geboren ...2002. Der Vater der Kinder ist Beamter des Landes Rheinland-Pfalz.

Die Klägerin ist Apothekerin und leistete in der Zeit von September 1985 bis Oktober 1991 Pflichtbeiträge zur Beklagten. Im November 1991 beantragte sie ihre Befreiung von der Versicherungspflicht, weil sie nunmehr Pflichtmitglied des Versorgungswerkes der Landesapothekerkammer Hessen sei. Mit Bescheid vom 12.02.1992 wurde sie antragsgemäß ab 01.11.1991 von der Versicherungspflicht befreit.

Mit weiterem Bescheid vom 28.09.1992 wurden ihr antragsgemäß die bis dahin zur Beklagten geleisteten Arbeitnehmeranteile der Pflichtbeiträge erstattet.

Seit August 1991 war die Klägerin Pflichtmitglied des Versorgungswerkes der Landesapothekerkammer in Hessen. Mittlerweile ist sie dort freiwilliges Mitglied. Sie übt eine Teilzeitbeschäftigung als Apothekerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 2,5 Stunden aus.

Am 10.04.2003 beantragte sie die Anerkennung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten für ihre drei Kinder und erklärte zugleich, dass sie die Kinder überwiegend erzogen habe. Mit Bescheid vom 07.05.2003 lehnte die Beklagte dies zunächst für das Kind C ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei während der in Betracht kommenden Kindererziehungszeit und Berücksichtigungszeit von der Versicherungspflicht befreit gewesen. Einen gleich lautenden Bescheid erteilte sie am 24.06.2003 für die Kinder J und F.

Die Klägerin legte gegen diese Bescheide Widerspruch ein und berief sich darauf, sie werde im Vergleich zu einer Mutter, die niemals versicherungspflichtig gearbeitet habe, ungleich behandelt. Der Grund für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten liege in dem Wert der Kindererziehung für die Allgemeinheit und für die Rentenversicherung. Sie könne hiervon nicht ausgeschlossen werden.

Mit Bescheid vom 27.08.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei Personen, die während der maßgeblichen Erziehungszeit von der Versicherungspflicht befreit seien, trete Versicherungspflicht wegen Kindererziehung nicht grundsätzlich ein. Nichts anderes ergebe sich aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 22.10.1998. Danach seien zwar Kindererziehungszeiten unter bestimmten Voraussetzungen auch für von der Versicherungspflicht nach § 6 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI Befreite anzuerkennen. Dies gelte jedoch nur für Personen, die außerhalb des zur Befreiung führenden Berufes unbefristet rentenversicherungspflichtig tätig seien oder im Anschluss hieran keine Beschäftigung mehr ausübten. Der Tätigkeitsbezug der Befreiung habe zur Folge, dass die Befreiung auch nur für die Beschäftigung bzw. Tätigkeit gelte, wegen der auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung die Mitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung der Berufsgruppe und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung die Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestehe. Diese Voraussetzungen seien bei der Klägerin nicht erfüllt. Sie habe nicht auf ihre Rentenversicherungsfreiheit verzichtet, da sie keine Aufstockungsbeiträge geleistet habe. Die Anerkennung von Zeiten der Kindererziehung komme folglich nicht in Betracht.

Im Klageverfahren hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, die Versorgungseinrichtung der Landesapothekerkammer Hessen biete keinen gleichwertigen Schutz wie die gesetzliche Rentenversicherung. Satzungsgemäß würden Kindererziehungszeiten nicht anerkannt.

Mit Urteil vom 05.10.2005 hat das Sozialgericht Mainz die Klage abgewiesen.

Für die Klägerin komme die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten nach § 56 SGB VI nicht in Betracht, da sie während der geltend gemachten Erziehungszeit von der Versicherungspflic...

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